Eine Zäsur hat die Bürger- und Narrenzunft 1503 Tiengen bei ihrer jüngsten Hauptversammlung erfahren: Ralf Siebold, der 13 Jahre lang Zunftmeister war, übergab die Amtsgeschäfte an Tobias Fritz, den die Mitglieder bei der Sitzung im evangelischen Gemeindesaal mit großer Mehrheit zum neuen Vorsitzenden des Traditionsvereins wählten.
„Man soll aufhören, solange man noch Freude an der Arbeit hat“, begründete Siebold auf Nachfrage dieser Zeitung, warum er nicht mehr kandidiert hatte. Zudem sei er froh, dass mit Tobias Fritz ein Nachfolger parat stand. Dies könne bei den nächsten Vorstandswahlen in vier Jahren anders aussehen.
Es war die erste Zunftversammlung der Bürger- und Narrenzunft Tiengen nach zweieinhalb Jahren Coronapause. Zwar habe es während der Pandemie etliche Online-Termine gegeben, doch können diese aus Sicht des scheidenden Zunftmeisters keine Präsenztreffen ersetzen. „Ich kann Skype nicht mehr sehen. Über den Computer gibt es keine wirkliche Interaktion und keine Emotionen“, erklärte Siebold.
Das Vereinsgeschehen während der vergangenen zweieinhalb Jahre hatte sich weitgehend auf zwei Schwyzertage im Kleinformat mit Festgottesdienst und Gelöbnis sowie auf die Fasnacht 2022 beschränkt, die ebenfalls nur im kleinen Rahmen stattfand.
Schwyzertag vom 1. bis 4. Juli
Mit Aufhebung der Corona-Beschränkungen richtet die Bürger- und Narrenzunft nun den Blick nach vorn. „Wir wollen wieder Schwyzertag und Fasnacht feiern“, betonte Ralf Siebold. Das Tiengener Heimatfest steht unmittelbar vor der Tür: Vom 1. bis 4. Juli verwandelt sich das Städtle in eine große Bühne für Trachtenträger und Menschen in Feierlaune.
Auch die Vorbereitungen für das Hochrhein-Narrentreffen der fünf Waldstädte, das am 11. und 12. Februar 2023 in Tiengen stattfinden soll, wurden inzwischen wieder aufgenommen, nachdem Corona der für 2021 geplanten Veranstaltung einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Ralf Siebold dankte der Narro-Altfischerzunft Laufenburg, dass sie ihren eigenen Termin zugunsten der Tiengener Narrenfreunde verlegt hat. „Das ist ein feiner Zug“, freute sich der alte Zunftmeister.
Auch die Leiter der einzelnen Gruppen der Bürger- und Narrenzunft ließen in ihren Berichten die vergangenen zweieinhalb Jahre Revue passieren. „Wir machen aus allem immer das Beste“, erklärte Beate Lehmann, Leiterin der Historischen Trachtengruppe. So habe die Gruppe mangels Veranstaltungen Videos von früheren Auftritten in einer Chatgruppe geteilt.
Die Kassenprüferinnen Anette Walde und Gerda Wenz bescheinigten Säckelmeister (Kassierer) Uli Jahn eine einwandfreie Kassenführung. Trotz eines Defizits erklärte Ralf Siebold mit Blick auf die Coronazeit: „Wir sind froh, dass wir recht gut durchgekommen sind.“
Freundschaft ist das Wichtigste
Bevor die Mitglieder einen komplett neuen Vorstand wählten, zog Siebold ein Resümee unter seine 13 Amtsjahre als Zunftmeister, die unter anderem ein Hochrhein-Narrentreffen und einen Konvent der Waldstädte in Tiengen, elf große und zwei kleine Schwyzertage, zwölf Fasnachtskampagnen und etwa 500 Sitzungen beinhaltet haben. „Außerdem habe ich viele Freunde gewonnen, und das freut mich am allermeisten“, erklärte er.

Bei den Wahlen unter der Leitung von Oberbürgermeister Philipp Frank wurde Tobias Fritz zum Zunftmeister bestimmt. Ihm zur Seite steht künftig Vizezunftmeister Ralf Kögel. Für die Schaffung dieses neuen Postens stimmten die Mitglieder in der Sitzung einstimmig einer Satzungsänderung zu. Als Zunftschryber wurde Marc Schärer gewählt. Er folgt auf Manuela Boll, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr kandidiert hatte. Wiedergewählt wurde Stubenmeisterin Heidi Maier.
Anette Walde und Tatjana Merk wurden gewählt als Kassenprüferinnen, Uli Jahn als Säckelmeister, Oliver Stanik als Kulturbeauftragter und Simone Mutter als Organisationsleiterin sowie Susanne Franz, Rolf Krämer und Raymund Dudek als Beisitzer. Über die Ehrungen werden wir gesondert berichten.

Oberbürgermeister Philipp Frank dankte Ralf Siebold für insgesamt drei Jahrzehnte Einsatz für die Bürger- und Narrenzunft. „Das hast Du für Tiengen, für die Heimat gemacht“, sagte er an den langjährigen Zunftmeister gerichtet. Die Mitglieder zollten Siebold stehend Beifall. Ehrenzunftmeister Albert Ebner sagte: „Ich hoffe, dass Ralf uns künftig mit Rat und Tat erhalten bleibt.“
Kindheitswunsch Zunftmeister
Der neue Zunftmeister Tobias Fritz zeigte sich nach den Wahlen sichtlich gerührt: „Als das Ergebnis feststand, wusste ich nicht, wohin mit meinen Emotionen“, sagte er. Sein neues Amt erfülle ihn mit großem Stolz. Zudem gehe für ihn ein Kindheitswunsch in Erfüllung. Künftig wolle er bei der Bürger- und Narrenzunft Tiengen „noch mehr das Gemeinschaftsgefühl in den Vordergrund rücken“.