Der Schulneubau in Gottmadingen ist groß: Mit 10.000 Quadratmetern Fläche haben Schüler und Lehrer künftig 40 Prozent mehr Platz als bisher. Doch auch die finanziellen Auswirkungen sind gewaltig: Allein die Baukosten belaufen sich laut aktuellem Stand auf 28,5 Millionen Euro. Für die Finanzierung waren auch künftige Einnahmen des Gemeindehaushalts eingeplant, die nun Corona-bedingt geringer ausfallen werden – die Gewerbesteuereinnahmen sind innerhalb weniger Wochen deutlich gesunken. „Wir bekommen das noch durchfinanziert, doch es ist wirklich keine Luft mehr da“, erklärte Bürgermeister Michael Klinger beim jüngsten Dorfgespräch im Schulneubau und sah sparsame Jahre für den Gemeindehaushalt voraus.
Doch das sollte die Begeisterung über das Großprojekt an diesem Abend nicht trüben, als der Bürgermeister mit Alexander Kopp vom Hochbauamt angemeldeten Teilnehmern die neue Eichendorff-Realschule zeigte.

Kopp und Klinger erklären den Baufortschritt
Beim Gang durch die großzügigen Gänge und Räume der neuen Realschule fällt auf: Hier hat jemand mitgedacht. Das betonen auch Klinger und Kopp, die an diesem Tag vier Touren geben: Zwei für angemeldete Teilnehmer, zwei für Lehrer und Elternvertreter. Und so sind sie ein gut eingespieltes Team, wenn es um die Details des Neubaus geht: Die große Aula auch für künftige Abschlussfeiern, die Mensa mit anfangs vermutlich wenigen Mahlzeiten, das Lehrerzimmer über zwei Etagen mit Kommunikationsbereich unten und ruhigem Arbeitsbereich oben, schallschluckende Räume, eine ausgeklügelte Belüftung oder der Keller samt extra Raum für lärmende Schlagzeuge.
„Jeder Platz in dieser Schule ist irgendwie nutzbar“, sagte Kopp am Beispiel von Gängen, die auch Raum für Lernnischen bieten. Andere Räume hingegen müssen künftig nicht mehr genutzt werden: Die provisorischen Umkleiden im evangelischen Gemeindezentrum sollen mit dem Schulneubau ausgedient haben, denn im Keller der neuen Schule finden sich Umkleiden für Jungs, Mädchen sowie Lehrer und Lehrerinnen.
Modellklassenzimmer wird Monate vor dem Rest fertig
Ein Modellklassenzimmer soll schon ab Spätherbst ein genaueres Bild der künftigen Lernlandschaft zeigen – einschließlich möglicher Fehler. „Wenn etwas nicht klappt, können wir das hier korrigieren und dann als Standard für die anderen Zimmer nehmen“, erklärte Klinger. Regulärer Betrieb ist erst bei Fertigstellung zum Schuljahr 2021/22 geplant, also ein Jahr später. Alexander Kopp zeigte sich bislang zufrieden mit dem Baugeschehen: Bei den Firmen hätten sie bisher ein gutes Händchen gehabt und auch bei den weiteren Gewerken habe er ein gutes Gefühl.

Energiesparend gedacht: Tagsüber brauche es keine Lampen
„Den schönsten Blick hat man sicherlich von diesem Klassenzimmer und den Physikräumen aus“, erklärt der Hochbau-Experte im Obergeschoss. In den vergangenen Wochen wurden zahlreiche Fenster eingebaut – nicht nur für einen schönen Ausblick: „Beleuchtung brauchen wir nicht“, erklärt Bürgermeister Klinger. Die Schule werde zwar nicht offiziell ein sogenanntes Passivhaus, sei aber nach diesem Standard gebaut und entsprechend energiesparend.

Außerdem sei für drei kabellose Internetzugänge und Glasfaser in jedem Stockwerk gesorgt, jeder Raum soll ein Smartboard erhalten. „Wenn wir das mit der alten Schule vergleichen, wagen wir den Schritt vom Mittelalter in die Neuzeit“, sagte Klinger.
4000 Quadratmeter mehr als für so eine Schule vorgeschrieben
Das lässt sich Gottmadingen Einiges kosten – aus Überzeugung, wie der Bürgermeister betonte: „Wir bauen auf Kosten der Gemeinde deutlich über dem Normraumprogramm“, denn für eine 3,5-zügige Realschule seien eigentlich nur 6000 Quadratmeter veranschlagt. „Aber damit kommt man nicht hin, wenn man eine gute Schule machen möchte“, sagte Klinger. Er vermutete, dass das Normraumprogramm deshalb eine recht geringe Größe vorsehe, um bei den Förderungen zu sparen: In Gottmadingen werden nur rund zehn Prozent der Kosten vom Land übernommen.

Sind Lehrer auf einen so modernen Unterricht überhaupt vorbereitet?
Die Besucher beschäftigen besonders zwei Dinge: Der künftige Unterricht in den Räumen und das Essen, das es danach geben soll. Für beide Themen weiß Bürgermeister Klinger einige Antworten: Die Gemeinde habe früh mit Lehrern darüber gesprochen, wie der Unterricht in den kommenden Jahren aussehen soll. „Bauen und Betrieb muss man zusammenbringen, deshalb beschäftigen wir uns seit einem halben Jahr in Arbeitsgruppen damit, wie wir die Räume nutzen, gestalten und möblieren wollen.“ Das sei gerade in Zeiten der Corona-Pandemie, wo Lehrer wegen Unterrichts zuhause verstärkt gefordert seien, ein straffes Programm.
„Wir versuchen, Leben zu entwickeln für dieses Haus“, erklärt Michael Klinger. So sollen jeweils zwei Klassenstufen einen eigenen Lernbereich erhalten: Hier finden die fünfte und sechste, die siebte und achte sowie die neunte und die zehnte Stufe zusammen. Jeder Bereich habe auch eine Garderobe und eigene Toiletten in der Hoffnung, dass Schüler dann pfleglich mit ihrem eigenen Bereich umgehen. Und doch werde sich Einiges erst nach dem Einzug in einigen Monaten zeigen.

Zwei Mensa-Betreiber sind in der engeren Auswahl
Zur Verpflegung erklärt Klinger, dass die Gemeinde nach einer regionalen Ausschreibung in den Schlussverhandlungen mit zwei möglichen Betreibern sei. Anfangs würden sie nur von 20 bis 40 Essen pro Tag ausgehen, Kapazität sei für 200. Statt fertig angelieferter Mittagessen, die nur erwärmt werden müssen, stellt der Bürgermeister sich etwas gesündere und leckerere Mahlzeiten vor. Damit auch kulinarisch moderne Zeiten anbrechen.