Zell – Viel mehr Menschen als üblich kamen am Sonntag in die evangelische Kirche Zell, um Martin Rathgeber als neuen Pfarrer zu begrüßen. Sichtlich erfreut zeigte sich eine Gottesdienstbesucherin: „Ich bin froh, dass die vakante Stelle wieder besetzt worden ist“, sagte sie. Auch Pfarrer Rathgeber freute sich offensichtlich, wieder in seiner vertrauten Heimat arbeiten und leben zu können. 15 Jahre lang hatte er schon einmal die Gemeinde Kleines Wiesental geleitet. „Meine Heimat ist das Kleine Wiesental, ich liebe den Schwarzwald, und die Menschen hier liegen mir am Herzen“, sagt Rathgeber. Er habe sich sehr gefreut, dass so viele seiner „alten“ Gemeindemitglieder zu seinem ersten Gottesdienst gekommen seien. Ursprünglich stammt der 63-Jährige aus Weinheim an der Bergstraße in der Nähe von Heidelberg.

Rathgeber studierte zunächst in Heidelberg, wechselte zwischenzeitlich nach München und legte dann sein Examen in der Kurpfalz ab. Sein Lehrvikariat absolvierte Rathgeber bereits in Südbaden, in Brombach. Anschließend musste er sich allerdings nach einer Stelle umsehen. Die sind damals rar. „Ich wäre auch nach Thüringen gegangen, aber die Kirchenleitung schickte mich in die Steiermark“, erzählt Rathgeber. Zwei Jahre blieb der junge Pfarrer mit Frau und zwei Kindern in Österreich. „Es hat uns allen hier sehr gut gefallen“, aber seine Frau und er wollten dann doch nicht so weit von den Eltern entfernt leben. Das dritte Kind ist beim erneuten Umzug unterwegs. Endgültig zieht es die junge Familie nach Südbaden: 1995 wird Martin Rathgeber Pfarrer in Tegernau, später übernimmt er zusätzlich die Pfarreien in Wies und Neuenweg. 2009 wechselte er nach Wehr. 2021 übernimmt er die Gemeinden Murg, Rickenbach und Herrischried auf dem Hotzenwald, für die er bereits 2018 zusätzlich eine Vakanz innehat. „Wir sind insgesamt acht oder neun Mal umgezogen“, resümiert der Pfarrer. Seine Frau, die zum Teil als selbständige Grafik-Designerin, zum Teil angestellt arbeitet, und ihn habe das aber nicht gestört, und auch seine Kinder hätten immer schnell wieder neue Kontakte geknüpft.

Mit 63 Jahren macht er nun nochmal einen Schnitt. Er hat sich um die Pfarrstelle in Zell beworben und kann jetzt wieder in seinem Haus in Neuenweg leben, das er schon vor 20 Jahren gekauft hat. Zwischenzeitlich lebte sein erwachsener Sohn dort. In dreieinhalb Jahren wird er pensioniert und wird dann nur noch Vertretungen übernehmen, keinesfalls jedoch eine Vakanz. Mit seiner Pfarrstelle in Zell gehört Rathgebers Gemeinde dem neu geschaffenen Kooperationsraum an. Die Kirchengemeinden Zell, Schönau, Todtnau und die Gemeinden an der Kleinen Wiese sind darin verbunden. Mit diesem Konstrukt will die evangelische Kirche dem Mangel an Pfarrerinnen und Pfarrern begegnen.