Cornelia Liebwein

Das Coronavirus sorgt auch dort für gähnende Leere, wo sonst Handdesinfektionsmittel auf Käufer warten. Eine EU-Verordnung verbietet es Apotheken eigentlich, Desinfektionsmittel herzustellen. Um den Mangel zu verhindern, dürfen sie es derzeit jedoch, sagt Apotheker Alexander Dehm aus St. Blasien.

72 Stunden muss das in der Apotheke hergestellte Desinfektionsmittel ruhen, bis er einsatzbereit ist.
72 Stunden muss das in der Apotheke hergestellte Desinfektionsmittel ruhen, bis er einsatzbereit ist. | Bild: Cornelia Liebwein

Die Nachfrage nach der keimreduzierenden Flüssigkeit sei so groß, dass sie das Angebot, das es aktuell auf dem Markt gibt, ausschöpft und überfordert. Die Bundesstelle für Chemikalien sieht jedoch aktuell eine „Gefahr für die öffentliche Gesundheit“ und hat die Produktion in Apotheken in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit für 180 Tage erlaubt, erläutert der Chef der Apotheke Dr. Kammerer.

Das könnte Sie auch interessieren

Frühzeitig habe er begonnen, die Rohstoffe zu bestellen, obwohl er zunächst noch gar nicht wusste, ob der Bedarf wirklich vorhanden sein würde, sagte Dehm. Als dann die Apotheken eine entsprechende Genehmigung erhielten, bestimmte Desinfektionsmittel vorübergehend herzustellen, habe er sich gleich an die Arbeit gemacht. „Ich kann es relativ zügig herstellen, das ist keine Frage, aber in dem Maßstab, wie wir es brauchen, ist die Herstellung schon ein Aufwand“, sagt Alexander Dehm. Bei diesen Mengen müsse man auch gewisse Dinge beachten. Ein entsprechender Abzug in seinem Labor sauge beispielsweise die Dämpfe ein, das Arbeiten mit 100 Liter reinen Alkohols sei aber nicht ungefährlich. Das hergestellte Desinfektionsmittel müsse 72 Stunden ruhen, bis es einsatzbereit ist.

Das könnte Sie auch interessieren

Für die Produktion benötige er geprüfte Qualität, die ihm die Reinheit des Produkts garantierte. Wasserstoffperoxid, also die Verbindung von Wasserstoff und Sauerstoff, Glycerin und Alkohol gehören dazu. „Dann sind noch Hilfsstoffe drin mit leicht pflegenden Eigenschaften, damit die Haut nicht so austrocknet“, erläutert der Apotheker.

Situation wird schwieriger

„Darüber hinaus habe ich aktuell erneut Ausgangsstoffe für die Herstellung bestellt“, sagt Alexander Dehm. „Das Problem ist nur, dass wir die nicht zu dem ursprünglichen Preis und in der Menge bekommen. Das heißt, von Woche zu Woche bekommt man weniger oder zu einem höheren Preis. Also, es wird von Mal zu Mal schwieriger“. Und auch die Flaschen, die er zum Abfüllen benötigt, werden immer teurer – Lieferanten würden schon drei oder vier Euro pro Flasche verlangen. Es funktionier nicht, „wenn wir sagen müssen, ein Liter Desinfektionsmittel kostet 40 Euro“.

Normales Händewaschen reicht

Aber, gibt er zu bedenken, für den Privatverbrauch sei Handdesinfektionsmittel gar nicht mal so notwendig. „Da reicht auch normales Händewaschen“. Die Anwendung von Desinfektionsmittel sei vor allem für Situationen gedacht, in denen die Hände aus unterschiedlichen Gründen gerade nicht gewaschen werden können.

„Dringend gebraucht wird Desinfektionsmittel aber unter anderem für medizinisches Personal und nicht erst seit dem Coronavirus, sondern auch zum Kampf anderer Erreger“, erläutert der Apotheker Alexander Dehm. Zudem gebe es zu schützende Privatpersonen, die Desinfektionsmittel zu Hause einsetzen müssen – nach einer Chemotherapie zum Beispiel. Da wäre „es wirklich fatal, wenn es kein Desinfektionsmittel mehr gäbe.“ Um das zu verhindern, wolle er einen Beitrag leisten. Viren mit einer Kapsidhülle, wie es bei Covid-19 der Fall ist, werden ab 70 Prozent Alkoholgehalt vernichtet, erläutert er. Wer also Vorlauf von Schnaps zum Einreiben (altes Hausmittel) zu Hause habe, könne das nutzen.