Woher der Mann sein Wissen hat, gibt er nicht preis. Aber in einem Facebook-Post, der sich eigentlich auf die Verpackungssteuer-Debatte und den Eingriff in die Privatsphäre des Oberbürgermeisters beschäftigt, behauptet jemand, der sich „Patrick de Durholte“ nennt: „Und gleichzeitig das Klima-Leuchtturm-Projekt Gasfähre (…) jetzt wieder bis Dezember außer Betrieb, weil Ersatzteile fehlen“. Nach der auch von Pannen geprägten Vorgeschichte der „Richmond“ ist das eine brisante Aussage. Aber stimmt sie überhaupt?
Der SÜDKURIER hat die Stadtwerke Konstanz, zu denen der Fährbetrieb Konstanz-Meersburg gehört, um eine Stellungnahme gebeten. Zumal die „Richmond“ tatsächlich für alle erkennbar seit längerem im Hafen in Staad liegt und ebenfalls unübersehbar im Interesse möglichst kurzer Wartezeiten die älteren, kleineren Diesel-Schiffe aus den Jahren zwischen 1975 und 1993 wieder verstärkt eingesetzt werden. Die Antwort ist aufschlussreich: Ja, die Richmond hat eine Zwangspause, weil ein Ersatzteil schwierig zu beschaffen war. Und nein, von einem Ausfall über Monate kann nicht die Rede sein. „Nächste Woche geht das Schiff wieder in den Einsatz“, so die Auskunft der Pressestelle.
Maximal drei Wochen hat der Ausfall demnach gedauert. Er zeigt allerdings auch auf, dass die Kinderkrankheiten der „Richmond“ eine Herausforderung bleiben. An der Welle von Schaltgetriebe und Generator habe es einen mechanischen Schaden gegeben, und „die Ersatzeilbeschaffung gestaltete sich schwierig“.

Das lässt aufmerken, nachdem die „Richmond“ erst vor zwei Jahren überhaupt in Dienst gestellt wurde und auf eine Einsatzdauer von Jahrzehnten konstruiert ist. Die Stadtwerke geben dazu aber auch zu bedenken: „Es ist vollkommen normal, dass vereinzelt Fähren ausfallen – das betrifft nicht nur die ‚Richmond‘, sondern auch konventionelle Dieselfähren wie die ‚Lodi‘ oder die ‚Tabor‘.
Jedes Schiff hat auch Betriebspausen
Und was ist mit der Kritik am „Klimaschutz-Leuchtturm-Projekt“? Immerhin müssen, wenn die dank Biogas-Antrieb als klimaneutral eingestufte „Richmond“ nicht fahren kann, stattdessen Dieselschiffe eingesetzt werden. Pro Überfahrt brauchen diese laut Stadtwerken 50 Liter Treibstoff, was zu einem Ausstoß von 132,5 Kilogramm des Klimagases Kohlenstoffdioxid (CO₂) führt. An einem einzigen Tag mit beispielsweise 20 Überfahrten, die nun statt mit Biogas- mit Dieselantrieb gemacht werden, kommen schon über 2,5 Tonnen Klimagas-Ausstoß zusammen.
Das aber, so die Stadtwerke, läuft dem „Absenkpfad hinsichtlich der Emissionen“ nicht grundsätzlich zuwider: Es sei „nicht jeder Tag ohne Einsatz der ‚Richmond‘ auf technische Gründe zurückzuführen“. Oft sei der Nicht-Einsatz des Fährschiffs durch „turnusmäßige Rezertifizierungen und sicherheitsrelevante Prüfungen“ bedingt, und auch das Betanken dauere bei einem Gas-Schiff nun einmal länger.
„Keinerlei Überlegungen, die ‚Richmond‘ außer Dienst zu stellen“
Und erweist sich, wie es gelegentlich heißt und man es als Unterstellung indirekt auch im Facebook-Post lesen kann, die „Richmond“ generell als Flop? Immerhin hatten immense Mehrkosten und wiederholte Ausfälle dem Schiff nicht nur positive Bewertungen eingebracht. Die Stadtwerke sind dazu sehr deutlich: „Es gibt keinerlei Überlegungen, die ‚Richmond‘ außer Dienst zu stellen. Zwar treten – wie bei jedem komplexen System – auch bei der ‚Richmond‘ gelegentlich technische Störungen auf, was unsere Werkstatt selbstverständlich fordert.“
Dies sei aber „angesichts der innovativen Antriebstechnologie und der Systemkomplexität“ nicht ungewöhnlich. „Im Gegenteil“, so die Stadtwerke, „die Zuverlässigkeit des Schiffes hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verbessert – zuletzt lief die ‚Richmond‘ über Wochen hinweg störungsfrei.“ Offen bleibt allerdings die Frage des SÜDKURIER, welchen Anteil des vorgesehenen Betriebsprogramms die „Richmond“ in ihren ersten zwei Jahren seit der Taufe tatsächlich absolviert hat.
Was all die Nachrüstungen gekostet haben, bleibt vorerst offen
Und das letzte Gerücht aus dem Facebook-Post? In diesem heißt es „man munkelte 50 Mio Kosten“. Zum Zeitpunkt der Taufe im Sommer 2023 nannten die Stadtwerke Baukosten von 27,5 Millionen Euro – die zweitjüngste Fähre, die „Lodi“, hatte 2010 noch deutlich weniger als die Hälfte gekostet. Die bis heute aufgelaufenen Kosten für Nachrüstungen in den ersten zwei Betriebsjahren, nach denen der SÜDKURIER auch fragte, bezifferten die Stadtwerke nicht und verweisen nur auf ein Budget für Instandhaltung, das es für jedes Fährschiff gebe. Ein echter Faktencheck zu der 50-Millionen-Euro-Behauptung ist damit nicht möglich, aber Zweifel an der Summe scheinen wohl angebracht.