Der Erweiterungsbau des Waldshuter Krankenhauses, das seit der Übernahme durch den Landkreis inzwischen als „Klinikum Hochrhein“ firmiert, nimmt ein Jahr seit dem Spatenstich am 22. September 2020 Ende dieses Monats seinen Betrieb auf. Der für 15,5 Millionen Euro dank Modulbauweise in Rekordzeit für eine Intensivstation mit 14 Betten sowie zwei weiteren Stationen mit jeweils 24 Betten errichtete viergeschossige Anbau ist die wohl letzte große Ausbauetappe des ehemals städtischen Spitals.

1411 gilt als Gründungsjahr des Waldshuter Spitals, das 1417 in Räumlichkeiten in der Rheinstraße beim Unteren Tor seinen Betrieb aufnahm. Allerdings bestand seine Aufgabe rund 400 Jahre lang allein in der Betreuung von alten wie auch armen Menschen. Seine Funktion als Krankenhaus begann das Spital erst ab dem 19. Jahrhundert auszuüben. 1858 vom Gründungshaus in der Rheinstraße in das ehemalige Kapuzinerkloster (heute Ärztehaus und Apotheke) umgezogen, begann die allmähliche Entwicklung mit der Betreuung von Kranken durch zunächst drei Ordensschwestern und einem in der Stadt praktizierenden Arzt. 1884 wurde das Spital zum ersten Mal durch einen Anbau erweitert und 1895 der erste hauptamtliche Spitalarzt angestellt.
Bis zu seinem ersten „richtigen Krankenhaus“ musste Waldshut bis in die 1920er Jahre warten. Die Impulse dazu gab der neugewählte Bürgermeister Dr. Paul Horster, der am 4. Januar 1924 sein Amt antrat. Die unzureichenden Verhältnisse im Spital im alten Kloster waren nicht mehr zu übersehen, zumal es über keinen Raum verfügte, der die inzwischen geltenden Voraussetzungen für eine Operation erfüllte. Die chemische Berufsgenossenschaft drohte, dem Haus die Unterstützung zu entziehen. Da endlich ging ein Ruck durch den Gemeinderat und den damals noch mitbestimmenden Bürgerausschuss. Der stimmte in seiner Sitzung vom 21. Oktober 1926 mit 50 gegen acht Stimmen der Übernahme einer Bürgschaft für den Bau eines neuen Krankenhauses zu.

Als Bauplatz wurde der westlich an das bisherige Spital anschließende Garten ausgewählt, der bis zum Gelände der damaligen evangelischen Kirche dem Spital gehörte. Den Architektenwettbewerb gewann der Architekt Professor Gisbert von Teuffel, der an der TH Karlsruhe unterrichtete. In der Öffentlichkeit fand die Auswahl des Bauplatzes zunächst wenig Zustimmung. Doch schließlich konnte am 14. Juni 1927 der erste Spatenstich getan werden. Die Grundsteinlegung durch Stadtpfarrer Bieser folgte am 25. September 1927. Die in den Grundstein eingelegte Urkunde wurde von Bürgermeister Dr. Horster und den Gemeinderäten Herzog, Nitsche, Mosetter, Leible, Weiser, Wasmer, Seißer und Chefarzt Dr. Josef Kirner unterschrieben, der 1926 als Nachfolger des langjährigen Spitalarztes Dr. Schleinzer seine so erfolgreiche Tätigkeit in Waldshut begann.
Gemessen an heutigen Baufortschritten machte der Neubau des neuen Krankenhauses einen gewaltigen Sprung. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit konnte das Haus am 15. Dezember 1928 eingeweiht werden. Entstanden war ein nach dem neuesten Stand der Medizin-Technik ausgestattetes Haus mit 150 bis 170 Betten in Zimmern mit jeweils vier oder sechs Betten, für Schwerkranke und Frischoperierte standen Ein- und Zweibettzimmer zur Verfügung. Neu hinzu kamen neben dem Operationstrakt unter anderem eine Entbindungsstation und eine Bäderabteilung. Der Aufgabenbereich des Hauses hatte sich erweitert, aus dem alten Spital war ein Bezirkskrankenhaus geworden. Mit dem Neubau und der Sanierung des alten Spitalbaus im ehemaligen Kloster machten der Spitalfonds als Träger des Hauses und die Stadt den entscheidenden Schritt in eine moderne Krankenhauswelt.
Mit einem Festakt vor dem neuen Haus und einem Festgottesdienst in der Spitalkapelle begannen die Einweihungsfeierlichkeiten. Bürgermeister Horster nannte das neue Krankenhaus „ein Werk aus einem Guss“. Etwas Großes sei geschaffen worden, allen Zweiflern zum Trotz. Gemeinderat Professor Wasmer gedachte des 70-jährigen Wirkens der „barmherzigen Schwestern“ im alten Spital und der Stühlinger Bürgermeister Maier gratulierte namens des Bürgermeistervereins des Landkreises der Stadt Waldshut zum neuen Haus. Fast zur gleichen Zeit war auch in Stühlingen ein neues Krankenhaus seiner Bestimmung übergeben worden. Beide neuen Häuser, so Maier, dürften keine Konkurrenten sein, sondern sollten im Geiste der Zusammenarbeit zum Wohle der Kreisbevölkerung geführt werden.
Eine neue Ära
Mit der Einweihung des neuen Hauses begann auch die äußerst erfolgreiche Chefarzt-Ära von Dr. Josef Kirner. Der Spitalfonds hatte dem damals 37-jährigen Chirurg, Frauenarzt und Röntgenologen 1926 die Leitung des alten 65-Bettenhauses übertragen, während der Neubau der Klinik bereits begonnen war. Kirner selbst setzte nach anfänglichen Widerständen durch, dass das neue Haus ein drittes Stockwerk erhielt, eine für die weitere Entwicklung der Klinik unter der rund 25 Jahre dauernden Leitung von Kirner folgerichtige Entscheidung. Bei seiner Ansprache zur Einweihung meinte Kirner, das Krankenhaus Waldshut sei nun aus dem alten Spital herausgewachsen und zu einer modernen Klinik geworden, die Kraft und Selbstvertrauen einer Stadt und ihrer Einwohner widerspiegele.
Die Feier
Für die offiziellen Einweihungsgäste klang der Tag mit einem Essen im Bahnhofhotel aus, zur Unterhaltung spielte die Streichmusikabteilung des Stadtmusik unter Leitung von Kapellmeister Bartelmeß. Und die Bevölkerung hatte an drei Tagen Gelegenheit, ihr neues Krankenhaus zu besichtigen.