Es ist Abend, als die beiden Fußballerinnen Laeticia Tyla (17) und Paula Meßmer (14) zum Gesprächstermin am Engener Schulverbund kommen. Vorher haben die beiden auch kaum Zeit für einen solchen Termin, denn nachmittags steht fast täglich Training auf dem Programm. Denn sie sind auf dem Weg, das zu erreichen, wovon viele träumen: eine Profi-Karriere. Wie sie vom Hegauer FV zu den Grashoppers Zürich beziehungsweise zur deutschen U15-Nationalmannschaft kamen, erzählen sie gemeinsam mit Trainer Daniel Jedlicka.
Für Laeticia Tyla war es diese Saison ein riesiger Sprung vom Hegauer FV, wo sie in der Oberliga gespielt hat, zur U20-Frauenmannschaft der Grashoppers Zürich, die in der Schweizer Women‘s Super League spielen. Und dabei blieb es nicht. Nach einigen Spielen wechselte sie direkt in die erste Frauenmannschaft der Grashoppers. Leider musste die Engenerin gleich im ersten Spiel einen Tiefschlag hinnehmen, denn sie zog sich einen Bänderriss zu und muss derzeit pausieren.
In der Pause und trainiert sie die Juniorinnen
Für Laeticia Tyla ist das aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Ganz im Gegenteil, sie nutzt die Zwangspause und trainiert gerade die Juniorinnen beim Hegauer FV. „Sie ist zwar weg, aber doch da“, fasst es Trainer und HFV-Vorstandsmitglied Daniel Jedlicka zusammen. Er kennt Laetitia Tyla, seit sie im Alter von vier Jahren mit dem Kicken beim Hegauer FV angefangen hat.
Mit dem Wechsel von Engen nach Zürich hat sich das Leben der Gymnasiastin maßgeblich verändert. Sie trainiert seitdem viermal die Woche in Zürich, wohin sie von ihren Eltern gefahren wird. Am Wochenende stehen Spiele auf dem Terminplan der 17-Jährigen. Ihre Schulaufgaben erledige sie meist im Auto auf ihrem Tablet-Computer. „Ich fehle auch immer wieder in der Schule“, erzählt sie. Sie ist froh darüber, dass sie von ihrer Schule viel Unterstützung für ihren Sport bekommt.
Unterstützung der Eltern ist ganz wichtig
„Am Anfang war das alles ein bisschen viel. Ich wusste auch noch nicht, wie ich damit umgehen muss“, gibt die Jugendliche zu. Aber das Vertrauen, das sie in Zürich bekommen habe, sei eine große Bestätigung für sie. Und dann sind da noch ihre Eltern, auf die sie bauen kann: „Meine Eltern unterstützen mich von Tag eins an.“
Sportlich ist ihr großes Vorbild die kroatische Nationalspielerin Ana Maria Marcovic. Auch die 17-jährige Engenerin möchte einmal in der Frauen-Nationalmannschaft spielen und einen Profivertrag in einem höherklassigen Verein haben, erklärt sie ihr persönliches Ziel. „Außerdem möchte ich menschlich dazulernen und auch auf Trainerseite“, sagt Tyla bestimmt.
Paula Meßmer wohnt in der Nähe von Bonndorf und ist erst vor vier Jahren von ihrem Heimatverein zum Hegauer FV gewechselt. Jetzt spielt die 14-Jährige als Stammspielerin bei den B-Juniorinnen in der Oberliga, die zwischen 15 und 16 Jahre alt sind. Für jedes Training in Engen nehmen sie und ihre Eltern eine Fahrtzeit von 45 Minuten auf sich. In der vorigen Saison habe sie hier die meisten Tore geschossen, weiß Trainer Daniel Jedlicka zu berichten. „Sie hat ein sehr gutes Gespür dafür, wohin der Ball kommt“, lobt Jedlicka und betont ihre wichtige Funktion innerhalb der Mannschaft.
Ein Anruf von der Nationalmannschaft
Die Neuntklässlerin aus dem Schwarzwald überzeugt aber nicht nur beim HFV, sondern zuletzt auch bei einem Sichtungslehrgang in Gutach. Danach wurde die 14-Jährige in die U15-Nationalmannschaft berufen. „Ich hab‘ mich schon gefreut“, erinnert sie sich, „aber ich war auch aufgeregt.“ Noch am selben Tag hieß es Koffer packen, nach Frankfurt fahren und dann mit der Nationalmannschaft nach Portugal reisen. Dort war Paula Meßmer neun Tage lang und absolvierte Spiele gegen Belgien, Portugal und Spanien.

Wie Laeticia Tyla geht auch Paula Meßmer noch zur Schule. Ihr nächstes Ziel ist es, die zehnte Klasse hinter sich zu bringen und die mittlere Reife zu machen. „Es gibt viele Unterstützungssysteme für die Schule ab dem Kaderstatus Nationalmannschaft“, vermittelt Paula Meßmer. Das mache den Spagat zwischen Schule und Leistungssport ein wenig einfacher. Wenn sie in die Zukunft blickt, hat sie ähnliche Vorstellungen wie ihre Vereinskollegin: „Ein Profivertrag wäre schon cool.“
Es braucht auch ein bisschen Glück
„Talent und Disziplin ist eins, es ist aber auch immer Glück dabei“, so Trainer Daniel Jedlicka. Um im Kader der Nationalmannschaft spielen zu können, müssten sich die Spieler immer wieder aufs Neue beweisen. Auf die Frage, ob sie Druck verspüre, hat Paula Meßmer eine sehr pragmatische Antwort: „Nein, ich spiele halt.“
Blöde Kommentare von männlichen Spielern können die beiden Mädels gut ab. „Wenn man denen zeigt, dass man gleich gut ist oder sogar besser, dann sagen sie nicht mehr so viel“, beschreibt Laetitia Tyla und lacht.
Was bei Mädels klappt, soll auch für Jungs geändert werden
Der Hegauer FV ist stolz auf seine erfolgreichen Spielerinnen. „Wenn jemand Potenzial hat, dann fördern wir das. Wir dürfen den Mädels nichts in den Weg legen“, so die tiefe Überzeugung von Trainer Jedlicka. Die Frauenabteilung im Verein ist sehr erfolgreich und wächst stetig. Wo vor sieben Jahren noch 18 Juniorinnen gespielt haben, sind heute 80 Mädchen und junge Frauen in sieben Jahrgängen aktiv. „Vor fünf Jahren haben wir ein paar Entscheidungen im Frauenbereich getroffen, die gut waren“, so Jedlicka.
Der Verein möchte das Prinzip jetzt auch auf die Jungs umlegen. Dafür sollen die Mannschaften durchlässiger werden, also weniger strikt auf das Alter geschaut werden. „Das ist wichtig für die Talentförderung“, so Jedlicka. Viel Potenzial sieht er auch durch das neue Vereinsgelände in Welschingen, das den Verein auch nach außen attraktiv mache. „Ein gescheites Gelände gehört zu einer guten Ausbildung dazu.“