Auf 25 Jahre Dienst am Menschen in der katholischen Kirche zurückblicken kann Ulrich Sickinger. Der im Waldshuter Pfarrhaus wohnende Pfarrer feiert am Pfingstsonntag sein Silbernes Priesterjubiläum. „Ich habe es nie bereut, Priester geworden zu sein“, sagt der Spätberufene. Aus dem kirchlich engagierten jungen Sickingerer war Ministrant und in der Pfarrjugend seiner Heimatgemeinde- war zunächst ein Groß- und Einzelhandelskaufmann geworden. Der Gedanke Priester zu werden, hätte ihn aber nicht losgelassen.
Nach der Ausbildung und dem Grundwehrdienst holte er das Abitur nach. Mit 26 Jahren begann er sein Theologie-Studium. Auf seinem Lebensweg als Pfarrer erlebte er große Veränderungen.

Diakone und Vikare, die seinen Vorgängern noch an der Seite standen, gab es für ihn in Waldshut nicht mehr. „Immer mehr stürzte auf mich ein, vor allem organisatorische, administrative und Verwaltungsaufgaben, ich wurde immer mehr Manager und für das Seelsorgerische blieb immer weniger Zeit“, blickt Sickinger zurück.
Belastung fordert seinen Preis
Die Belastungen und die Verantwortung in Verbindung mit seinem – wie er sagt – eigenen Anspruch, allem gerecht zu werden, wurden zu groß.
Sein Körper und seine Psyche zogen die Notbremse. Burnout war die Diagnose.
Von September 2020 bis April 2021 war Ulrich Sickinger krankgeschrieben. Als er nach seiner Rückkehr in der Liebfrauenkirche seinen ersten Gottesdienst hielt, klatschte die Gemeinde – für Sickinger ein einzigartiges und heute noch berührendes Erlebnis.

Unter seiner Regie wurde in den letzten Jahren viel in der Seelsorgeeinheit Mittlerer Hochrhein St. Verena bewegt und erreicht. Die Sanierung der Tiengener Mariä Himmelfahrt Kirche ist weit fortgeschritten und die neue Orgel in Arbeit, die Dachstuhlsanierung der Liebfrauenkirche ist abgeschlossen und drei neue Glocken hängen in ihrem Turm.
An ihre feierliche Weihe vergangenen September erinnert er sich mit Freude. Sehr zu schaffen macht ihm hingegen das Aus des Tiengener Altenpflegeheims St. Josef: „Im Stiftungsrat haben wir alles getan, was möglich war, es tut mir leid und immer noch weh, dass wir die Schließung nicht verhindern konnten.“
Kritik am Erzbistum Freiburg
Enttäuscht ist er in diesem Zusammenhang über das Agieren des Erzbistums Freiburg: „Man hat uns häufig allein gelassen.“ Auch in einer anderen Sache kann er das Vorgehen des Erzbistums nicht nachvollziehen.

Über Dritte musste er nach seiner Aussage erfahren, dass der Leiter der neu entstehenden großen Kirchengemeinde „An der Wutach“ ins Waldshuter Pfarrhaus einziehen soll und seine eigene Zukunft ungewiss ist. „Es würde mich sehr treffen, weggehen zu müssen, hier kenne ich die Menschen, hier habe ich meine Freunde.“
Mit Blick auf seine bisherigen Erfahrungen hat Ulrich Sickinger bewusst keine Leitungsfunktion in der kommenden Kirchengemeinde angestrebt. Sie wird nach seiner Aussage mit rund 44.000 Mitgliedern fast vier Mal so groß sein als die jetzige Seelsorgeeinheit. „Wenn die Menschen vor Ort Ansprechpartner haben und es genügend Ehrenamtliche gibt, die mitarbeiten, kann es dennoch was werden“, sagt er. Dass er die Etablierung der neuen, großen Kirchengemeinde als vorrangig seelsorgerisch tätiger Pfarrer unterstützen kann, ist seine Hoffnung und sein Wunsch.