Auf dem derzeit von vielen Pendlern genutzten Parkplatz an der Robert-Gerwig-Straße in Waldshut soll ein neues Feuerwehrgerätehauses mit Kita gebaut werden. Das Gelände wird deshalb voraussichtlich ab Spätherbst oder Winter nicht mehr zum Parken zur Verfügung stehen.
Wie die Stadt in einer Pressemitteilung schreibt, arbeite die Verwaltung derzeit an einem neuen Park & Ride-Konzept. Ob es nahtlosen Ersatz für den Parkplatz gibt, sobald dieser geschlossen wird, darüber gibt es aus dem Rathaus keine Auskunft. Für Pendler, die auf Parkflächen in Bahnhofsnähe angewiesen sind, stellt dies nach deren Aussage eine unbefriedigende Situation dar. Wir haben mit einer Pendlerin und Vertretern der Stadt gesprochen.
Was kritisiert die Pendlerin?
Für "nicht ausgereift" hält Susanne Grasel das Vorhaben der Stadt Waldshut-Tiengen, ein Feuerwehrgerätehaus mit Kita auf dem Gelände des Pendlerparkplatzes am alten Güterbahnhof in Waldshut zu planen, ohne parallel ein Alternativkonzept zum Parken in der Tasche zu haben. "Ich sehe das große Problem, dass man hier nirgends mehr parken kann, wenn die Fläche einmal bebaut wird", sagt sie.
Die 40-jährige Medizinisch-Technische Assistentin im Fachbereich Radiologie nutzt selbst den Pendlerparkplatz. Ihre Arbeitsstätten liegen im schweizerischen Brugg und Baden. Dorthin fährt sie mit dem Zug ab Waldshut. Weil der Bus vom Aarberg, wo sie mit ihrer Familie wohnt, für sie keine zuverlässige Alternative sei, nimmt sie das Auto zum Parkplatz und steigt am Bahnhof auf den Zug um.
"Das Projekt Feuerwehr mit Kita finde ich gut", stellt sie zu Beginn des Gesprächs mit dieser Zeitung klar. "Denn Waldshut braucht auf jeden Fall Betreuungsplätze", sagt die berufstätige Mutter und fügt hinzu: "Aber ich finde den Weg nicht richtig."
Mit den Weg meint sie das Vorgehen der Stadt, die Bebauungsplanänderung für das Feuerwehrgerätehaus mit Kita am alten Güterbahnhof im Eilverfahren durch den Gemeinderat zu beschließen, ohne eine Ersatzfläche zum Parken zu haben. "Da stimmt was nicht von der Reihenfolge her", findet Grasel.
Was sagt die Stadt zur Kritik?
"Wir müssen hier zwei Dinge klar trennen", sagt Andrea Albert, Leiterin des Bauverwaltungsamts, auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Parkraumanalyse und der Neubau des Feuerwehrgerätehauses mit Kita seien zwei verschiedene Projekte, die die Stadt als Aufgabe habe.
Sie verweist außerdem darauf, dass es sich bei der derzeit als Pendlerparkplatz genutzten Schotterfläche an der Robert-Gerwig-Straße um eine Interimslösung handele. Das Gelände sei bereits "im Bebauungsplan aus dem Jahr 2006 zur weiteren Bebauung ausgewiesen", fügt Bürgermeister Joachim Baumert als Erklärung hinzu.
Es sei seitdem klar gewesen, dass der Parkplatz eines Tages wegfalle. Dies wird voraussichtlich im kommenden Spätherbst oder Winter sein, sagt Bürgermeister Baumert. Bis dahin könne der Parkplatz mit rund 150 Stellflächen genutzt werden.

Was kritisiert die Pendlerin noch?
Susanne Grasel hatte im vergangenen Jahr aus dem städtischen Mitteilungsblatt von den Plänen der Stadt, ein Feuerwehrgerätehaus mit Kita zu bauen, erfahren. Die Waldshuterin merkt an, dass Grenzgänger, die nicht in Waldshut-Tiengen wohnen, sondern in den umliegenden Gemeinden, das Mitteilungsblatt nicht bekommen und folglich nicht über die geplante Bebauung und deren Folgen informiert wurden. "Ich habe eine Kollegin in Görwihl, die wie ich mit dem Zug ab Waldshut fährt und die keinen Zugang zum Mitteilungsblatt hatte", sagt die Pendlerin.
Zwar gibt es das Amtsblatt auch online auf der Webseite der Stadt, doch sei es eher unwahrscheinlich, dass dieses von Nichtbürgern gelesen werde. Dies bestätigt auch eine Umfrage unter Pendlern, die Susanne Grasel im Zug zwischen Waldshut und Koblenz durchgeführt hat. Die meisten hätten noch nicht gewusst, dass der Parkplatz wegfalle. 84 Unterschriften hat sie innerhalb von zwei Tagen auf der Strecke gesammelt. "Um der Stadt zu zeigen, dass ich keine Einzelperson bin, sondern, dass das Problem viele betrifft", sagt sie.
Auf den Unterschriftenlisten finden sich Unterzeichner unter anderem aus Dogern, Ühlingen, Murg, Laufenburg und Bernau. In einer Pressemitteilung aus dem Büro von Oberbürgermeister Philipp Frank, die die Redaktion einen Tag nach dem Gespräch mit Baumert und Albert erhalten hat, heißt es, dass man "darauf bedacht sei, den in den Stadt wohnenden Pendlern nach Möglichkeit ein anderes Angebot machen zu können".
Wie arbeitet die Stadt an einer Alternative zum Pendlerparkplatz?
Es wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die unter der Leitung von Bürgermeister Joachim Baumert alle in Betracht kommenden Flächen untersuche und dem Gemeinderat noch in der ersten Jahreshälfte einen Vorschlag unterbreiten will. "Fakt ist, wir erarbeiten gerade ein Konzept, um die wegfallenden Parkplätze zu kompensieren", sagt Baumert.
Auf die Frage, ob die Ersatzparkplätze nahtlos zur Verfügung stehen, wollte der Bürgermeister trotz mehrmaliger Nachfrage nicht beantworten.
Auch das Büro des Oberbürgermeisters lässt die Frage nach dem Zeitpunkt, ab wann alternative Parkflächen – entweder dauerhaft oder als provisorischer Ersatz – zur Verfügung stehen, unbeantwortet. In der Stellungnahme auf unsere Anfrage hin wird darauf verwiesen, dass es sich bei der Suche nach Alternativen um "eine Freiwilligkeitsleistung der Stadt und keine Pflichtaufgabe" handele.
Inwieweit hilft die Parkraumanalyse, das Parkplatzproblem zu lösen?
Der seit 2006 als Zwischenlösung genutzte Pendlerparkplatz sei nicht Teil der Parkraumanalyse, die laut Joachim Baumert derzeit erstellt werde. "Der Untersuchungsraum beinhaltet im Stadtgebiet Waldshut im Wesentlichen den Kernstadtbereich südlich der B 34 und nördlich der B 34 das Gebiet Friedrichstraße, Chilbiplatz, Von-Kilian-Straße und Gartenstraße", zählt Andrea Albert auf.
Ziel der Parkraumanalyse sei es, einen Standort für ein weiteres Parkhaus in Waldshut zu finden. Ab der zweiten Jahreshälfte will der Gemeinderat sich mit möglichen Flächen beschäftigen. "Das neue Parkhaus wird zwar keine direkte Antwort auf die Park & Ride-Frage sein, wird aber dennoch für zusätzliche Entlastung sorgen", schreibt Oberbürgermeister Philipp Frank in der Pressemitteilung.
Wie der Artikel entstand
In der Ausgabe vom 22. Februar 2019 thematisierten wir die Bebauungsplanänderung am alten Güterbahnhof und den Wegfall des Pendlerparkplatzes, sobald auf der Fläche der Neubau des Feuerwehrgerätehauses mit Kita beginnt. Auf diesen Artikel hin meldete sich die Waldshuterin Susanne Grasel bei der Redaktion. In einem Gespräch kritisierte sie aus ihrer Sicht als Pendlerin das Vorgehen der Stadt. Daraufhin baten wir Bürgermeister Joachim Baumert und Andrea Albert, Leiterin des Bauverwaltungsamts, um eine Stellungnahme. In der Folge lud Baumert die Redaktion zu einem Gespräch ein. Einen Tag später folgte eine Pressemitteilung zum Thema "Park & Ride-Konzept" aus dem Büro von Oberbürgermeister Philipp Frank.