Herr Straub, 14 Jahre lang haben Sie den Werbe- und Förderungskreis Waldshut (W+F) geleitet. Warum geben Sie dieses Amt nun ab?

Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich bin aber der Meinung, dass insgesamt 18 Jahre Vorstandsarbeit im Werbe- und Förderungskreis Waldshut genug sind und neue Gesichter an der Spitze unseres Vereins stehen sollten, damit ein neuer Wind weht. Dazu kommt, dass ich beruflich derart stark eingebunden bin, dass ich es in Anbetracht der Pandemie nicht mehr schaffe, mein Vorstandsamt so zu erbringen, wie ich es für mich persönlich erwarte, und der Lockdown hat mir gezeigt, dass es noch andere Dinge im Leben gibt, als drei bis vier Abende unter der Woche ehrenamtlich tätig zu sein.

Sie wurden 2007 zum Vorsitzenden gewählt, zuvor waren Sie bereits Vorstandsmitglied. Wie hat sich Waldshut aus Sicht des Vereins in dieser Zeit entwickelt?

Wir haben es bis zum Lockdown geschafft, die Stadt Waldshut für unsere Gäste und Kunden attraktiv zu halten und jedes Jahr durch kontinuierliche Veränderungen unseres Angebotes weiter zu entwickeln. Problematisch wurden in den letzten Jahren die Einschränkungen, wie Parkplatzprobleme, Brückensanierung und die schlechte Erreichbarkeit. Daran wird der neue Vorstand nach dem Lockdown intensiv arbeiten müssen. Unsere Innenstadt ist aber immer ein Ort der Kommunikation und Freude geblieben und insbesondere ein Platz, an dem man sich gerne zum Verweilen, Bummeln, Einkaufen und Konsumieren aufhält, was auch die kulturellen Veranstaltungen betrifft.

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Was waren die Höhepunkte in Ihrer Amtszeit und auf was blicken Sie weniger gern zurück?

Meine erste zu verantwortende Veranstaltung in Waldshut war der Eurovision Song Contest mit Max Mutzke 2004, als wir die Live-Übertragung mit 10.000 Fans in der Waldshuter Innenstadt organisiert haben. Das war damals für mich als „Neuer“ eine große Herausforderung. Ein Highlight war natürlich auch der Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, die wir über den W+F in der Waldshuter Innenstadt als Public Viewing veranstaltet haben. Zu nennen sind aber auch die vielen schönen Begegnungen mit Mitgliedern und Kunden bei anderen Veranstaltungen in der Kaiserstraße. Hier seien insbesondere die Modeschauen und die Filmnächte genannt. Ein Highlight ist für mich jedes Jahr unser Weihnachtsmarkt und ich denke gerne zurück, wie wir damals um das Zentrenkonzept gekämpft haben oder die Verlängerung der Fußgängerzone in der Marienstraße einweihen konnten. Feststellen darf ich für mich, dass es nichts gibt, auf das ich nicht gerne zurückblicken würde. Natürlich gibt es in einem Handels-/Gewerbeverein immer mal heftige Diskussionen, um die Interessen des Vereins zu vertreten. Das gehört aber dazu und macht auch seinen Reiz aus.

Als der W+F 1966 gegründet wurde, bestimmten die inhabergeführten Geschäfte das Bild in der Kaiserstraße und den angrenzenden Straßen und Gassen. Heute haben sich viele Ketten- und Nagelstudios darunter gemischt. Wie sehen Sie persönlich diese Entwicklung?

Waldshut ist für seine inhabergeführten und besonderen Geschäfte bekannt. Diese sind weniger geworden, wobei wir noch immer einen sehr guten Branchenmix unseren Gästen und Kunden anbieten können, ergänzt durch die hervorragende Gastronomie und Cafés. Mit den Ketten bin ich nicht unzufrieden. Es gibt viele für die Innenstadt wichtige Ketten, die auch Frequenz in die Innenstadt hineinbringen und somit eine gute Symbiose darstellen. Die Nagelstudios sind mir ein Dorn im Auge, die unser Stadtbild nicht verbessern. Dies betrifft aber nicht nur Waldshut, sondern viele andere Städte auch, und ich hoffe, dass sich dieses Phänomen irgendwann erledigen wird.

Ein Problem, das den W+F seit vielen Jahren unverändert umtreibt, ist die Verkehrssituation in und um Waldshut. Hat die Politik aus Ihrer Sicht zu wenig unternommen, um den Stau auf der B 34 und den Parkplatzmangel in der Innenstadt zu entschärfen?

Die Erreichbarkeit ist für einen Handelsstandort sehr wichtig. Dies stets und nachhaltig zu verbessern, sollte immer Ziel der Politik sein. Darauf haben wir als Verein auch immer hingewiesen, ein einheitliches Mobilitäts-/Verkehrskonzept angeregt und dies auch bereits gegenüber der Verwaltung und dem Gemeinderat gefordert. Auch ein drittes Parkhaus ist von uns immer angemahnt worden. Leider sind die intensiven Gespräche durch die Corona-Pandemie unterbrochen worden. Fakt ist, dass wir in Waldshut auf absehbare Zeit keine Umfahrung haben werden und auch keine großzügige und koordinierte Zollabwicklung. Problematisch ist hierbei insbesondere, dass wir als Verein keinen direkten Einfluss auf den Bau einer Autobahn oder Veränderung der Zollsituation haben und daher nur immer wieder fordern und mahnen können.

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Die seit rund eineinhalb Jahren andauernde Corona-Pandemie hat die Mehrheit der Mitgliedsbetriebe auf eine harte Probe gestellt. Seit einigen Wochen sind Handel und Gastronomie fast uneingeschränkt wieder geöffnet. Denken Sie, dass das Schlimmste nun überstanden ist?

Vielen Einzelhandelsbetrieben, Gastronomiebetrieben und Dienstleistern haben die unverhältnismäßigen Corona-Verordnungen stark zugesetzt. Inhaltlich, finanziell, wie auch mental. Diese Defizite einzuholen, wird für Handel, Gastronomie und die Dienstleister sehr schwer. Wir denken besorgt an eine vierte Coronawelle und die damit verbundenen Reaktivierungen von wieder einschränkenden Maßnahmen. Ich hoffe, dass das Schlimmste überstanden ist, befürchte aber, dass diese Pandemie uns noch lange beschäftigen wird.

Können Sie der Pandemie auch Positives abgewinnen?

Geschäftlich nein, lediglich hat die Digitalisierung durch die Pandemie einen Entwicklungsschub nach vorne genommen, wie zum Beispiel die eVerwaltung, Online-Termine oder das Homeoffice. Privat hat die Pandemie zum Nachdenken beigetragen und so manche Entscheidung für die Zukunft beeinflusst.

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Mit der gemeinsamen Willkommens-Kampagne haben die drei Gewerbevereine der Stadt bewiesen, dass sie erfolgreich zusammenarbeiten. Gibt es Bestrebungen, diese Kooperation zu vertiefen oder die Vereine sogar zu fusionieren?

Ich halte es für wichtig, dass die drei Gewerbevereine in der Stadt zusammenarbeiten. Wir ziehen alle an einem Strang und sehen, wie stark wir nach außen gemeinsam auftreten können. Es gab schon Überlegungen, ob und inwieweit sich die Gewerbevereine zusammenschließen. Ich bin aber der Meinung, dass es einer solchen Fusion nicht bedarf, weil jeder Stadtteil seine Besonderheiten und seine Geschichte hat, die er für sich alleine herausstellen kann und muss. Dafür bedarf es weiter der drei Vereine. Entscheidend ist, dass wir nach außen mit unseren Projekten als eine Einheit auftreten und unsere Region zusammen mit der Stadt Waldshut-Tiengen als Einkaufs- und Erlebnisstandort bewerben.

Geben Sie Ihren Nachfolgern einen Rat mit auf den Weg?

Ich muss dem neuen Vorstand keine Ratschläge geben. Zur Wahl stellen sich Thomas Wartner, Volker Seipp und Stefanie Kreß. Alle drei sind Vollprofis in ihrem Handwerk und auch schon einige Jahre im W+F dabei. Sie kennen sich bestens aus. Wichtig ist nur ein gewisses Maß an Gelassenheit, und man muss nicht jedem „Schreihals“ hinterher laufen.

Wie nutzen Sie künftig die Zeit, die Sie durch die Aufgabe des Amtes gewinnen?

Ich bin seit Juli 2021 Präsident des Lionsclub Waldshut. Dieses Amt bereitet mir viel Freude und wird mich das kommende Jahr gut beschäftigen. Im Übrigen möchte ich meine freien Abende mit meiner Familie und Freunden verbringen und auch mehr Sport treiben. Ich freue mich schon darauf.

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