Wehr Der Solist wurde umjubelt. Hellauf begeistert reagierten die zahlreichen Besucher auf den Auftritt des aus Schopfheim stammenden Geigers Gregor Hänßler. Als der 28-Jährige nach den verschiedenen Konzerten der „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi nach den letzten Takten eines klirrenden Winters am Ende den Bogen senkt, brandet im Saal der Stadthalle Wehr stürmischer Beifall auf. Er gilt der bravourösen Leistung dieses jungen Violinsolisten, der zusammen mit dem Oberrheinischen Sinfonieorchester Lörrach eine Interpretation dieses populären und viel gehörten Vivaldi-Bestsellers hinlegt, die fesselnd, farbig und faszinierend war.
Die „Jahreszeiten“-Konzerte des großen Venezianers Vivaldi sind an Beliebtheit und Häufigkeit der Aufführung nicht zu überbieten; aber das in Lörrach beheimatete Sinfonieorchester hat für diesen Hit der Barockmusik einmal die klassisch-romantischen Pfade verlassen und schwelgt in der barocken Klangfreude dieser feurigen „Italianità“. Tonmalerisch fegt der Wind über die winterliche Eislandschaft, der Sommersturm tobt über alle Saiten, derb wird zur Jagd gerufen, und die Betrunkenen dösen nach der Ernte vor sich hin. Eine sprechende Musik, echte Klangrede, und so auch von Siping Wang am Dirigentenpult umgesetzt: als wahres Hörerlebnis.
Der in Freiburg lebende, sehr dynamisch agierende Chef des Orchesters arbeitet bei straffen Tempi die Satzcharaktere der Jahreszeiten prägnant heraus. Sein Vivaldi klingt saftig, lebendig, bildhaft und anschaulich. Und Gregor Hänßler, dieser ambitionierte und auch in der Barockmusik firme Geigenvirtuose, legt dazu einen sportiv-rhythmischen Drive vor. Da musste also gar nicht historisierend in tieferer Stimmung gespielt werden, obwohl durchaus historisch gut informiert, allein schon durch Hänßler, der Barockgeige studiert hat und sich perfekt in den barocken Spieltechniken wie den Phrasierungen und dem Bogenvibrato auskennt und mit kürzerem Barockbogen spielt.
Aber auch durch die feinnervige und nuancierte Cembalo-Continuobegleitung des Freiburger Musiklehrers Adhi Jacinth Tanumihardja kommt etwas barocker Originalklang in die Aufführung. In diese Naturbilder hinein fand man auch durch die von Sprecher Helmut Bertelmann vorgetragenen Sonette. Das Orchester musiziert ausdruckserfüllt im Streicherklang und mit viel Spielkultur – eine unerhört lebendige Musizierleistung. Da hat sich also ein Sinfonieorchester aus der Region als berufene Vivaldi-Interpreten empfohlen. Und man kann nur ausrufen: Viva Vivaldi, Bravo Gregor Hänßler!
Nach dieser umjubelten Aufführung bei den Schlosskonzerten ging es nach der Pause, durch sieben Bläser verstärkt, weiter mit Franz Schuberts fünfter Sinfonie, einer musikalischen Hommage à Mozart. Oder anders gesagt: Wolfgang Amadeus Mozart auf die Art und Weise Schuberts. Auch hier wurden Siping Wang und die Seinen bis hin zum „Kehraus“-Finale von der Leichtigkeit der Musik animiert und hoben mit einer flüssigen, fast schon als leicht beschwingt zu bezeichneten Gangart ab. Da wehte sowohl ein mozärtlicher als auch schubertischer Musiziergeist durch den Saal: eine romantische Schubertiade.
Das lesen Sie zusätzlich online: So klingt es, wenn Gregor Hänßlers Modulor Quartet auftritt:
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