Während große Namen der Popmusik wie Madonna und Michael Jackson die 1980er Jahre prägten und verstärkt elektronische Elemente in der Discomusik Einzug hielten, schwelgten fünf in der Region beheimatete Hobbymusiker in nostalgischen Erinnerungen an die Musik der 1960er Jahre. Der 13. August 1988 war ein denkwürdiger Tag für die Fünf.

Ende 1980er/Anfang 90er Jahre: Die Spätzünder, (von links) Gottfried Mutzke, Klaus Herold, Jürgen Kuhr, Albrecht Eulenburg und Walter ...
Ende 1980er/Anfang 90er Jahre: Die Spätzünder, (von links) Gottfried Mutzke, Klaus Herold, Jürgen Kuhr, Albrecht Eulenburg und Walter Heeb, spielen die Rock- und Bluesklassiker der 60er Jahre. | Bild: A. Scheuble

Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt alle bereits in den 40ern waren und mit beiden Beinen fest im Berufs- und Familienleben standen, war dieser Samstag musikalisch gesehen ein Neuanfang. Am 13. August 1988 gaben Klaus Herold, Albrecht Eulenburg, Gottfried Mutzke, Jürgen Kuhr und Walter Heeb in Krenkingen ihr erstes öffentliches Konzert mit durchschlagendem Erfolg.

Fans bei einem Konzert der Spätzünder in Gurtweil Anfang der 1990er Jahre.
Fans bei einem Konzert der Spätzünder in Gurtweil Anfang der 1990er Jahre. | Bild: Fleig

Eine außergewöhnliche musikalische Erfolgsgeschichte begann, in deren Verlauf die Fünf zu einer der beliebtesten und bekanntesten Coverbands am Hochrhein wurden. Spätzünder war und ist der ebenso treffende wie originelle Name dieser Band. Gespielt wurde beim Debüt-Konzert auf der Wiese beim damaligen Gasthaus „Berghaus“. Gefühlt endlos lang war am Konzertabend die Autoschlange an den Straßenrändern und entsprechend groß die Zahl der Konzertbesucher. „An die 500 Leute standen überall herum, wir waren total überrascht, wie viele es waren“, blickt Gottfried Mutzke zurück.

So sah 1989 die Einladung zu einem Konzert der Spätzünder in Gurtweil aus.
So sah 1989 die Einladung zu einem Konzert der Spätzünder in Gurtweil aus. | Bild: Ursula Freudig (Repro)

Besonders den Wirt stellte die Menschenmenge vor Herausforderungen. Die Spätzünder erinnern sich, dass er sich sogar Bier von anderen Wirten ausleihen musste, um den großen Durst der vielen Fans zu stillen, die ausgelassen die Band und sich selbst feierten. „Da hielt es keinen still, manche flippten regelrecht aus“, schrieb damals A. Mohringer-Keller im Alb-Bote über die Fans. „Mini-Woodstock“, „Chaos mit 450 Leuten, die gleichsam aus dem Nichts auftauchten“, ist weiter in damaligen Zeitungsartikeln zu lesen.

Begeisterte Fans der Spätzünder bei deren Konzert im Ali-Theater in Tiengen vor Weihnachten 2018.
Begeisterte Fans der Spätzünder bei deren Konzert im Ali-Theater in Tiengen vor Weihnachten 2018. | Bild: Ursula Freudig

Die „Rock-Papas“ wie ein Journalist die Spätzünder einmal genannt hat, spielten sich an diesem Abend mit Coverversionen von bekannten Rock- und Bluesnummern der wilden 60er Jahre in die Herzen des Publikums. Mit Titeln von Elvis Presley, den Beatles und den Rolling Stones, von Jimmy Hendrix, Santana und vielen anderen ließen sie die Musikidole ihrer Jugendzeit hoch leben. Und mehr als das: Die Spätzünder brachten ein Stück des Lebensgefühls der 60er Jahre zurück, das von Aufbruch und Protest geprägt war. Nach dem „Berghaus“-Konzert folgten viele weitere umjubelte Konzerte in der Umgebung.

Wieder Open-Air-Konzert

Eines davon, im Juli 1989, war wieder ein Open-Air-Konzert. Dieses Mal in Gurtweil auf den Schlüchtwiesen beim Badenwerk. Hunderte von Besuchern mussten wegen eines schweren Gewitters länger unter Zeltplanen ausharren, bis die Spätzünder endlich loslegen konnten. Mit oder ohne Schuhe tanzten die Fans danach auf der völlig durchnässten und verschlammten Wiese ausgelassen zur Musik.

Heute

Die Begeisterung für die Spätzünder ist bis heute ungebrochen. Dies bei neuen Fans und vor allem bei denen, die mit den Bandmitgliedern älter geworden sind. Gewachsen ist unterdessen auch das Repertoire. Längst spielen die Spätzünder auch die großen Rock- und Blueshits der 70er, 80er und 90er Jahre. In der Besetzung gab es zwischendurch Wechsel. Klaus Herold, Gottfried Mutzke und Albrecht Eulenburg sind die drei Männer der ersten Stunde. Sie sind jetzt alle in den 70ern, fühlen sich aber besonders beim Musik Machen so jung und tatkräftig wie eh und je. Seit einiger Zeit neu in der Band sind Walter Werne am Bass und die Sängerin Jasmin Weißel-Schäuble.

Zurück in die Zukunft

Vor Corona waren die Spätzünder regelmäßig in der Region zu hören. Besonders ihre Vorweihnachtskonzerte im Ali-Theater dürften viele bestens in Erinnerung haben. Über eine Online-Plattform hat die Band in der Pandemie miteinander geprobt. Seit einiger Zeit treffen sich die Bandmitglieder wieder persönlich in ihrem Probenraum in Tiengen. Neue Stücke, beispielsweise von White Snake, Stevie Wonder, Deep Purple und Dire Straits werden aktuell eingeübt. Die Spätzünder hoffen, dass sie bald einen Veranstalter finden, der trotz Corona mit ihnen zusammen ein Konzert auf die Beine stellt – drinnen oder draußen. „Wir verfolgen keine finanziellen Interessen, aber wir brauchen Live-Auftritte und den Kontakt zu unserem Publikum“, sagt Klaus Herold.