Für Fairness im Sport gibt es klare Regeln, für Fairness im Handel fehlen sie. Das geht in der Regel auf Kosten von Menschen, die vorrangig in Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika für uns produzieren. Sie bekommen für den Anbau von Lebensmitteln und die Herstellung von Nonfood-Artikeln – Bekleidung ist ein Paradebeispiel – oft eher ein Almosen als einen angemessenen Lohn. Sie können dadurch weder menschenwürdig leben, noch ihren Kindern durch eine gute Ausbildung Perspektiven für die Zukunft mitgeben.
Statement gegen Ausbeutung und Armut
Zu denen, die in diesen Kreislauf von Unfairness und Ungerechtigkeit eine Bresche schlagen, gehören Weltläden wie der im Oberen Tor in Waldshut. „Weltläden sind ein Statement gegen Ausbeutung und Armut in Entwicklungsländern, die allgegenwärtig ist, wir wollen den Menschen ihre Würde und ihren Stolz zurückgeben“, bringt es Maria Doser auf den Punkt. Sie und Hannelore Rochlitz sind Vorsitzende des Vereins „Dritte Welt Partner“, der 2005 von Hedi Müller und Günter Renk gegründet wurde und Träger des Waldshuter Weltladens ist. Der Verein hat rund 30 Mitglieder, 16 davon – alle Frauen – wechseln sich ehrenamtlich im Laden ab.

Der Laden befindet sich in den Räumen des ehemaligen Tourismusbüros. Mit seinen knapp 30 Quadratmetern ist er das, was man „klein aber fein“ nennt. Ein Lager gibt es nicht, nur zwei Lagerschränke. Der Gesamteindruck ist bunt. Farbenfroh verpackte Lebensmittel, Kunsthandwerkliches und Gebrauchsgegenstände umfasst das Angebot.
Im Weltladen ist es vor allem bunt
Kaffee, Tee, Reis, Trockenfrüchte, Nüsse, Kokosmilch und Schokolade und vieles mehr stehen in den Regalen. Tücher, Schals, Schmuck, Stofftiere, Taschen, Tassen und Gläser sind zu haben. Ebenso originelle Upcycling-Produkte wie zum Beispiel Handtaschen aus alten Zementsäcken oder ausrangierten Fischernetzen. Ein Renner sind nach Aussage der beiden Vorsitzenden, bunt bemalte Lippenstiftboxen mit Spiegel und ausgefallene Sparbüchsen für Geldgeschenke. Das Sortiment wird regelmäßig durch neue Produkte ergänzt.
„Es handelt sich grundsätzlich um hochwertige Produkte“, so Maria Doser. Ein guter Teil der Lebensmittel in Weltläden ist heute in Bio-Qualität und die Nonfood-Artikel sind auf unseren Geschmack abgestimmt. Die Fair-Trade-Organisationen, die die Weltläden beliefern, beraten die Hersteller, was sie wie herstellen sollen und überprüfen die Qualität. Alle Produkte, die es im Waldshuter Weltladen zu kaufen gibt, kommen von zertifizierten Fair-Trade-Organisationen wie Gepa, El Puente und DWP Ravensburg.
Faire Produkte auch in Supermärkten
Die beiden Vorsitzenden versichern, dass diese Organisationen absolut vertrauenswürdig sind. Hauseigene Fair-Trade-Siegel großer Konzerne sehen sie aufgrund begrenzter Transparenz kritisch. Faire Produkte von unabhängigen Fair-Trade-Organisationen stehen mittlerweile auch bei uns in einigen Supermärkten. Dass ihnen irgendwann nicht nur eine kleine Ecke eingeräumt wird, ist der große Traum von Verfechtern des fairen Handels.
Weltläden sind kein Selbstzweck. Ziel ist es vielmehr, sie überflüssig zu machen, weil generell fair gehandelt wird. Auch wenn viele dies als Utopie ansehen, das Bewusstsein für ausbeuterische Strukturen im globalen Handel ist gestiegen. Dass sich etwas tut, bestätigen auch Maria Doser und Hannelore Rochlitz. Sie sehen durchaus Anzeichen für ein Umdenken und blicken positiv in die Zukunft. Sie teilen damit die Einschätzung des Weltladen-Dachverbands. Zahlen des „Forums fairer Handel“ belegen den Aufwärtstrend beim Umsatz fairer Produkte. Demnach ist Kaffee mit 34 Prozent das meistverkaufte Produkt in Weltläden, gefolgt von sonstigen Lebensmitteln und Südfrüchten.
Überschuss geht nach Nepal
Der Waldshuter Weltladen hat nach Aussage der beiden Vorsitzenden, seit seiner Eröffnung vor rund zwölf Jahren, den Umsatz kontinuierlich gesteigert und vor etwa fünf Jahren einen positiven Sprung gemacht. Die Umsätze würden seitdem auf einem konstant guten Niveau liegen. Da alle im Laden ehrenamtlich arbeiten, wird mittlerweile jedes Jahr ein Überschuss erwirtschaftet. Er wird für nötige Erneuerungsarbeiten im Laden verwendet und für Spenden wie etwa für den Wiederaufbau der Produktionsstätten der Fair-Handels-Partner in Nepal, das 2015 von einem schweren Erdbeben heimgesucht wurde.

Wer sich selbst ein Bild vom Waldshuter Weltladen machen möchte, vielleicht sogar mitarbeiten möchte, kann gern vorbeikommen und nach Herzenslust stöbern oder das Gespräch mit den dortigen Mitarbeiterinnen suchen. Weltläden verkaufen „Waren mit Gesicht“, das heißt, ihre Herkunft und Entstehung ist nicht nur bekannt, sondern wird auf Wunsch auch erzählt. Oft stehen – wie die Informationen zu drei ausgesuchten Produkten auf dieser Seite zeigen – hinter den Produkten interessante Geschichten, die Hoffnung auf ein Mehr an Fairness im globalen Handel machen.
Eine gute Gelegenheit, Idee und Angebot der Weltläden kennenzulernen, bietet auch jedes Jahr im Herbst die faire Woche und im Frühjahr der Weltladentag. Alle hiesigen Weltläden – neben Waldshut sind dies Tiengen, Murg, Wehr, Lörrach-Stetten, Rheinfelden und Zell im Wiesental – machen mit. Der Waldshuter Weltladen hat immer einen Stand vor dem Tor und macht auch im Laden Aktionen, meistens werden neue Produkte verkostet. Vergangene faire Woche wurde mit fairen Zutaten aus dem Laden, eine Kürbis-Linsensuppe gekocht, die Maria Doser und Hannelore Rochlitz noch in allerbester Erinnerung haben.
Drei Produkte und ihre Geschichten

- Pídecafé aus Peru: Píde sind die Anfangsbuchstaben eines Projekts, das die Entwicklung des Kaffeeanbaus und der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kleinbauern im Norden Perus zum Ziel hat. Begründer ist der Entwicklungshelfer Rudolf Schwarz aus Tübingen. Gepa importiert von rund 10 000 peruanischen Bauernfamilien biologisch angebauten Rohkaffee und bezahlt Preise, die deutlich über dem Weltmarktpreis liegen, verbunden mit einer langfristigen Abnahme- und Preisgarantie. Ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf des Kaffees, der mittlerweile in mehr als 50 Gemeinden und Städten Baden-Württembergs getrunken wird, fließt in Projekte in den Heimatorten der Kaffeebauern zurück.
- Getrocknete Mangos von den Philippinen: Der irische Pater Shay Cullen hat ein Verfahren zur Trocknung von Mangos entwickelt und für den Export eine Fair-Trade-Organisation gegründet. Mit dem Kauf der Mangos unterstützen Verbraucher das Mitte der 70er Jahre von Shay gegründete Preda-Kinderschutzprojekt. Er und seine Mitstreiter setzen sich vor allem für Kinder ein, deren Rechte mit Füßen getreten werden und die in äußerster Armut leben: Auf der Straße, in Bordellen und in Gefängnissen. Preda hat maßgeblich dazu beigetragen, dass eine Reihe ausländischer Pädophiler, die auf den Philippinen Kinder missbraucht haben, verurteilt wurden.
- Keramikperlen-Schmuck Kazuri aus Afrika: Aus einem Ort nahe der kenianischen Hauptstadt Nairobi kann fair gehandelter und manuell hergestellter Perlenschmuck aus Keramik in Weltläden gekauft werden. Vor rund 40 Jahren starteten zwei Frauen im Karen Blixen-Haus bei Nairobi mit der Herstellung der Perlen und ihrer Weiterverarbeitung zu Schmuck. Eine besondere Glasur gibt ihnen einzigartigen Glanz. Kazuri heißt übersetzt „klein und wunderschön“. Heute ermöglicht die Kooperative rund 40 sozial benachteiligten Frauen – größtenteils Alleinerziehenden – die Sicherung ihres Lebensunterhalts.
Das steckt hinter dem fairen Handel
- Grundregeln des fairen Handels: Der in den 70er Jahren entstandene faire Handel steht für gerechtere Handelsstrukturen auf der Grundlage von fairen Preisen für die Erzeuger und verlässlichen Handelsbeziehungen, verbunden mit der Übernahme von sozialer Verantwortung. Fair-Trade-Organisationen wie Gepa, El Puente und DWP Ravensburg, bezahlen für landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern – die Produzenten sind in der Regel Kleinbauern – Preise über dem Weltmarktniveau. Dadurch können die Produzenten ihre Familien angemessen versorgen. Kinderarbeit wird vorgebeugt und der Schulbesuch der Kinder gefördert.
- Der Weltladen in Waldshut: Der Weltladen im Oberen Tor (Kaiserstraße 3), ist montags von 16 bis 18 Uhr, mittwochs von 9 bis 12.30 Uhr, donnerstags von 9.30 bis 12.30 Uhr und samstags von 9.30 bis 13 Uhr geöffnet. Zusätzlich dienstags und freitags von 9.30 bis 12.30 Uhr nach personellen Möglichkeiten. Telefon 07751/80 27 00.