Es schimmert golden in der Wehra. Unweit der Brücke bei der Todtmooserstraße liegt seit einigen Tagen ein Gesteinsbrocken, der aufgrund seiner edelmetallenen Farbe aus dem Flussbett heraussticht. Ein verloren gegangener Schatz der Flusspiraten ist es nicht. Es handelt sich um ein Kunstprojekt, das auf den wahren Schatz der Stadt aufmerksam machen will: Der Fluss, also die Wehra selbst.
Das „Wehragold“ steht symbolisch für den natürlichen Reichtum der Wehrer Flusslandschaft, zugleich ist das Werk als Kritik am Umgang mit der Natur zu verstehen. Denn das Potential, das die Wehra für die Menschen und die Lebensqualität in Wehr bietet, werde verkannt – meint H. Tronje, der hinter dem Kunstwerk steckt und bis auf seinen Namen anonym bleiben möchte.
Mit ausgebesserten Uferwegen, zugänglichen Buchten oder kleinen Badestellen könnte die Wehra leicht einen aktiven und gestalterischen Part im Stadtgeschehen einnehmen. „Währenddessen wird bei uns die Chance vergeben, die Westseite der Wehra in das neu entstehende Viertel auf dem abgerissenen Brennet-Areal zu integrieren. Ich bin an einem anderen Fluss groß geworden, die Nähe dazu und der Zugang zu diesem als Naherholungsgebiet – das vermisse ich in Wehr“, sagt der Künstler über seine persönliche Motivation das „Wehragold“ zu installieren.
Der große, leuchtende Stein ist aber kein bloßes Statement. Nicht zuletzt durch die fehlende Signatur steht das „Wehragold“ ganz für sich selbst. Es irritiert und fordert zugleich seine Betrachter zum Nachdenken auf. Darin liegt der Mehrwert von Kunst, was auch das „Wehragold“ für sich in Anspruch nimmt, wie sein Schöpfer erklärt: „Die Kunstinstallation soll die Menschen über die geweckte Emotion erreichen. Ein kurzes Innehalten, ein Stehenbleiben im Alltag beim Weg zum Einkauf, ein Lächeln, wenn man das riesige Nugget dort sieht.“ Für H. Tronje liegt in diesem Moment eine Wirkungsmacht, die andere Formen von Protest nicht leisten können: „Das schafft kein Antrag oder Leserbrief.“
In diesem Jahr, indem die Wehra im Zuge der Staubecken-Sanierung, verstärkt im Fokus der Öffentlichkeit stand, öffnet das „Wehragold“ also eine weitere Perspektive – die durchaus ebenso kritisch gesehen werden kann. Immerhin kommt der Fluss hier mit Farbstoff in Berührung. Wie das „Wehragold“ schließlich rezipiert wird, ist für H. Tronje zweitrangig. Ihm geht es darum, dass überhaupt eine Auseinandersetzung stattfindet. „Es würde mich freuen jegliche Art der Diskussion hervorzurufen.“