Welche Konten soll man in Krisenzeiten füttern? Das der Hoffnungslosigkeit und Schwarzmalerei oder der Zuversicht und Dankbarkeit? Schlechte Nachrichten sorgen vielmals für großes Interesse. Doch dass es angesichts der Krisen und des politischen Rechtsrucks auch anders funktionieren könnte, zeigte der Gaienhofener Bürgermeister Jürgen Maas in seiner programmatischen Neujahransprache im Bürgerhaus. Dabei benannte er auch die Herausforderungen vor Ort, in diesem Jahr gehe es vor allem um ein Tempo-Limit und den Umgang mit Zweitwohnsitzen sowie Ferienwohnungen – allerdings ohne Schwarzmalerei.

Das Rezept des Bürgermeisters ist einfacher Natur: „Achte auf das Kleine in der Welt, das macht das Leben reicher und zufriedener.“ Maas deklinierte die These des Schweizer Staatsrechtlers und Laienhthologen, Carl Hilty, durch sämtliche Institutionen in Gaienhofen und auf der Höri und kommt zu dem Schluss: „Wir auf der Höri haben der Schwarzmalerei viel entgegenzusetzen.“

Die schlechten Nachrichten beherrschen

„Es gibt Fakten und Geschehnisse, die das Glas eines Pessimisten nicht einmal annähernd halbleer aussehen lassen“, begann Jürgen Maas seine Rede. Dabei verschloss sich der Bürgermeister nicht vor dem Zeitgeschehen: Wer könne sich wirklich den schlechten Nachrichten entziehen, die Menschen täglich auf allen Kanälen erreichen? Wer mache sich nicht Sorgen um eine Welt mit einem Amerika unter Donald Trump? Wer schaue nicht mit ungläubigem Staunen auf das Regierungsszenario, das sich in der Nachbarschaft Österreichs anbahne?

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Wer sei nicht beunruhigt im Hinblick auf Entwicklungen bei den Konzernen und den Mittelständlern, die Baden-Württemberg jahrzehntelang zum deutschen Vorzeige-Wirtschaftsstandort gekrönt haben? Und wer sorge sich nicht darum, welche Regierung nach den Bundestagswahlen am 23. Februar die Kraft haben werde, das Ruder herumzureißen und die menschenverachtenden Ausgrenzungsideen rechter Ideologen als inhaltslose Propaganda zu entlarven – als rechte Programmatik, die noch niemals in der Menschheitsgeschichte zu etwas Gutem geführt habe?

Das Miteinander kann zuversichtlich machen

Dieses aktive Konto der Schwarzmalerei bilanzierte Maas mit dem des passiven Kontos mehr als aus. Mit Erfahrungen, die die Gaienhofener Bürger nachvollziehen konnten, und mit einem faszinierenden Blick auf „das Kleine“ in der Gemeinde. Dabei reflektierte er seinen Eindruck auch anhand seiner eigenen Erfahrungen, die lange Zeit von der anonymen Großstadt Krefeld geprägt war.

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Jede persönliche Begegnung mit den Bürgern gebe ihm einen Anstoß für sein Amt und das Agieren in der Verwaltung. Sie bereichere ihn persönlich als Mensch, so der Bürgermeister. Dabei erlebe er in Gaienhofen ein Miteinander der Menschen – sei es in Vereinen, in der Nachbarschaftshilfe, den Kirchen und Bildungseinrichtungen – das alles andere als selbstverständlich sei.

Im vollbesetzten Bürgerhaus verfolgen Bürger und Gäste die Ansprache des Bürgermeisters zum neuen Jahr.
Im vollbesetzten Bürgerhaus verfolgen Bürger und Gäste die Ansprache des Bürgermeisters zum neuen Jahr. | Bild: Georg Lange
Bürgermeister Jürgen Maas zeichnet Andreas Bruttel mit dem Bürgerpreis 2025 für sein Engagement in der Gemeinde aus.
Bürgermeister Jürgen Maas zeichnet Andreas Bruttel mit dem Bürgerpreis 2025 für sein Engagement in der Gemeinde aus. | Bild: Georg Lange

Einiges wurde auf den Weg gebracht

Als Höhepunkt des vorangegangenen Jahres blieb Maas die Wiedereröffnung der sanierten Grundschule in Erinnerung. Am Hornstaader Ufer wurden Grundlagen für das Schlössli samt gastronomischem Betrieb gelegt. Der Bebauungsplan für den Höri-Markt sei angepasst worden. Er stärke den wichtigen Standort für den Einzelhandel.

Auch der Breitbandausbau habe Fahrt aufgenommen. Er sei in allen Teilortschaften gut vorangekommen. Die Gemeinde nahm zudem einen sechsstelligen Betrag in die Hand und investierte in die Wasserversorgung und in das Abwasser, aber auch in den Schutz vor Starkregen und in umfangreiche Reparaturen im Hafen Gaienhofen.

2025 geht es um Tempo-Limit und Ferienwohnungen

In diesem Jahr sollen der Steg und die Abwasserkanäle in Gundholzen saniert, aber auch die Kläranlage repariert werden. Für zwei weitere große Themen sind Gemeinderat und Verwaltung bereits eingestimmt: einerseits die Temporeduzierung auf Durchgangsstraßen in den Ortschaften. Die Gemeinde stehe mit dem Landratsamt über das Tempo-Limit im Dialog, sagte Maas. Sobald Ergebnisse vorliegen würden, sollen diese der Öffentlichkeit in einer Veranstaltung vorgestellt werden. Und zwar bevor der Rat eine Entscheidung treffe.

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Andererseits gehe es um einen wachsamen Blick auf Wohnraum, denn die Zahl der Zweitwohnsitze wächst. Das sei knifflig, da die Vermietung von Ferienwohnungen zu einem Grundbestandteil der Existenz von Bürgern gehöre und die Gemeinde ein touristischer Ort sei. Die Verwaltung kläre aktuell mit juristischer Begleitung, wie man dieser Entwicklung entgegen wirken und auch die Flut der Zweitwohnsitze eindämmen könne, sagte Maas. Ob es wirksame Wege dafür gebe, sei aber leider noch nicht absehbar.

Auf der Agenda stehe auch die Wärmeversorgung in den Ortschaften wie die Sanierung von Straßen. Für letzteres soll der Bestand und aktuelle Zustand der Gemeindestraßen erfasst werden und eine Prioritäten-Einstufung erfolgen. Sobald finanzielle Spielräume vorhanden seien, sollen die Sanierungen angegangen werden, versprach Maas.

Zwei Gemeinderäte in zwei Jahren erlebt

In seinen zwei Jahren als Bürgermeister erlebte er zwei unterschiedlich besetzte Gemeinderäte. Sie debattierten fair und nicht parteiprogrammatisch, sondern entschieden anhand der Sache.

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Nicht nur die Beschlüsse berührten Maas positiv, sondern auch deren Umsetzung – sei es durch die Verwaltung, wie auch durch den Bauhof, die Kita, die Tourist-Info, das Museum, die Häfen und durch die Mitarbeiter der Schulen wie auch der Oerding-Stiftung bis hin zum Gemeindeverwaltungsverband. Gerade die Zeiten der Personalengpässe habe man durch den Zusammenhalt in der Gemeinde meistern können.