Wir starten unseren Rundgang am Redaktionsgebäude von SÜDKURIER und Alb-Bote in der Waldshuter Bismarckstraße. Seitdem die Verkehrsführung wegen der Sanierung der Kolpingbrücke geändert wurde, herrscht in der Straße normalerweise viel Verkehr – bisweilen zu Stoßzeiten sogar Stau. Am Dienstagvormittag sind jedoch kaum Autos zu sehen.
Schräg gegenüber des Redaktionsgebäudes befindet sich das Justizgebäude, in dem das Amts- und Landgericht Waldshut-Tiengen untergebracht sind. Ein Zettel an der Tür weist darauf hin, dass Personen mit Corona-Symptomen, die in Kontakt mit Infizierten waren oder die sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben, das Gericht nicht mehr betreten dürfen.
Auf der Internetseite der Justizbehörden ist hingegen zu lesen, dass das Gebäude ab dem heutigen Dienstag, 17. März, bis voraussichtlich 19. April für die Öffentlichkeit geschlossen ist, soweit keine Verhandlungen stattfinden.
Am Busbahnhof läuft der Betrieb bislang normal. Vereinzelt warten Fahrgäste auf die Abfahrt der Busse. „Ab morgen fahren wir den Ferienfahrplan“, sagt Busfahrer Christian Pawlak, der in seinem Fahrzeug am Bussteig 1 steht und für ein Gespräch mit dem SÜDKURIER kurz die Scheibe herunterlässt. Mit dem Ferienfahrplan reagiert der Waldshuter Tarifverbund (WTV) zum einen auf die Schulschließungen, zum anderen sollen die „Busfahrer geschont werden, damit möglichst uneingeschränkt das Fahrplanangebot wie an Ferientagen aufrechterhalten werden kann“, teilt der WTV dazu auf seiner Webseite mit.
„Keine Panik, kein Stress – einfach anpassen“ an die veränderte Situation, sagt Christian Pawlak lächelnd. Er erzählt, dass er deutlich weniger als Fahrgäste als sonst hat. Ein- und Aussteigen dürfen diese nur an der hinteren Tür. Die vordere Tür ist für Passagiere geschlossen, um den Busfahrer und seine Kollegen vor Ansteckungen zu schützen. Fahrscheine können an den Automaten und über Ticket-Apps gekauft werden.
Gegenüber auf der anderen Seite der B 34 befindet sich der Waldshuter Bahnhof. Hier läuft bislang alles normal. Fahrgäste sind zwar deutlich weniger zu sehen als sonst, aber der Fahrkartenschalter ist geöffnet und die Züge fahren planmäßig. „Aktuell gibt es grundsätzlich noch keine Einschränkungen im Bahnverkehr“, teilt der WTV auf seiner Internetseite mit. Die DB-Regio habe jedoch Notfahrpläne für Mitte der Woche angekündigt.
Die Einkaufsmärkte in der Robert-Gerwig-Straße nördlich der Bahnschiene haben regulär geöffnet. Nur wenige Kunden sind jedoch zu sehen. Auf dem ansonsten wuseligen Gelände herrscht eine ungewohnte Ruhe. Im Drogeriemarkt dm sind die Angestellten damit beschäftigt, die Regale wieder aufzufüllen.
„Es gibt eine große Nachfrage nach Toilettenpapier, Desinfektionsmittel, Flüssigseife und Babynahrung“, erzählt eine Mitarbeiterin. Die Regale mit Toilettenpapier sind nicht voll, aber auch nicht völlig leer. Es ist aber erst später Vormittag. Die gute Nachricht: „Wir bekommen jeden Tag neue Ware“, erklärt die Drogerie-Mitarbeiterin. Hamsterkäufe seien nicht notwendig und auch nicht erwünscht. Ein Zettel weist Kunden darauf hin, nicht mehr als drei Packungen Toilettenpapier zu kaufen.
Im Kinderhaus St. Marien in der Brückenstraße macht ein handgeschriebenes Plakat die Eltern darauf aufmerksam, dass vorerst nur das Krippenhaus geöffnet hat. Die Stadt hat eine Notfallbetreuung eingerichtet. Diese gilt für Eltern, die in Bereichen der sogenannten kritischen Infrastruktur tätig sind. Voraussetzung ist, dass beide Erziehungsberechtigten beziehungsweise der oder die Alleinerziehende in diesen Bereichen erwerbstätig sind.
Auf dem Kaufland-Parkplatz, wo es normalerweise schwierig ist, einen Parkplatz zu ergattern, stehen nur wenige Autos. Fahrzeuge mit Schweizer Kennzeichen sind überhaupt nicht zu sehen. Um das Coronavirus einzudämmen, ist seit Montagmorgen die Grenze mit der benachbarten Schweiz für Einkaufstouristen geschlossen.
Bei allen Einschränkungen und Sorgen aufgrund der Corona-Krise können auch kleine Dinge erfreuen. So zum Beispiel die Frühlingsknospen an einem Baum in der Friedrichstraße.
Seit gestern sind das Hallenbad und die Sauna der Stadtwerke Waldshut-Tiengen geschlossen. Ein Zettel am Eingang weist mögliche Bade-und Saunagäste auf die Schließung hin.
Landesweit haben seit dem heutigen Dienstag auch alle Schulen geschlossen. Zwei junge Männer nutzen die verwaisten Schulhöfe zum Skateboardfahren. Die beiden finden es aber unpassend, im Zusammenhang mit der Corona-Krise fotografiert zu werden. Stattdessen fotografieren wir das x-te Schließungsschild wie hier an der Eingangstür zum Technischen Gymnasium.
Während zur Mittagszeit ansonsten unzählige Schüler die Gehwege entlang der Friedrichstraße bevölkern, herrscht heute gähnende Leere.
Auch das Kirchenleben in Waldshut steht aufgrund der Corona-Krise still. Ein orangefarbener Zettel informiert an der evangelischen Versöhnungskirche in der Von-Kilian-Straße, dass sämtliche kirchliche Veranstaltungen bis auf Weiteres abgesagt sind.
Die Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen inklusive aller kommunalen Servicestellen bleibt aufgrund der sich zuspitzenden Lage und der stark steigenden Zunahme von Corona-Infektionen bis auf Weiteres geschlossen. „Es geht hier um den Schutz der Beschäftigten, aber auch der Bürgerinnen und Bürger“, teilt die Stadt mit.
Restaurants dürfen nur noch von 6 bis 18 Uhr geöffnet haben. Der Abstand zwischen den Tischen muss mindestens 1,50 Meter betragen. Im Restaurant „Black Forest Burger„ in der Wallstraße, das heute neu eröffnet hat, liegen auf jeden zweiten Tisch Zettel mit entsprechenden Hinweisen.
„Liebe Gäste, nun ist es soweit, auch wir müssen leider unsere Türen aufgrund einer behördlichen Anordnung den Spielbetrieb vorerst einstellen“, schreibt das Albrecht-Kino an der Waldshuter Bernhalde auf seiner Facebookseite. Per Allgemeinverfügung sind alle Kinos und Veranstaltungsorte mit sofortiger Wirkung geschlossen. Das Albrecht-Kino hat laut einem Aushang bis mindestens Mitte Juni geschlossen.