Nach der überraschenden Kündigung der Chilbi-Festwirte, und im Zusammenhang mit der sich schwierig gestaltenden Suche nach einem Nachfolger sah sich die Brauerei Waldhaus jüngst sogar im Gemeinderat einer Reihe von Vorwürfen ausgesetzt. Sind die Modalitäten eines 30 Jahre alten Vertrags zwischen der Stadt und der Brauerei das Problem? Im Gespräch mit unserer Zeitung zeigen sich Waldhaus-Chef Dieter Schmid und dem Leiter Einkauf und Logistik, Nico Albiez, in erster Linie verwundert darüber, dass der Brauerei so eine große Mitverantwortung für die aktuellen Probleme zugeworfen wird.
Schmid: „Mit uns hat lange niemand direkt geredet“
„Wie können wir als Brauerei das Problem bei der Festwirt-Suche sein, wenn wir bisher gar kein direkter Mitspieler waren?“ Diese Frage beschäftigt Schmid schon eine ganze Weile, wie er sagt. Zwar sei die Privatbrauerei Waldhaus Vertragspartner der Stadt Waldshut-Tiengen, was sie zum exklusiven Bierlieferanten für die Chilbi macht. Die konkrete Umsetzung erfolge aber durch Getränkehändler.
Und: „Wir haben bisher noch kein Angebot abgegeben, noch hat überhaupt jemand bei uns angefragt“, so Schmid. Es hätten also weder mit den bisherigen Wirten noch möglichen Interessenten direkte Verhandlungen stattgefunden – zumindest bis Ende vergangenes Jahr die Familie Vötter überraschend die Festwirtschaft gekündigt habe.
„Danach haben wir uns bemüht, den Festwirten so weit wie möglich entgegenzukommen.“ Letztlich sei die Fortsetzung des Engagements aber aus organisatorischen Gründen nicht möglich gewesen, bedauert Schmid.
Vorwürfe machen Brauerei-Verantwortliche ratlos
Dass der Brauerei in der jüngsten Gemeinderatssitzung gewissermaßen der Schwarze Peter für die schwierige Festwirt-Suche zugeschoben und Konsequenzen in Form einer Kündigung des Liefervertrags gefodert worden waren – für Schmid ist all das nicht nachvollziehbar: „Wenn ein Vertrag nicht mehr passt, muss man darüber sprechen. Aber bisher hat niemand mit uns redet.“
Gleichzeitig halten es die Waldhaus-Verantwortlichen aber auch für unwahrscheinlich, dass der Bierpreis oder die Vertragsmodalitäten zwischen Brauerei und Stadt ein so großes Problem für einen potenziellen Festwirt sein könnten. Entsprechende Vorhaltungen des Chilbi-Komitees hatten im übrigen auch etliche Stadträte in der jüngsten Gemeinderatssitzung angezweifelt.
Bierpreis auf marktüblichem Niveau

Auch direkte Gespräche, die die Brauerei-Verantwortlichen mit Wirten hätten bestätigt, dass das Preisniveau nicht als Problem wahrgenommen werde: „Mit 200 Euro pro Hektoliter befinden wir uns in einem marktüblichen Bereich. Die Abweichungen anderer Anbieter liegen bei zehn bis 20 Euro pro Hektoliter“, rechnet Schmid vor.
Das könne für Erfolg oder Misserfolg eines Wirts nicht entscheidend sein, zumal sich dies letztlich auch über den Verkaufspreis regulieren lasse, so Schmid weiter. Vielmehr sei die Festwirtschaft generell ein zunehmend schwieriges und anspruchsvolles Geschäft.
Besucherzahlen seien längst nicht mehr mit denen früherer Jahrzehnte vergleichbar. Zudem gebe es reichlich Konkurrenz: „Während der Sommermonate sind die Wochenenden fast durchgehend mit Veranstaltungen aller Art belegt“, so Albiez. Und auch beim Festbesuch zeigten sich die Leute aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten und steigender Preise zunehmend sparsamer.
„Es geht nicht um Gewinn, sondern um Präsenz“
Längst seien laut Schmid und Albiez auch die Zeiten vorbei, in der die Belieferung der Chilbi sich für die Brauerei Waldhaus wirtschaftlich gelohnt habe: „Die Chilbi liegt uns am Herzen. Aus wirtschaftlicher Sicht spielt die Veranstaltung für uns eine untergeordnete Rolle spielt“, so Albiez. Tatsächlich liefere die Brauerei jährlich 70 Hektoliter Bier für die Chilbi. Das sei mit dem Ausschank bei einem Bezirksmusikfest vergleichbar.
„Aber die Chilbi ist für die Region eine ungemein wichtige Veranstaltung. Daher ist es uns als Brauerei vor Ort auch wichtig, dort präsent zu sein“, so Schmid. Insofern wäre es für Waldhaus auf jeden Fall eine schwere Schlappe, wenn der seit 1996 bestehende Vertrag mit der Stadt Waldshut-Tiengen beendet würde. Jedoch: „Wenn tatsächlich wir das Problem sind, ziehen wir uns zurück, damit die Chilbi stattfinden kann.“ Daran lässt Dieter Schmid keinen Zweifel.
Indes reicht die Verbundenheit der Brauerei Waldhaus mit Waldshut-Tiengen noch sehr viel weiter. Dieter Schmid beziffert das Sponsoring von Events und Einrichtungen in der Doppelstadt durch Waldhaus auf jährlich 30.000 Euro. Dabei sei dieses Engagement ebenso einzuordnen wie die Belieferung der Chilbi mit Bier: Es gehe darum, als örtliche Brauerei präsent zu sein und eine gute Sache zu unterstützen, wie Nico Albiez darstellt. Dass diese Unterstützung nach Kündigung der vertraglich festgelegten Exklusivlieferung, die auch die Stadthallen in Waldshut und Tiengen umfasst, wegfallen könnte, die Sorge ist bei der Stadt groß.
Vielversprechende Gespräche mit Festwirt-Interessent
Doch das will das Waldhaus-Team auch alles gar nicht infrage stellen. Ihnen gehe es um Kommunikation, um die Klärung der Probleme und bestenfalls die Fortsetzung der jahrzehntelangen Partnerschaft mit Waldshut-Tiengen und der dortigen Traditionsveranstaltung Chilbi, wie Dieter Schmid betont.
Umso erfreulicher sei es, dass inzwischen aus allen Irrungen und Wirrungen auch Positives resultiere: Es gebe überaus vielversprechende Gespräche mit einem möglichen Festwirt, die bereits weit gediehen seien, verrät Nico Albiez.
Von Seiten der Brauerei sei jedenfalls klar: „Wir werden weiter viel Herzblut und Unterstützung der Veranstaltung einbringen“, betont Schmid. Wichtig sei ihm in diesem Zusammenhang derweil eines, so Schmid: Gerüchte über ein persönliches Zerwürfnis zwischen den letztjährigen Festwirten, insbesondere dem ehemaligen Braumeister von Waldhaus, Bernhard Vötter, und der Brauerei seien falsch. Schmid spricht von einem „vorbildlichen Arbeitsverhältnis“ und einem reibungslosen Übergang Vötters in den Ruhestand. Bis heute habe sich daran nichts geändert.