Mehrheitlich stimmte der Gemeinderat in der jüngsten Sitzung dem inhaltlichen Konzept und dem darauf basierenden Entwurf zu. Beides hatten Simon und Innenarchitekt Martin Klein-Wiele vom auf Bibliotheken spezialisierten Büro UKW aus Krefeld zuvor vorgestellt. Das Gremium verständigte sich außerdem darauf, dass vor einer weiteren Umsetzung der Pläne im Rahmen der Haushaltsberatung für 2021 über die Bereitstellung der Mittel gesondert beraten wird.
„Bibliotheken sollten viel mehr als reine Ausleihstationen sein“, sagte Simon. Aktuell zähle die Stadtbücherei Waldshut rund 2100 aktive Mitglieder. Als aktives Mitglied gilt, wer mindestens einmal pro Jahr etwas ausleiht. Bisher gab es 22.000 Medien. Zielbestand sei um die 17.500 mit häufigeren Neuerscheinungen. „Die Bibliothek soll mehr Platz für Menschen bieten“, fügte sie erklärend hinzu. Dafür soll die Einrichtung laut Simon zu einer Art „öffentlichem Wohnzimmer“ mit unter anderem Aufenthalts- und Veranstaltungsräumen, Sesseln zum Schmökern und Hörbuch-Stationen werden.
Martin Klein-Wiele stellte die Entwürfe für die neue Raumaufteilung und Gestaltung der Stadtbücherei vor, die durch eine Außentreppe mit Lift barrierefrei zugänglich sein wird. „Die meisten Regale kommen an die Wände“, sagte der Innenarchitekt. Bislang sind die Regale über das ganze Zimmer verteilt angeordnet. Durch die künftig freien Flächen könnten sich Rollstuhlfahrer besser durch die Räume bewegen.

Die für die Stadtbücherei Waldshut typisch knarzenden Dielen werden ausgetauscht. „Der Holzboden ist nicht zu retten“, sagte Klein-Wiele. Als Ersatz soll ein Fußboden aus Weißtanne verlegt werden. Beim Farbkonzept der Wände orientiere sich der Innenarchitekt am historischen Kornhaus, in dem früher Getreide gelagert wurde.
Angesichts der Auswirkungen der Corona-Krise auf den städtischen Haushalt habe das Kulturamt gemeinsam mit dem Büro UKW jeden Posten der Kalkulation auf den Prüfstand gestellt und nach Möglichkeiten gesucht, die Kosten zu reduzieren. Dadurch sei, wie Kerstin Simon im Gemeinderat sagte, die Investitionssumme für die Einrichtung der Bibliothek von 184.000 auf 160.000 Euro gesenkt worden. Insgesamt wurden für die Renovierung und Einrichtung der Bücherei sowie für den Ausbau des Dachgeschosses zu Vereinsräumen im Kornhaus Mittel von 750.000 Euro bereitgestellt.
Das wird neu in der Stadtbücherei Waldshut
„Mir gefällt die Mischung aus Aktion und Bildung“, lobte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Thyen das Konzept. Sie ist überzeugt: „Das Kornhaus wird ein Schmuckstück.“ CDU-Stadträtin Nathalie Rindt wollte wissen, ob das Personal der Bücherei aufgestockt werde. Dies verneinte Kulturamtsleiterin Kerstin Simon. Dadurch sei es nicht möglich, die personalbesetzten Öffnungszeiten zu erweitern. Allerdings könnten Inhaber eines Mitgliedsausweises dank der eingesetzten Technologie auch außerhalb dieser Zeiten Zugang zur Bibliothek erhalten.
Kritik an den vorgestellten Plänen äußerte Adelheid Kummle von den Freien Wählern: „Ich halte das gesamte Projekt überdimensioniert für eine Kleinstadt.“ Zumal der Stadtteil Tiengen eine eigene Bücherei habe. Kummle missfällt laut eigener Aussage außerdem, dass die Stadtbücherei Waldshut bücherweise Klassiker der Weltliteratur entsorgt habe. „Ich finde es erschreckend, wenn in einer Stadtbibliothek hauptsächlich Bestseller angeboten werden“, sagte sie. Kerstin Simon betonte, dass die Klassiker „seit Jahren so gut wie nicht mehr ausgeliehen werden und dass eine öffentliche Bibliothek kein Literaturarchiv mehr sein muss“.
Oberbürgermeister Philipp Frank merkte an, dass die neue Ausrichtung der Bücherei auf Nutzerbefragungen zurückgehe. „Ich stehe hinter diesem Entwurf, den ich nicht für zu teuer halte“, fügte er hinzu. Mit drei Gegenstimmen und bei einer Enthaltung stimmte das Gremium mehrheitlich den Plänen für die Stadtbücherei Waldshut zu.