Der Jugendfußball in Konstanz hat ein Problem. Talente wandern aus der Stadt ab. Dagegen soll etwas getan werden. Die Idee: Mit einem Jugendförderverein sollen die jungen Kicker in Konstanz gehalten werden. Und die Stadtverwaltung will dieses Vorhaben mit 60.000 Euro unterstützen. Doch nicht alle im Gemeinderat finden diese Investition angebracht.

Mehrere Vertreter der Konstanzer Fußballvereine sind in die Gemeinderatssitzung am 29. Juli gekommen, um zu erfahren, wie die Entscheidung des Gremiums ausfällt. Die Freude über die Unterstützung ist bei ihnen groß. Stephan Schumann, der Sprecher des Projekts und Abteilungsleiter beim TV Konstanz, bricht kurzerhand das Protokoll und bedankt sich bei den Räten. „Ich lade Sie alle – egal, wie Sie abgestimmt haben – zu den Spielen ein“, verkündet er.

Wie will die Stadt das bezahlen?

Doch die Zustimmung war umstritten. Während viele im Rat ihre Unterstützung zusichern, gibt es vor allem bei der CDU Zweifel. Nicht gegen das Projekt an sich, sondern gegen den 60.000 Euro Zuschuss, den die Stadt als Anschubfinanzierung beisteuern will.

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Denn eigentlich ist die Stadt im Moment nicht in der finanziellen Lage, neue Sportförderungen zu beschließen, das räumt die Verwaltung selbst ein. Doch der Leiter des Amts für Bildung und Sport, Frank Schädler, erklärt: „Wir haben das Glück, dass wir im Amt insgesamt ein sehr großes Budget haben.“ Die Erfahrung zeige, dass da oft ein Rest übrig bleibe. Dieser Rest soll dann für die Anschubfinanzierung im Jahr 2026 genutzt werden.

Spitzensport ist keine kommunale Aufgabe

Roger Tscheulin von der CDU-Fraktion hat dennoch Bedenken gegen die Finanzierung. „Wir sind dem Fußball gewogen“, erklärt er. Allerdings würde die Fraktion lieber den Breitensport fördern und sieht die Initiative als ein elitäres Projekt für wenige gute Fußballer, die eine Leistungsmannschaft werden könnten.

„Ist es eine kommunale Aufgabe, den Sport in dieser Form zu unterstützen?“, fragt Roger Tscheulin von der CDU.
„Ist es eine kommunale Aufgabe, den Sport in dieser Form zu unterstützen?“, fragt Roger Tscheulin von der CDU. | Bild: Milena Schilling

Zusätzlich sei in der vorausgegangenen Sitzung des Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss (HFK) noch darüber gesprochen worden, keine freiwilligen Aufgaben mehr zu übernehmen und sich nur auf die kommunalen Pflichten zu konzentrieren. Eine Stunde später sei davon aber nichts mehr zu spüren, so die Auffassung von Tscheulin.

Er wirft die Frage auf: „Ist es eine kommunale Aufgabe, den Sport in dieser Form zu unterstützen?“ Leistungssport wie beim SC Freiburg könne nicht Sinn und Zweck der Aufgaben sein. Denn auch andere Sportarten könnten laut ihm den Anspruch stellen, eine Jugendförderung zu erhalten. Bei der aktuellen Schieflage sehe die CDU keine Möglichkeit dafür. Die Stelle für einen Jugendtrainer unterstützt die Fraktion jedoch.

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Eine Chance für faire Förderung

Mit dieser Haltung ist die CDU-Fraktion aber in der klaren Minderheit. Ein großer Teil der restlichen Räte spricht sich für das Projekt aus. Samuel Hofer (FGL&Grüne) sieht in der Initiative ein überzeugendes Konzept. Er war selbst Trainer im Jugendfußball und kennt die Probleme. Teilweise würden Familien bis nach Freiburg fahren für die Fußballförderung.

Das Projekt sei nicht elitär, sondern gebe auch Kindern aus finanziell schwächeren Familien eine Chance auf Förderung. „Die Chance besteht jetzt“, appelliert er an seine Kollegen im Gremium. Außerdem sei es überzeugend, dass der Mädchenfußball von Anfang an mitgedacht wurde.

„Die Jungs und Mädels sollten uns das wert sein“, erklärt Petra Rietzler von der SPD.
„Die Jungs und Mädels sollten uns das wert sein“, erklärt Petra Rietzler von der SPD. | Bild: Timm Lechler

Ähnlich bewertet das Petra Rietzler von der SPD. „Wir verlieren seit langem junge Fußballer an Radolfzell“, erklärt sie. Sie findet es gut, dass sich die Vereine in Konstanz zusammentun und den jungen Spielern auch in Konstanz eine Förderung ermöglichen. Das koste zwar Geld, aber: „Die Jungs und Mädels sollten uns das wert sein“, erklärt sie.

Eine tolle Möglichkeit, aber einmalig

Auch aus dem bürgerlichen Lager kommt Unterstützung. Susanne Heiss von den Freien Wählern befürwortet das Projekt ebenfalls. Die Stadt sei in einer schlimmen Situation, merkt sie an. Auf den Zwischenruf, dass sie doch sonst auch dafür sei, dass die Stadt weniger Geld ausgebe, erwidert sie: „Ich bin normal die Spartante, aber ich werde zustimmen, weil es eine einmalige, tolle Möglichkeit ist.“ Es sei jedoch eine absolut einmalige Ausnahme.

„Ich bin normal die Spartante, aber ich werde zustimmen, weil es eine einmalige, tolle Möglichkeit ist“, sagt Susanne Heiss von den ...
„Ich bin normal die Spartante, aber ich werde zustimmen, weil es eine einmalige, tolle Möglichkeit ist“, sagt Susanne Heiss von den Freien Wählern. | Bild: Sybille Wiens/FWK

Alexander Tasdelen (JFK) erklärt, dass die Fraktion sehr viel über das Thema diskutiert habe und sich klar zum Breitensport bekennt. „Wir sehen, welche Kraft im Fußball steckt“, meint der Stadtrat. Die Zustimmung erfolge auch, weil klar sei, dass keine Breitensport-Mannschaft für den neuen Verein aufgegeben werde, so Tasdelen weiter.

Auch die Linke Liste Konstanz bekennt sich zu der Initiative. „Die Sparzwang-Debatte ist ein Stück weit heuchlerisch und geht an der Realität vorbei“, sagt Holger Reile. Es sei notwendig zu sparen, allerdings winke das Gremium auch andere Projekte durch, die deutlich mehr kosten würden. „Das ist keine Kommunalpolitik, wie ich sie mir vorstelle“, so Reile. Mit sechs Gegenstimmen und vier Enthaltungen wird das Projekt im Gemeinderat angenommen – zu Freude der Fußballer.