Solche Entscheidungen kann sich der Gemeinderat Gottmadingen nicht mehr oft erlauben. Das betonen sowohl Bürgermeister Michael Klinger als auch verschiedene Ratsmitglieder, als sie sich für Industrieparkett in der neuen Eichendorff-Realschule aussprechen. Das bedeutet für den Moment Mehrkosten von 283 000 Euro im Vergleich zu günstigerem Linoleum, soll langfristig aber preiswerter und vor allem schöner werden. Dabei ist der Boden nur einer von mehreren Faktoren, die den Schulneubau verteuern. 70 Prozent der Gewerke sind ausgeschrieben. Im schlimmsten Fall rechnet die Gemeinde inzwischen mit Kosten von 28,8 Millionen Euro, wenn bei es bei der weiteren Vergabe zu einer Preissteigerung von 25 Prozent kommt. Das würde eine Kostensteigerung von insgesamt 18,8 Prozent bedeuten.
Beim Materialkonzept drängte die Zeit, sagte Bürgermeister Klinger. Er kündigte schon eine Sondersitzung zum Monatsende an, falls das Gremium sich an diesem Abend nicht einig würde. Doch es wurde sich einig, nachdem Stadtplaner Florian Steinbrenner die Pläne und Kämmerer Andreas Ley die Finanzsituation der Gemeinde schilderten. Der Gemeinderat entschied sich bei drei Gegenstimmen für die teurere Variante mit Parkett.
Holz sei nur anfangs teurer – kostet aber doppelt so viel wie Linoleum
Die bisherige Kostenrechnung ging von 318 000 Euro für Linoleum aus, nun wurden aktuelle Preise abgefragt auch für einen Bodenbelag aus Katuschuk sowie aus Industrieparkett. Die auch von Architekten und der Schule favorisierte Variante mit Parkett kostet 283 000 Euro mehr. Auf lange Sicht sei Holz wegen geringer Folgekosten sogar etwas günstiger, betonte Steinbrenner. „Mit Linoleum haben wir schlechte Erfahrungen gemacht“, bestätigte Alexander Kopp vom Bauamt und erinnerte an den Kindergarten Im Täschen, wo der Linoleum-Boden ausgetauscht werden muss. Die Zustimmung für das Parkett bedeute aber eine Kostensteigerung um fast 100 Prozent, mahnte Bernd Schöffling (CDU) – „das können wir uns nicht oft erlauben“.
Klaus Sauter (CDU) fragte, warum man nicht gleich mit realistischen Zahlen geplant habe. Stadtplaner Steinbrenner erklärte, wie umfangreich das Projekt ist: 4,5 Millionen Euro der Gesamtsumme würden allein für die Planung fällig. Der Schulneubau sei komplex, da könne man nicht alles am Anfang planen. „Wir reden jetzt noch über den Fußboden und dann sind wir durch“, versprach Bürgermeister Klinger. „Billiger wäre es bei früherer Entscheidung auch nicht gewesen.“
Umplanungen sind weiterer Kostenfaktor
Was die Kosten bisher erhöht hat, sind laut dem Stadtplaner Erd- und Kanalbauarbeiten (zusätzlich 100 000 Euro), Honorare (+ 140 000 Euro), Umplanungen für den Bauantrag (+ 30 000 Euro), Reserve für Architekten (+ 20 000 Euro) und Prüfstatik (+ 30 000 Euro).
Auch Kämmerer Andreas Ley warnte vor zu vielen Extrawünschen. Ley schilderte eine „Seitwärts“-Entwicklung der Steuereinnahmen, beim Gewerbe und bei der Einkommenssteuer sei eher mit Mindereinnahmen zu rechnen. Allerdings seien Kostensteigerungen in Form eines Puffers bereits eingerechnet – noch sei der Saldo positiv.
Materialkonzept sieht viel Holz, Grün und Blau
Für die restliche Materialkonzeption fanden die Gemeinderäte wenige und wenn dann lobende Worte, diese wurde einstimmig angenommen. Das Konzept ist geprägt von viel Holz, Sichtbeton-Treppen mit Holzauflagen sowie den Farben Grün und Blau. „Die Lernnischen bekommen eine Sonderbehandlung“, kündigte Steinbrenner an, und sollen etwa mit Sitzmöbeln gestaltet werden. In den Klassenzimmern werden die Schüler auch auf bestehenden Stühlen sitzen: Der Stadtplaner kann sich gut vorstellen, die verschiedensten vorhandenen Modelle mit einigen neuen Stühlen zu kombinieren. Die bisherigen Klassenzimmer seien nach und nach ausgestattet worden, weshalb es viele verschiedene Stühle gebe. Da sei der Holzfußboden ein Vorteil: „Eichenparkett erträgt viel Farbe.“
Wo es noch Probleme gibt
Der Experte vom Bauamt benannte aber auch Problemstellen: Bei den Türen sei noch unklar, ob sie mit Holzelementen den Brandschutzvorgaben entsprechen, bei der Akustik seien sie derzeit in der Prüfung und bei den bodenhohen Einbauschränken in den Klassenzimmern müsse noch geklärt werden, ob daran Plakate befestigt werden dürfen. Letzteres sprach Georg Ruf (SPD) an, der danach fragte, wie realistisch das in einer Schule sei. Da die Schränke für eine bessere Akustik gelocht sind und Plakate diesen Effekt verpuffen lassen würden, will die Verwaltung hier nach Alternativen sehen.
Chronologie des Schulneubaus
Das rund 10 000 Quadratmeter große Grundstück an der Rielasinger Straße in Gottmadingen gegenüber dem evangelischen Kindergarten soll zum Schuljahrsbeginn 2021/22 mit einer neuen Eichendorff-Realschule knapp 600 Schülern eine optimale Umgebung bieten. Der Weg dahin war und ist lang.
- Mai 2019: Grundsteinlegung mit Zeitkapsel.
- 10. April 2019: Spatenstich. Bürgermeister Klinger sagte zur Feier: „Wenn wir heute zum Spatenstich schreiten, dann ist das der endgültige Beweis dafür, dass der Point of no Return überschritten ist und wir es in zweiter Ausschreibungsrunde geschafft haben, die Baugewerke am Markt unterzubringen, zu Kosten, die wir uns teilweise so nicht gewünscht haben, die wir aber hoffentlich knapp an der Schmerzgrenze des Erträglichen als Gemeinde miteinander aushalten werden.“
- Februar 2019: Die Finanzierung steht, die Kosten sind mit bis zu 30 Millionen Euro veranschlagt. Bürgermeister Michael Klinger und die Verwaltungsmitarbeiter zeigten in einer Einwohner-Versammlung die Steigerung der Gesamtkosten von noch vor einem Jahr errechneten 25 Millionen Euro um bis zu fünf Millionen Euro auf.
- Herbst 2018: Nachdem Einwohner einige Vorschläge geäußert haben, wählt eine Jury den alten als neuen Namen – Eichendorff-Realschule Gottmadingen.
- Sommer 2018: Wegen mangelnder Angebote von Handwerkern plant Gottmadingen für den Herbst und Winter eine zweite Vergaberunde für einige Gewerke.
- September 2017: Die Baukosten steigen im Zuge der guten Baukonjunktur auf 22,5 Millionen Euro.
- Februar 2017: Einstimmig votierte der Gottmadinger Gemeinderat für einen Neubau ihrer Eichendorffschule beim Schulsportplatz. Er wird mit Kosten von etwa 21 Millionen Euro veranschlagt. Für die Sanierung des bestehenden Gebäudes hatte die erste grobe Kostenschätzung bei 18,8 und für den Neubau bei 20,9 Millionen Euro gelegen.
- Januar 2014: Der Planungsprozess zur Zukunft der Eichendorffschule beginnt. Das Gebäude war in die Jahre gekommen: Die Realschule sei in den 70er-Jahren gebaut worden, die integrierte Hauptschule schon vorher, erklärte Alexander Kopp vom Gottmadinger Bauamt später. Trotz kleinerer Sanierungen müssten elementare Versorgungseinrichtungen, wie Heizung und Elektroleitungen, komplett erneuert werden.