Ein ganzes Dorf mit lokal erzeugter Wärme zu versorgen, das ist das Ziel von Jörg Dürr-Pucher von der Radolfzeller Firma Clean-Energy. Zusammen mit der Ebringer Familie Streit und dem Rückenwind von der Kerngemeinde Gottmadingen tingelt er von Haus zu Haus, um Überzeugungsarbeit zu leisten. Denn die Biogasanlage von Christian Streit kann so viel Wärme erzeugen, dass praktisch alle Häuser damit versorgt werden können. Nun stellt sich jedoch die entscheidende Frage, ob das auch alle Bürger wollen. Denn das Netz ist nur dann rentabel, wenn sich auch genügend Einwohner an der Nahwärme beteiligen. Das wurde in der jüngsten Versammlung im alten Schulhaus deutlich.
„Wir wollen jedes Haus anschließen“, sagt Jörg Dürr-Pucher. „Wir hoffen auf 70 Häuser.“ Bisher sei die Resonanz recht gut gewesen. Auch der Rücklauf der Fragebögen war für das Projekt erfreulich. An den Ortsrändern könnte es mit der Biogas-Wärme jedoch schwierig werden, falls auf dem Weg dorthin die Nachfrage nach Anschlüssen zu gering sei. Denn für weit entfernt liegende einzelne Häuser seien die Tiefbaukosten für den Leitungsbau zu hoch. Es bestehe auch die Möglichkeit, einen Anschluss vorsorglich für eine spätere Nutzung zu verlegen, falls man gerade erst eine neue Ölheizung eingebaut hat.
Je mehr mitmachen, umso günstiger soll der Preis werden
Eines wurde an diesem Abend jedenfalls deutlich: „Wir brauchen möglichst viele Verträge, damit wir gute Preise machen können“, sagt Jörg Dürr-Pucher. Ab einer Abnahme von einer Million Kilowattstunden lohne sich der Bau des Wärmenetzes, der zu 40 Prozent aus dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz gefördert werde. Die Kosten für die Installation der einzelnen Hausanschlüsse betragen 9520 Euro. Dafür können die jeweiligen Hausbesitzer Zuschüsse beantragen.
Angesichts des explodierten Gaspreises hätten die Betreiber von Gasheizungen im Dorf reges Interesse an der Nahwärme gezeigt, berichtet der Unternehmer von seinen Hausbesuchen. Pro Gebäude hat er einen durchschnittlichen Wärmebedarf von 24.000 Kilowattstunden errechnet. Das liege auch an der Größe der Häuser.
2023 soll es losgehen
Bis 20. Januar 2023 müssen sich die Ebringer entscheiden, ob sie sich am Nahwärmenetz beteiligen wollen. Ein gewisser Zeitdruck entsteht dadurch, dass der Ausbau des Netzes an die Sanierung der Thaynger Straße gekoppelt ist. 2023 soll es hier losgehen. Und dazu hat nun auch der Kreistag seine Zustimmung erteilt, wie Bürgermeister Michael Klinger freudig berichtete.
Abhängig sei man allerdings auch von Lieferketten. Deshalb wird ein Zeitpuffer eingebaut. „Den ersten Bauabschnitt schaffen wir auch noch, wenn wir erst im Juli beginnen“, sagt Klinger. Die bittere Pille für die Ebringer: Sie werden etwa zwei Jahre keine richtige Ortsdurchfahrt haben. Da ist Geduld gefragt.

Mit der Straßensanierung soll auch ein altes Problem beseitigt werden: Das schwache Internet in Ebringen. Hier hatte sich vor Jahren eine Bürgerinitiative gegründet, um etwas gegen das langsame Netz zu unternehmen. Die Thüga half. Allerdings nicht mit Glasfaserkabeln. Das soll sich jetzt ändern.
Mit einer Weiße-Flecken-Karte hatte die Gottmadingen ermittelt, wo die Defizite beim Transport von digitalen Daten am größten sind. In Ebringen gibt es auf jeden Fall Handlungsbedarf. Wie sich gerade in der Corona-Pandemie zeigte, ist schnelles Internet eine der wichtigsten Kommunikationsvoraussetzungen, zum Beispiel im Homeoffice.
Weil der Glasfaserausbau sehr stark gefördert wird, kann die Firma NetComBW (eine Tochterfirma von ENBW), die den Zuschlag erhalten hat, die neuen Datenleitungen kostenlos bis in jedes Ebringer Haus legen. Manuel Sanwald von NetComBW sprach von einem Geschenk. Wer mehr als den Anschluss haben möchte, kann auch verschiedene Mobilfunkpakete bei der Firma buchen.
Auch der Glasfaserausbau hängt mit der Sanierung der Thaynger Straße zusammen. Denn wenn die Fahrbahn schon aufgerissen ist, sollte man auch die Infrastruktur wie Wasser, Abwasser, Strom und eben die Datenleitungen erneuern oder ganz neu verlegen. Das Budget reicht sogar aus, um mehr Leitungen zu verlegen, als Häuser vorhanden sind. Damit will man ein mögliches Bevölkerungswachstum im Dorf berücksichtigen.
Manuel Sanwald hat nun die Hoffnung, dass die Ebringer alle an das schnelle Glasfasernetz angeschlossen werden wollen. Die Kabel werden von der Grundstücksgrenze mit einer Erdrakete bis zur Hauswand geschossen, so dass auch keine Gärten aufgewühlt werden müssen. Nach der öffentlichen Ausschreibung ist die Gemeinde verflichtet, die Anschlüsse kostenlos zu verlegen. „Wir müssen jede Wohnung versorgen“, sagt auch Michael Klinger. Für die Anwohner bestehe aber keine Pflicht, das neue Netz auch zu nutzen.