Das weinende Auge wird es bei Klaus Haschlar sicher auch geben, wenn er am 12. Dezember zum letzten Mal die Türe hinter seinen Gästen schließt. Diese werden ihm fehlen, schließlich war er immer gerne für sie da, wie er sagt. Doch sein Tränenfluss wird sich in Grenzen halten, denn der Wirt und gelernte Koch hat gute Gründe, warum er aufhört.
Knie machen nicht mehr so mit
Da sind einmal die 36 Jahre, in denen er das Alet-Stüble führte, und dann die insgesamt 52 Jahre, die er in der Gastronomie gearbeitet hat. Das Rentenalter hat er auch schon erreicht. Beim Stichwort Alter stellt sich die Frage nach der Gesundheit. Die Knie seien es, die nicht mehr so mitmachen, sagt der 66-Jährige. Der ganze Tag auf den Beinen und der Gang in den Keller seien anstrengend. Aber da er nicht nur jammern möchte, hat er auch etwas getan: nämlich 20 Kilogramm abgespeckt, wie Klaus Haschlar zufrieden erzählt.
Für das lachende Auge gibt es noch mehr gute Gründe. „Hätte ich geahnt, dass wir wegen der Corona-Pandemie sieben Monate zu haben müssen, hätte ich davor aufgehört“, erklärt er. Außerdem trifft ihn, wie so viele seiner Kollegen, der Personalmangel. Viele Hilfskräfte haben sich während des Lockdowns erfolgreich anders orientiert und fehlen nun. Glücklicherweise hat er in Ehefrau Claudia Geiß eine tatkräftige Unterstützung im Service.
Keine Angst vorm Ruhestand
Betroffen machen Klaus Haschlar die heftig gestiegenen Lebensmittelkosten. „Wir müssten so ein digitales System wie an den Tankstellen haben und jeden Morgen die aktuellen Tagespreise eingeben“, sagt er ziemlich angefressen. „Auch Öl, Gas und Strom werden immer teurer“, ergänzt er. „Aber das war nicht der Grund“, betont er.
Haschlar ist überzeugt, dass er den Übergang vom umtriebigen Wirt zum Hausmann problemlos schaffen wird. Ehefrau Claudia will weiterhin arbeiten. Sie hat bei befreundeten Wirtsleuten der Krone in Ermatingen eine Arbeitsstelle gefunden. „Klaus fährt sehr gerne Auto“, sagt sie lachend. Daher werde er sie immer zur Arbeit bringen und wieder abholen.
„Außerdem werde ich für sie kochen, wenn sie abends heimkommt“, verspricht Haschlar. „Mein Herz hängt dran“, ergänzt er. „Er ist ein guter Hausmann“, lobt Claudia Geiß. „Es gibt einen kleinen Rollentausch“, fügt sie schmunzelnd hinzu.
„Ich werde nicht Däumchen drehen, aber der Druck ist weg. Ein Hobby habe ich nicht. Ich hatte nie Zeit dafür. Ich werde mir aber auch keines suchen“, erklärt Klaus Haschlar.
Begonnen hat alles auf der Reichenau
Sollte er gefragt werden, ob er in der Krone aushelfen könne, würde er sich nicht sperren, bekräftigt er. „1969 habe ich mit 14 Jahren meine Lehre zum Koch begonnen“, erzählt Klaus Haschlar. Das war im Löchnerhaus auf der Reichenau. Nach Abschluss der Kochlehre schloss er noch eine Ausbildung zum Kellner an. Vom See ging er dann weg nach Bayern, über Bad Liebenzell gelangte er schließlich an die Ostsee.
1977 zog es ihn wieder zurück an den Bodensee. Bis 1985 war er im Strandcafé auf der Mettnau Küchenchef und bildete den Nachwuchs aus. „Im Januar 1986 habe ich mich hier selbstständig gemacht. Der Gedanke war schon immer da“, erzählt er. „Ich bin in Allensbach groß geworden und hatte daher einen Heimvorteil“, sagt er rückblickend. Den bis dahin bekannten Restaurantnamen Engel wollte er nicht weiterführen. Auch wenn er kein reines Fischrestaurant führen wollte, wählte er den Namen Alet für sein Stüble. „Weil es das Wappentier von Allensbach ist“, erläutert er.
Bewunderung für Trümmerfrauen
Dass Haschlar den Wert des Essens im Allgemeinen zu schätzen weiß, lässt sich einem Satz entnehmen, der im Gespräch eher am Rande fällt: „Ich bewundere die Trümmerfrauen, die aus fünf Kartoffeln sechs Essen gemacht haben.“ Im Speziellen setzt er dann seine persönlichen Ansprüche hoch an, denn einen Koch eingestellt habe er nie. „Ich habe immer selbst gekocht, und so war die Qualität immer gleich“, betont er.
„Er ist bekannt als Soßenkönig“, erzählt Claudia Geiß. „Ich wurde extrem bei den hausgemachten Eierspätzle“, fügt er angesichts seines Rezepts an.Und seine Ehefrau bekräftigt: „Die Kinder lieben sie!“ Als er ansetzt, die Zutaten zu verraten, schreitet sie ein: „Du willst doch dein Rezept nicht verraten.“ „Doch“, widerspricht er und zählt auf: „Auf ein Kilogramm Mehl kommen 13 ganze Eier, 60 Eigelb, Salz, Muskat und kein Wasser. So werden sie richtig gelb.“

„Ich putze jeden Morgen meinen Salat. Auch Kräuterbutter mach‘ ich selbst“, berichtet Klaus Haschlar. Weinbergschnecken gibt es bei ihm als Vorspeise. „Warum soll es die nur nach Fasnacht geben“, fragt er rhetorisch. Auch auf seine überbackene Zwiebelsuppe ist er sehr stolz. Argentinisches Rindfleisch kommt beim ihm nur auf den Tisch, wenn es lange genug abgehangen ist und dann eingelegt war.
Zum Abschied werden noch einmal Wünsche erfüllt
„Was mir nicht schmeckt, geht auch nicht raus“, sagt er nachdrücklich. „Es ist alles mit Liebe gemacht. Der Gast soll rausgehen und sagen, es war seinen Preis wert“, beschreibt Haschlar seinen Anspruch. Die Stammgäste wissen es sicher, aber es soll trotzdem erwähnt werden: Wer noch ein letztes Mal ein bestimmtes Gericht vom scheidenden Wirt gekocht haben möchte, kann es sich wünschen – auch wenn es nicht mehr auf der Karte steht, verspricht Klaus Haschlar.