Nach mehr als 12 Jahren habe der Wehrer Gemeinderat auf Empfehlung der Stadtverwaltung den Ausstieg der Teilnahme am European Energy Award beschlossen. Stattdessen sollen die Stadträte zukünftig einmal im Jahr, und zwar im Herbst, darüber entscheiden, welche klimaschützenden Maßnahmen im darauffolgenden Jahr umgesetzt werden. Dabei helfe die Energieagentur Südwest mit einem fortgeschriebenen Klimaschutzkonzept und einem Katalog an Maßnahmen.

Für den Austritt aus dem europäischen Zertifizierungs- und Qualitätsmanagementsystems zur Energieeffizienzoptimierung der Kommune Wehr und dem damit verbundenen European Energy Award (EEA) stimmten in der jüngsten Ratssitzung alle anwesenden 15 Stadträte. 2021/2022 war Wehr neben anderen Gemeinden offiziell für den „EEA“ zertifiziert und hatte den Award in Silber gewonnen. Nach fast zehn Jahren Teilnahme folgt nun der Ausstieg.

Gemeinderat einig: EEA sorgt für zu viel Bürokratie

Zu hohe Kosten, zu bürokratisch, teilweise überholt, zu wenig Nutzen seien nur einige Gründe die Teilnahme am European Energy Award zu beenden. Bürgermeister Michael Thater und sein Stellvertreter Paul Erhart, der nie ein Freund der Zertifizierungsverfahrens war, sind sich hier einig. Die Bemühungen der Stadt hinsichtlich Energieeffizienz und Klimaschutz in den letzten Jahren trugen keine Früchte und „ließen sich nicht ins Schema des EEA abbilden“, heißt es von Seiten der Stadt. Dass beispielsweise der Ausbau des Nahwärmenetzes 2015 in Wehr beim Punktesystem des EEA „aus formalen Gründen“ nicht berücksichtigt wurde, ärgerte Michael Thater. „Viele Gemeinden steigen gerade aus dem EEA wieder aus. Zuletzt Schopfheim“, sagt der Bürgermeister.

Um weiter Treibhausgasemissionen einzusparen und mehr erneuerbare Energien zu nutzen, sei es wichtig, so Bürgermeister Michael Thater, dass es weiter ein allgemeingültiges städtisches Energie- und Klimaschutzkonzept gebe. Dieses solle als Grundlage für die Klimaschutzarbeit der Stadt Wehr dienen und fortgeschrieben werden. „Wichtig sei, was hinten rauskommt“ zitierte Thater Helmut Kohl in diesem Zusammenhang.

Wärmeplanung erhält mehr Gewicht

Die Stadtverwaltung, mit Klimaschutzmanager Sven Geiger, erarbeitete die letzten Monate gemeinsam mit der Energieagentur Südwest ein neues Konzept. Grundlage waren Daten aus der bereits veröffentlichten kommunalen Wärmeplanung Wehrs, die sich bereits mit einsparenden Potenzialen im Bereich Wärme, Strom und Mobilität beschäftigt. Vorab wurde das neue Energie- und Klimaschutzkonzept 2025 den Rätinnen und Räten zur Sichtung geschickt. In der jüngsten Sitzung stimmten dann neun der 15 Stadträte für die Fortschreibung. Dagegen stimmten vier, mehrheitlich aus der Reihe der CDU-Fraktion. „Mein Segen kriegt das Ding nicht“, sagte Stefan Tussing. Es gab zwei Enthaltungen.

Im neuen Konzept vorgeschlagene Maßnahmen seien beispielsweise der Ausbau des ÖPNV, die Förderung der E-Mobilität, die Anbindung ans Nahwärmenetz. Im Hinblick auf das Klimaziel im Jahr 2040 müsse Wehr die nächsten Jahre beim Energieverbrauch privater Haushalte genauer hinschauen, gab Münster zu bedenken. Hier gebe es nach wie vor zu hohe Treibhausgasemissionen aus fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas. „Die energieeffiziente Sanierung von Bestandsgebäuden sowie der weitere Photovoltaik-Ausbau auf Dächern müsse weiter im Fokus stehen“, so der Energieexperte.

„Der Gemeinderat ist zukünftig bei Energiethemen mehr gefragt“, sagte Jan Münster von der Energieagentur Südwest. Wenn im Herbst über den Haushaltsplan und die Verteilung von Geldern diskutiert werde, müsse der Gemeinderat auch über Kosten zur Umsetzung klimaschutzrelevanter Maßnahmen entscheiden.