Plakate sollen vor der Bundestagswahl am 23. Februar für Aufmerksamkeit sorgen. Doch ein Exemplar der AfD in der Hauptstraße in Hilzingen hat besonders viel Aufsehen erregt. Laut der Leitung der Peter-Thumb-Schule hat es das Thema Remigration aufgegriffen und dabei konkret Bezug auf das Schulleben genommen. Die Gemeinschaftsschule, die sich seit Jahren gegen Rassismus engagiert, beschwerte sich bei der Gemeinde – genauso wie viele Einwohner. Mit Erfolg: Die AfD hat das entsprechende Plakat schließlich ausgetauscht.
„Es ist unschön, wenn am Eingang der Schule ein Plakat hängt mit der Aussage, dass in deutschen Klassen Deutsch gesprochen werden muss“, sagt Matthias Zimmerlin, Konrektor der Peter-Thumb-Schule. Seit 2019 ist die Schule Mitglied im bundesweiten Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und hat dafür einen prominenten Partner: den finnischen Sänger Samu Haber.
Schon im März 2024 sagte Schulleiter Martin Trinkner, dass diese Partnerschaft zwar Aufmerksamkeit schaffe. „Es hilft aber nicht dabei, die Sache zu leben. Gelebt wird es vor Ort, mit den Menschen vor Ort“, so Trinkner damals im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Daher liege es für Schule, Lehrer und Schüler nahe, sich von der AfD-Aussage zu distanzieren, wie Konrektor Matthias Zimmerlin heute erklärt.
Wie Steffen Jahnke vom AfD-Kreisverband Konstanz auf Nachfrage mitteilt, habe das Wahlplakat vor der Schule thematisch gut gepasst. „Die Kinder sollen in der Schule ankommen und etwas lernen, dazu müssen sie die deutsche Sprache verstehen“, sagt Jahnke. Das gelte auch für Kinder mit Migrationshintergrund. „Wenn sie nicht gut Deutsch können, dann behindert das auch die schulische Bildung der anderen Kinder“, so der AfD-Sprecher.

Die Schule hat als Reaktion auf das AfD-Plakat ein selbst gestaltetes Banner mit der Aufschrift „Herz statt Hetze“ auf der Rückseite der Schule aufgehängt, so Zimmerlin. Diese Initiative sei von Lehrern wie Schülern ausgegangen. „Damit wollen wir zeigen: Bei uns ist jeder willkommen“, sagt Zimmerlin weiter. „Das darf man direkt auf das Plakat beziehen, ist aber natürlich auch allgemeingültig.“
Ordnungsamt prüft Sachverhalt
Die Schule habe den Sachverhalt dann der Gemeinde gemeldet – und ist damit nicht die einzige, wie eine Nachfrage beim Hilzinger Ordnungsamt ergibt. „Mehrere Meldungen der Bürger zur benannten Situation haben wir zum Anlass genommen, den Sachverhalt an den Polizeivollzugsdienst und die zuständige Staatsanwaltschaft zur Klärung und weiteren Prüfung weiterzuleiten, denn über die inhaltliche Zulässigkeit von Wahlwerbung entscheiden nicht die Ordnungsämter“, schreibt Patrick Ruhland.

Marlene Pellhammer, Pressesprecherin des Landratsamts, bestätigt, dass die strafrechtliche Bewertung von Wahlplakaten der Polizei und Staatsanwaltschaft obliege. Des Weiteren sei laut Patrick Ruhland mit der Kreiswahlleitung und dem Gemeindetag Baden-Württemberg die Zulässigkeit des Ortes geprüft worden.
Motiv ist dem Ordnungsamt vorher nicht bekannt
Doch was ist nun erlaubt? Im Grundsatz seien Plakatierungsgenehmigungen beim zuständigen Ordnungsamt zu beantragen und werden in der Regel auch genehmigt. „Plakate, welche ausgebracht werden sollen, müssen konform den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung aufgehängt werden. Die zu erteilende Genehmigung betrifft nur den öffentlichen Verkehrsraum, nicht private Flächen“, so Ruhland.
Das Ordnungsamt bekomme die Motive dabei vorher nicht zu sehen. Auch hier liege die Zuständigkeit der Prüfung nicht beim Ordnungsamt. „Einige schicken uns die Motive im Vorfeld zu, es ist jedoch keine Pflicht.“

Marlene Pellhammer betont, dass die Sondernutzung im Straßenraum durch eine Verordnung der Kommunen geregelt werde. „Lediglich am Wahltag selbst gelten strenge Regelungen bei der Wahlwerbung im Hinblick auf den Zugangsbereich der Wahllokale“, so die Sprecherin des Landratsamts. So sei gemäß Paragraf 32 des Bundeswahlgesetzes in und an dem Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie vor dem Eingang jede Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie jede Unterschriftensammlung verboten, so Pellhammer.
Wie der Ordnungsamt-Verantwortliche weiter erklärt, hätten alle Parteien, die wegen der Bundestagswahl eine Plakatierungsgenehmigung beantragt hatten, diese auch erhalten. „Die Adressaten wurden bislang auch darauf verwiesen, dass Plakatierungen jeglicher Art, zum Beispiel im Bereich von Kirchen und Pfarrhäusern, unerwünscht sind“, sagt er. Ob in Zukunft weitere Bereiche ausgenommen werden, müsse aber mit dem Gemeinderat besprochen werden.
AfD ist selbst aktiv geworden
Die AfD hat inzwischen das Plakat in der Hauptstraße ausgetauscht. Wie Patrick Ruhland mitteilt, sei dies ohne Rücksprache mit der Gemeinde passiert und auch recht zügig. „Die vielen Beschwerden im Ort haben dazu geführt, dass die Partei in kurzer Zeit selbst aktiv geworden ist“, so Ruhland. Das bestätigt AfD-Sprecher Steffen Jahnke, sie hätten damit auf die Beschwerden reagiert. Er kann auf Nachfrage nicht sagen, wann das Plakat ausgetauscht wurde. „Wir haben im Wahlkreis einige Wahlkreishelfer, die sich um das Auf- und Abhängen der Plakate kümmern. Da den Überblick zu behalten, ist schwierig.“
Anmerkung der Redaktion: Im Nachgang meldet Steffen Jahnke, dass die AfD das Plakat sicher nicht abgehängt habe. Die AfD gehe davon aus, dass es in Form von Plakatvandalismus entfernt wurde. „Bei der wöchentlichen Kontrollfahrt wurde dann diese Stelle mit einem anderen Motiv, aber ohne inhaltlichen Grund, nachplakatiert“, schreibt Jahnke.