Wenn der Gemeinderat Gaienhofen möchte, dass auf den örtlichen Straßen langsamer gefahren wird, ist das nicht so einfach. Ein entsprechender Beschluss fiel schon vor einem Jahr. Doch um auf Land- und Kreisstraßen von Tempo 50 abweichen zu können, bedarf es vor dem Landratsamt Konstanz stichhaltiger und rechtlich abgesicherter Gründe. In einer Informationsrunde im Bürgerhaus stellten der Leiter des Straßenverkehrsamts beim Landratsamt, Michael Greineck, und der Bürgermeister von Gaienhofen, Jürgen Maas, die Möglichkeiten vor. Am Dienstag, 6. Mai, entscheidet dann der Gemeinderat, welche Vorgehensweise am besten ist.

Denn denkbar ist, in bestimmten Abschnitten Tempo 30 einzuführen. Weit umfassender wäre aber, einen Lärmaktionsplan anzugehen, der generell Tempo 40 bringen könnte, so Maas.

Für weniger Tempo braucht es mehr Ausnahmen

Der Gemeinderat beschloss im April vergangenen Jahres eine Reduktion der Geschwindigkeit auf Tempo 30 oder 40 auf den Landes- und Kreisstraßen in den Ortschaften – „insofern es rechtlich möglich ist“, informierte Bürgermeister Jürgen Maas auf der Versammlung vor 60 Bürgern.

Im Bürgerhaus Gaienhofen stellten der Leiter des Straßenverkehrsamts beim Landratsamt, Michael Greineck (links), und Bürgermeister ...
Im Bürgerhaus Gaienhofen stellten der Leiter des Straßenverkehrsamts beim Landratsamt, Michael Greineck (links), und Bürgermeister Jürgen Maas, Möglichkeiten vor, um die Geschwindigkeit in den Ortschaften zu reduzieren. | Bild: Georg Lange

Für eine Abweichung brauche es zum Beispiel den Schutz vor Lärm, den Status der Gemeinde als Erholungsort, aber auch Kriterien wie angrenzende Spielplätze, Schulwege und Fußgängerüberwege an den innerörtlichen Kreisstraßen. Eine Tempo-Reduktion kann auch angeordnet werden, wenn die Hauptzugänge von Schulen und von Pflegeeinrichtungen auf die Durchgangsstraßen führen.

In Gaienhofen beauftragte der Gemeinderat damals die Verwaltung, gemeinsam mit dem Landratsamt Konstanz diejenigen Straßenbereiche zu identifizieren, für die das Instrument „Erholungsort“ anwendbar wäre, erklärte Jürgen Maas.

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Es braucht Kriterien wie Erholungsort oder Lärmschutz

Michael Greineck zeigte den Rahmen für eine Tempo-Reduktion auf. Die Straßenverkehrsordnung sei zwar im Oktober 2024 novelliert worden, sagte der Leiter des Straßenverkehrsamts beim Landratsamt. Doch nach wie vor schnüre der Gesetzgeber das Korsett für die Straßenverkehrsordnung (STVO) sehr eng. Von der Regel „Tempo 50 innerorts“ und „Tempo 100 außerorts“ abweichen zu können, sei mit Hürden verbunden. Wenn zum Beispiel keine Unfall-Lage vorliegt, gelte die aktuelle Regelung, betonte Michael Greineck.

Neben möglichen Ausnahmen als Erholungsort oder zum Lärmschutz seien seit der jüngsten Novellierung der STVO im Oktober 2024 zwei weitere Möglichkeiten hinzugekommen. Auch an Zebrastreifen und stark frequentierten Schulwegen mit mehr als 100 Schülern in Spitzenzeiten sei eine Geschwindigkeits-Reduzierung nun denkbar. Das gelte beispielsweise auch, wenn der Hauptzugang einer Schule auf die Straße führe, sagte Michael Greineck.

An manchen Stellen ist das Problem groß

Das Problem: Tempo 30 wegen eines Erholungsorts oder Zebrastreifens gilt nicht für die gesamte Ortsdurchfahrt, sondern nur räumlich begrenzt. Im Fall des Erholungsorts gilt es entlang eines touristischen Zentrums, wie sich am Beispiel des Kernorts zeigt. An den Zebrastreifen in Hemmenhofen und in Horn könnte beispielsweise in maximal 300 Meter langen Korridoren ein Tempo-30-Limit angeordnet werden.

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In der Ortschaft Gaienhofen gilt aktuell an der Schlossschule eine temporäre Geschwindigkeitsreduktion von 30 Stundenkilometern. Hinter der Tempo-30-Zone beginnt das touristische Zentrum des Erholungsortes. Dieses touristische Zentrum zieht sich bis zum Bürgerhaus. Ein Erlass aus dem Jahr 1996 definiert einen Erholungsort: Er fange nicht am Ortseingang an und höre auch nicht am Ortsende auf, erklärte Greineck.

Erholungsort ist ein fest definierter Bereich

Der Erholungsort definiere vielmehr einen touristischen Schwerpunktbereich. Dort gebe es Übernachtungsbetriebe ab acht Betten, Banken, Apotheken oder einen Fahrradverleih. Im touristischen Zentrum könnte eine ganztägige Reduktion auf Tempo 30 angeordnet werden.

Das touristische Zentrum in Gaienhofen könnte auch westlich der Schlossschule bis zur Einfahrt zum Campingplatz erweitert werden. Damit könnte auch die zeitlich eingeschränkte Tempo-30-Zone vor der Schule in eine ganztägige umgewandelt werden.

Die Ortschaft Horn hat in der Hauptstraße ein touristisches Zentrum mit einem Zebrastreifen. Das ganztägige Tempo-30-Limit könnte sich vom Parkplatz des Hotels Hirschen bis über den Zebrastreifen hinweg ziehen. Die Ortschaft Gundholzen erfüllt keine der Kriterien für eine Tempo-Reduktion.

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Lieber Lärmaktionsplan statt Flickenteppich?

Die vorgestellten Lösungen könnten vom Gemeinderat bereits in seiner kommenden Sitzung beschlossen werden, sagte Maas. Anstelle eines Flickenteppichs von 30, 40 und 50 Stundenkilometern könne sich der Rat auch für einen Lärmaktionsplan mit einem umfassendem Tempolimit von 40 Stundenkilometern aussprechen oder die Temporeduktion aufgeben, sagte der Bürgermeister kurz vor der Fragemöglichkeit für die Bürger.

Viele Anwesende waren sich darüber einig, dass sich die Autofahrer nicht an das aktuelle Tempo-Limit halten würden und das Tempo in den einzelnen Ortschaften kontrolliert werden müsste. „Tempo 30 sei zwar gut, aber ohne eine Messung würde das nicht funktionieren„, sagte ein Bürger unter Applaus.

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Ebenso vermissten mehrere Bürger ein Konzept für Querungen und Fahrbahnwechsel beim Radverkehr. Diese müssten baulich und planerisch gelöst werden, sagte Michael Greineck, das vorgestellte Konstrukt greife nicht für den Radfahrverkehr.

Wird in Gundholzen besonders gerne gerast?

Ein großes Problem mit rasenden Autofahrern hat die Ortschaft Gundholzen. Dort würden sowohl Auto- wie auch Lkw-Fahrer am Ortseingang die Verkehrsinseln ignorieren und mit hohem Tempo und auf der falschen Seite in die Ortschaft einfahren. Einigen Bürgern würde es reichen, wenn die Geschwindigkeit am Morgen kontrolliert wird. Die Bürger sprachen sich explizit für Blitzer aus.