Sein Tagebuch schrieb Johann Baptist Jordan in zwölf Sprachen, etwa 25 beherrschte er fließend und in 50 konnte er sich verständigen. Sicher war er sich dieses Talents bewusst: „Es widerspricht nicht der Demut, die Gaben Gottes in sich anzuerkennen“, schrieb er 1878, in dem Jahr in dem er Priester wurde. Drei Jahre später bereits gründete er eine Gemeinschaft, die Salvatorianer. Auch da half ihm seine Sprachbegabung, schließlich war er für seinen Orden auf der ganzen Welt unterwegs.
Orden in 40 Ländern präsent
Die Gemeinschaft ist heute noch in 40 Ländern präsent. Seit 2014 hat sie auch wieder eine kleine Außenstelle in Gurtweil, dem Geburtsort des Gründers. Der Orden hatte diese eingerichtet, um ihm wieder näher zu kommen, sagt Pater Bernhard Fuhrmann, neben Pater Peter Daubner einer der zwei Ordenspriester am Ort. „Schließlich spielten sich die ersten 30 Jahre von Pater Jordans Leben hier in der Region ab.“ Und hier ereigneten sich wichtige Weichenstellungen für ihn.
Hans-Dampf in allen Gassen als Kind
Dass Johannes Baptist Jordan später Priester wird, war bei seiner Geburt noch nicht absehbar. Er kam 1848 in einer armen Familie auf die Welt, als einer von drei Söhnen. „Als Kind muss er ein ziemlicher Lausbub gewesen sein, der viel Blödsinn gemacht hat. Ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen“, so Pater Bernhard Fuhrmann. Fischen war damals sein Hobby und wurde dann nach dem frühen Tod des Vaters, der eine Beinprothese aus Eisen trug, zu einer Einnahmequelle der Familie.
Die Erstkommunion war für Johann Baptist Jordan ein eindrückliches Erlebnis, das den Grundstein für sein späteres Leben als Geistlicher legte. Doch zuerst machte er eine Ausbildung als Anstreicher und Dekorationsmaler. Als Tagelöhner arbeitete er in der näheren Umgebung, baute unter anderem an der Brücke über die Schlücht bei Bad Bruckhaus mit.

„Er sah aber auch das materielle und geistige Elend sowie die Not in den Familien“, so Pater Bernhard Fuhrmann. Es war die Zeit der industriellen Revolution und der sozialen Umbrüche. Handwerker wurden zu oftmals ausgebeuteten Fabrikarbeitern, bisherige Sicherheiten und Gewissheiten zerbrachen. Das führte zu Fragen, auf die die Kirche nicht immer Antworten hatte. Als Geselle erlebte Johannes Baptist Jordan diesen Wandel hautnah mit, sah, wie sich die Menschen vom Glauben abwandten. „Gleichzeitig bekam er als Geselle auf der Walz eine große Weite“, so Pater Bernhard.
Abitur in Konstanz mit 26
Diese Erfahrungen bestärkten Johann Baptist darin, Priester zu werden. Er nahm Lateinunterreicht beim Waldshuter Kaplan und machte später, da war er schon 26, in Konstanz das Abitur. Er studierte Theologie in Freiburg, die Priesterweihe fand in St. Peter im Schwarzwald statt. Seinen erste feierliche Messe als Priester, die Primiz, durfte er allerdings nicht in Deutschland halten. Dort tobte der Kulturkampf zwischen Staat und Kirche. Er musste ins schweizerische Döttingen ausweichen. Auf den dortigen Pfarrer machte er großen Eindruck, jedenfalls ist von ihm der Ausspruch überliefert: „Man bekam das Gefuhl, dass aus diesem Primizianten eine bedeutende Persönlichkeit werden würde.“
Bis es allerdings soweit war, dauerte es noch ein wenig. Zuerst einmal schickte ihn das Erzbistum zum Studieren nach Rom: Er sollte sich dort in die alt-orientalischen Sprachen vertiefen. Syrisch, Aramaisch, Koptisch, Arabisch sowie Hebraisch und Griechisch standen auf dem Stundenplan. Zugleich war dies der große Abschied von der Heimat: Pater Jordan kam ab dann kaum mehr nach Gurtweil, das letzte Mal, nachdem seine Mutter starb.
Idee für Ordensgründung auf Reise
Auf einer Sprachreise in den Libanon reifte in ihm der Gedanke, eine Gemeinschaft zu gründen. „Pater Jordan dachte immer global. Er wollte, dass alle Menschen zu Gott finden. Das war seine Weite“, so Pater Bernhard. Dabei spielte für ihn die katholische Kirche eine große Rolle: „Wie bitter und wie schmerzlich ist es, so viele Griechen, Russen, Kopten und Armenier zu sehen, die nicht mit der Heiligen Katholischen Kirche vereint sind!“, schrieb er in sein Geistliches Tagebuch.

Zurück in Rom gründete er eine „Apostolische Lehrgesellschaft“, die Priester und Nichtpriester, also Laien, Professoren und einfache Leute, Familien, Kinder und Frauen, umfasste. „Alle sollten mitmachen können. Für ihn war jeder und jede Apostel und Apostolin. Das war ein völlig neuer Gedanke“, so Pater Bernhard. Zu neu für manche. Als er seine Gesellschaft gegründet hatte, erhielt er vom Vatikan einen Dämpfer. Das „Apostolische“ durfte er nicht führen, es musste durch „Katholische“ ersetzt werden. Später bekam er einen Visitator an die Seite gestellt, sozusagen einen „Aufpasser“. „Pater Jordan hat durchaus auch an der offiziellen Kirche gelitten“, so Pater Bernhard.
Pater Franziskus Maria vom Kreuze Jordan, wie er sich nach Ablegung der Gelübde nannte, gründete schließlich den Orden der „Gesellschaft des Göttlichen Heilands“, die Salvatorianer. Dieser verbreitete sich, wie es Pater Jordan wollte, auf verschiedenen Kontinenten, etwa in Indien und den USA. Auch ein Frauenorden kam hinzu, die „Schwestern des Göttlichen Heilands“, die er mit 1888 mit Therese von Wullenweber ins Leben rief.
Gebeine liegen in Rom unweit des Vatikans
Pater Jordan war in dieser Zeit viel unterwegs, er besuchte alle Ordensniederlassungen. „Die Reisen sind zur Förderung der Sache Gottes sehr nützlich. Unterlasse sie nicht, auch wenn sie dir schwer fallen“, schrieb er, wie um sich selbst zu ermutigen, 1903 in sein Geistliches Tagebuch. Der beginnende Erste Weltkrieg 1914 zwang ihn, den Ordenssitz aus dem unruhigen Rom in die Schweiz zu verlegen, nach Fribourg. Auch ließen seine Kräfte allmählich nach. Bald darauf trat er von der Ordensleitung zurück. 1918 schließlich starb er in Tafers, in der Schweiz, in einem Armenhaus. Begraben wurde er zuerst in der dortigen Kirche, 1956 aber wurden seine Gebeine in die Ordenszentrale nach Rom, unweit des Vatikans, überführt.
Das Geburtshaus in Gurtweil gehört seit Kurzem dem Salvatorianerorden. Ein Konzept, was dort geschehen soll, ist gerade im Werden, sagt Pater Bernhard. „Sicher werden viele Ordensmitglieder aus aller Welt künftig Gurtweil besuchen“, so der 74-Jährige. Es wird also dort künftig eine große Vielfalt von Sprachen und Kulturen herrschen – Pater Jordan würde das gefallen.
Seligsprechungsverfahren
Die Salvatorianer, benannt nach Christus dem Erlöser, von dem alle Menschen geheilt werden sollen, so der Gedanke Pater Jordans, würden ihren Gründer gerne selig sprechen lassen. Das Verfahren dazu wird schon seit 1942 betrieben, vor einigen Jahren wurde Pater Jordan der „heroische Tugendgrad“ zuerkannt. Jetzt fehlt nur noch die Anerkennung eines medizinischen Wunders, das auf den Ordensgründer zurückgehen soll. „Wir hoffen, dass das bis in zwei Jahren geschehen kann“, so Pater Bernhard Fuhrmann.
Das Pater-Jordan-Haus
Das Pater-Jordan-Haus in Gurtweil ist nicht das Geburtshaus des Ordensgründers, sondern das 1975 gebaute Gemeindehaus, das der Kirchengemeinde gehört. Im Zuge der Renovation hat sich eine breite Diskussion gespannt, wie das Haus fortgeführt werden soll. Es stehen fünf verschiedene Modelle zur Debatte, vom Neubau bis zum Abriss und Verkauf des Grundstücks. Die Entscheidung, was mit dem Gebäude geschieht, soll spätestens Ende März getroffen werden.
Die Lebensjahre von Pater Jordan
- 1848: Geburt in Gurtweil am 16. Juni als Johann Baptist Jordan.
- 1874: Mit 26 holt er das Abitur nach.
- 1878: Priesterweihe, danach weiteres Studium in Rom.
- 1881: Gründung der Salvatorianer am 8. Dezember.
- 1883: Er legt am 11. März die Ordensgelübde ab und nimmt den Namen Franziskus Maria vom Kreuze Jordan an.
- 1888: Gründung der Salvatorianerinnen mit Freifrau Therese von Wüllenweber, der inzwischen „Seligen Maria von den Aposteln“, am 8. Dezember.
- 1911: Die Salvatorianer erhalten die päpstliche Anerkennung.
- 1915: Umzug der Ordenszentrale nach Fribourg in der Schweiz. Gleichzeitig tritt Pater Jordan aus gesundheitlichen Gründen von der Ordensleitung zurück.
- 1918: Tod in Tafers, Schweiz am 8. September
- 1942: Einleitung des Seligsprechungsprozesses.
- 1956: Überführung der sterblichen Überreste nach Rom in die Ordenszentrale.