Schopfheim – Im Mai war das Traditionsgasthaus „Alte Stadtmühle“ in Schopfheims Altstadt erst neu eröffnet worden – nun steht der Betrieb schon wieder vor dem Ende. In dem Lokal, das sich in den 1990er Jahren als einziges Spitzenrestaurant für Vegetarier in Deutschland einen Namen machte, wechselten in den vergangenen Jahren häufig die Pächter. Als im Frühjahr Melanie Suleiman mit ihrem Team die Gaststätte mit 60 Sitzplätzen übernahm, bestand die Hoffnung, dass das Restaurant wieder zu altem Glanz zurückfindet. Nur sechs Monate später gehen in dem malerischen Gastraum jedoch wieder die Lichter aus.
Sie habe rund 60.000 Euro investiert, berichtet Melanie Suleiman, dabei aber zu Beginn übersehen, dass in dem Lokal „gravierende Mängel“ vorlägen. Sie beklagt die angeblich mangelnde Unterstützung durch die Eigentümerin bei den aus ihrer Sicht notwendigen Reparaturen und sieht einen Grund für den Rückgang der Gästezahlen unter anderem darin, dass die Gaststätte aufgrund einer schadhaften Heizung nicht mehr richtig beheizt werden könne. Sie habe aufgrund der Mängel die Pacht gekürzt und daraufhin die Kündigung erhalten.
Die Eigentümerin auf der anderen Seite meint, sie habe der Pächterin jede Unterstützung zugesagt. Sie sehe die Probleme vor allem darin, dass die Wirtin immer wieder Probleme mit dem Küchenpersonal gehabt habe. Seit sechs Monaten habe sie keine Miete mehr erhalten, beklagt die Eigentümerin, notwendige Reparaturen müsse sie aufgrund der ausbleibenden Einnahmen von ihrem Sparkonto bestreiten. Aussage steht in der Stadtmühle gegen Aussage. Inzwischen beschäftigen sich die Anwälte mit dem Streit zwischen Wirtin und Eigentümerin. Die „Alte Stadtmühle“ in der Entegaststraße 9, gelegen am munter vorbeirauschenden Gewerbekanal, ist zusammen mit dem von Bäumen, Blumen und Büschen umsäumten Innenhof ein geschichtsträchtiges wie idyllisches Örtchen in der Altstadt.
Auch das Innere hat spezielles Flair – gerade wegen der historischen Bausubstanz, die bewahrt wurde. Doch nicht nur Lage, Geschichte und Architektur sind besonders. Einst – zwischen den 1980er bis Anfang der 2000er Jahre – genoss die „Alte Stadtmühle“ den Ruf eines Spitzenrestaurants. Zuletzt jedoch war der Gastrobetrieb sogar komplett in den Dornröschenschlaf versunken.
Die „Alte Stadtmühle“ schien für Schopfheims Gastro-Szene bereits verloren zu sein, bevor im vergangenen Mai der Neustart angekündigt wurde. Mit dem nun bevorstehenden Aus für das Traditionshaus verliert die in der Region hochgelobte Schopfheimer Gastronomieszene ein weiteres ihrer früheren Aushängeschilder. In relativer Nähe schloss vor nicht einmal einem Jahr das nicht minder traditionsreiche Restaurant Glöggler am Viehmarkt.
Ein Lokal mit wechselhafter Geschichte
- Die Anfänge: Bereits für 1316 ist die Existenz eines Mühlenwuhrs an dieser Stelle belegt, „gelegen zwischen dem muliwuere und dem Entegoste“ – und damit folgerichtig auch einer Mühle. Laut der 1975 erschienenen Stadtchronik von Karl Seith war das Gebäude nicht in die um 1250 entstandene erste Stadtmauer einbezogen. Als nach einem Brand 1330 zusätzlich eine zweite Befestigung, der äußere Graben angelegt wurde, lag die Mühle zwischen den beiden Stadtgräben. Daher kommt auch der Name, unter dem sie lange in Archiven auftaucht: „Die Mühle zwischen den Gräben.“
- Vernichtendes Ereignis: Beim Stadtbrand im Jahr 1412, der ein Großteil Schopfheims in Schutt und Asche legte, verbrannte auch die Mühle. Wann sie wieder errichtet wurde, ist allerdings unbekannt. Der nächste Nachweis findet sich laut Seith 140 Jahre später im Kirchenbuch. Da stirbt am 30. November 1618 Hans Heuberger, „der Müller zwischen den Gräben“. Zu diesem Zeitpunkt ist diese Mühle allerdings schon länger nicht mehr die einzige in Schopfheim. Mindestens fünf Mühlen existierten bereits. Im Jahr 1644 – mitten im Dreißigjährigen Krieg – kauft ein Hans Müller aus Raitbach die Mühle. Rund 200 Jahre bleibt die Mühle im Besitz dieser Familie Müller, wobei sie 1702 von den Franzosen in Brand gesteckt wird. Im Jahr 1773 wird anlässlich einer Taufe der anwesende Johannes Müller im Kirchenbuch als „Bürger und Stadtmüller“ eingetragen. Ab diesem Zeitpunkt wird die Mühle als „Stadtmühle“ bezeichnet.
- Wechsel der Eigentümer: Auf die Familie Müller folgen in späterer Zeit die Familien Grether und Gräßlin. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg war die Mühle in Betrieb. Einige Jahre dann standen die Räder still – bis Ende der 1970er Jahre das Gebäude mit erheblichem Aufwand zum Restaurant neu- und umgestaltet wurde. Bei der Eröffnung im März 1979 wurden besonders die „großen Eigenleistungen und Opfer“ betont, die Eigentümer Horst Kuhfuss erbracht habe, um wertvolle historische Substanz zu erhalten und zugleich ein Schmuckstück zu schaffen.