Es muss ein erhabener und mystischer Zug gewesen sein, der sich am 14. November 1771 auf den alten Klosterwegen von Waldshut zur Fürstabtei St. Blasien bewegte. Fürstabt Martin Gerbert ließ in einem nahezu beispiellosen Akt mit ausgeklügeltem Kalkül die sterblichen Überreste von Habsburgern aus der Schweiz entführen.

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Das verheerende, Kloster und Vorgängerkirche des Doms vernichtende Großfeuer des Sommers 1768 war noch gegenwärtig, die Aufbauarbeiten für das Kloster und die Neubaupläne der Kuppelkirche nahmen gerade volle Fahrt auf – da war es eine psychologische Stärkung der sich wieder sammelnden Klostergemeinschaft, mit kaiserlich-königlichen und herzoglich österreichischen Leichen dem Kloster neue herrschaftliche „Weihe“, erhabenen Ansporn und symbolischen Schutz des Herrscherhauses zu verleihen.

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Dem Fürstabt war der Verbleib der katholischen Toten in protestantischen Gefilden schon lange ein Dorn im Auge. Im Herbst 1769 hatte er die in Königsfelden (Kanton Aargau) und Basel ruhenden Habsburger des 13. und 14. Jahrhunderts in die St. Blasier Propstei Klingnau bringen lassen. Bei den Verhandlungspartnern war keine Gegenliebe auszumachen. Martin II. dachte und plante langfristig. Mit der Auferstehung des Klosters und dem Bau des Doms sollte eine würdige Bleibe für die Habsburger Gebeine entstehen, die berühmte Habsburger Gruft, die man sich etwa unter der Orgel vorstellen muss.

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Die Gruftkapelle fiel nicht so pompös aus wie in den Plänen und dem Haus Habsburg in Wien übermittelt (sie kam nicht unter die Rotunde, wie von Architekt d‘Ixnard vorgeschlagen), aber fürs Erste war ein würdiger Raum für die 14 Überreste (darunter Anna, erste Gemahlin Rudolf I., des Stammvaters des Hauses Habsburg) am Übergang vom Kuppelbau zum Kloster geschaffen.

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Neben dem religiösen Aspekt, der „Befreiung“ der toten Katholiken aus evangelischen Gebieten, und dem aus der Aktion erhofften Wohlwollen des Herrscherhauses für die Abtei „auf dem Wald“ war der Fürstabt von einer großpolitischen Erwartung geleitet.

Die Gebeine der Habsburger hatte Fürstabt Martin Gerbert vor 250 Jahren nach St. Blasien geholt. Später holten die Mönche sie nach ...
Die Gebeine der Habsburger hatte Fürstabt Martin Gerbert vor 250 Jahren nach St. Blasien geholt. Später holten die Mönche sie nach St. Paul, wo sie in ihrer neuen Abtei eine Gruft einrichteten. | Bild: Thomas Mutter

Die Signale heraufziehender Umbrüche (französische Revolution und Auswirkungen für Klöster) waren nach St. Blasien gelangt. Mit der Aufnahme der Verstorbenen Habsburger Geblüts verband das Kloster die Erwartung massiver Unterstützung durch das Wiener Herrscherhaus im Kampf für den Erhalt der Klöster. Die Geschichte zeigt indes andere Entwicklungen.

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Der Leichenzug von Waldshut (wohin die Särge mit dem Schiff von Klingnau überführt worden waren) auf die Höhen des oberen Albtals war eine zweifache Totenklage (mit Blick auf die Klosterauflösung 1807). Für das Geleit der toten Habsburger in die letztmals aufblühende Abtei wurde alle Pracht des Zeremoniells entfaltet, wie ein Auszug der Prozessionsfolge vermittelt: Träger der mit Trauerflor behängten Leichenstäbe, ein Chor mit Trompeten und Pauken, Einungsmeister der Grafschaft Hauenstein mit Seitengewehr, Träger der mit Wachskerzen besteckten Zunftstangen, Singknaben, der Dekan von Waldshut und Weltpriester in Chorkleidung, Klosterabordnungen, Bürgerkompagnie mit geschultertem Gewehr, der sechsspännige, mit Tüchern, Wappen und Laternen geschmückte Leichenwagen, klösterliche Bedienstete und Amtsträger.

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Eine Fügung des Schicksals sei erwähnt: Beim Auszug aus der Abtei 1807 nahmen die Benediktiner die Holzsärge nicht mit. Erst zwei Jahre später holten sie die Gebeine an ihren neuen Standort St. Paul in Kärnten. In den Jahren mit den Turbulenzen in St. Blasien waren die Gebeinskästen vor Plünderung und Zerstörung verschont geblieben.