Es riecht nach Urin, jeden Tag herrscht ein Kampf um freie Parkplätze und die Nerven liegen bei so manchem Besucher blank. Ein einfacher, grauer Parkplatz wird Streitthema des Bundes, des Regierungspräsidiums Freiburg, der Stadt Konstanz und ihrer Bürger: Der Vorstauraumparkplatz für Lastwagen im Industriegebiet.
An der Claude-Dornier-Straße gelegen und als direkter Nachbar zum Bodenseeradweg beherbergt der Platz Dutzende tonnenschwere Lkws. Die Fahrer suchen auf diesem Parkplatz ihre verdiente Erholung, doch von dieser lässt sich nur schwer sprechen.
Der Parkplatz riecht stark nach Urin
„Seit bestimmt zwei Jahren riecht es auf dem Parkplatz, insbesondere nahe der Grünflächen, stark nach Urin. Zeitweise ein unerträglicher Gestank“, weiß Ralf Metzger. Er ist in Radolfzell gemeldet. Da er in einem Wohnmobil lebt, nutzt Metzger den Parkplatz jedoch seit einiger Zeit als Stellfläche.
Der Grund für den Gestank: Es gibt zwar Sanitäranlagen mit Toiletten und Duschen, diese sind aber seit einiger Zeit geschlossen. Laut Metzger verrichten Lastwagen-Fahrer mangels Alternativen ihr Geschäft auf den Grünflächen oder sogar auf dem asphaltierten Boden. Die Sanitäranlage, ein moderner einstöckiger Bau aus Glas und Metall, befindet sich im hinteren Teil des Parkplatzes, der Eingangsbereich ist von Büschen zugewuchert. Durch das Fenster ist sogar ein Aufenthaltsraum mit Tischen zu erkennen.
Sachbeschädigung – Sanitäranlage bleibt geschlossen
„Früher gab es einen Kiosk und die kostenlosen Sanitäranlagen„, erklärt der Pressereferent des Regierungspräsidiums Freiburg, Markus Adler. Die damalige Idee: Mit dem Verkauf von Erfrischungen am Kiosk wird die Reinigung der Toiletten und Duschen finanziert. Es gab auch einen Pächter als Betreiber des Kiosks.
Das Regierungspräsidium möchte dessen Namen nicht weitergeben. Problematisch wurde es, als Schäden durch Vandalismus und Diebstähle entstanden. „Die Anlage ist aus hochwertiger Keramik gefertigt. Doch es wurden wiederholt Teile, zum Beispiel ganze Toilettenschüsseln, abmontiert und weggebracht“, erläutert Adler. Die beteiligten Akteure schlossen daraufhin die ganze Anlage ab.

Betroffener Fahrer beschreibt den Parkplatzmangel
Fahrzeuge, die nachts ankommen und im Zollhof keinen Parkplatz mehr finden, sollten eigentlich einen Platz auf dem Vorstauraumparkplatz erhalten. Obwohl hier parken für Autos oder auch das Abstellen von Lkw-Anhängern verboten ist, passiere genau das. Dies geht aus Berichten von Lkw-Fahrern hervor, die dem SÜDKURIER über sein neues Hinweis-Formular erreicht haben. Sie wollten damit auf aktuelle Missstände hinweisen.
Im Moment bestehe ein weiteres Problem: Der Platz werde zur Hälfte als Baustofflager genutzt. Dadurch sei kein Platz mehr für die eigentliche Nutzung. Fahrer, die nachts ankommen, blieben dann zum Übernachten stehen und blockierten zum Teil die Einfahrten anliegender Unternehmen.

Zuständigkeit steht nicht fest
„Der Parkplatz wird als Zoll-Vorstauraum genutzt, da bei der Fahrt in die Schweiz Zollabfertigungen bis 22 Uhr möglich sind“, erklärt Regierungspräsidiums-Sprecher Markus Adler. Außerdem sind Lkw-Fahrer gesetzlich verpflichtet, regelmäßige Pausen einzulegen, dafür wird ein Parkplatz benötigt. Doch der ist kein offizieller Rastplatz und die Baulast, also wer zuständig ist, stehe nicht eindeutig fest.
Normalerweise ist die Autobahnmeisterei für Autohöfe und Rastplätze an der Autobahn zuständig, sonst sind die jeweiligen regionalen Straßenmeistereien verantwortlich. Beim Parkplatz im Industriegebiet ist der Fall komplizierter. „Der Eigentümer der Fläche ist der Bund, die Abwicklung der Verwaltung und Verpachtung übernahm in der Vergangenheit die Stadt Konstanz und der bauliche Unterhalt, sprich das Geld, kam vom Regierungspräsidium Freiburg„, erklärt Adler.
Ein Pächter für den Kiosk wird gesucht
Das Problem von geschlossenen oder nicht vorhandenen Toiletten-Anlagen besteht nicht nur auf dem Parkplatz im Industriegebiet. „Sanitäranlagen sind für Lastwagen-Fahrer überall problematisch, entweder es gibt zu wenig oder sie sind sehr dreckig“, sagt der Schweizer Marco Hangartner, der seinen Brummi auf dem Parkplatz öfters abstellt, um von dort nach Hause zu fahren.
Seit wann genau die Anlage auf dem Parkplatz geschlossen ist, kann Adler nicht mit Gewissheit sagen. Er wisse aber, dass momentan ein neuer Pächter gesucht werde, um das alte Modell wieder aufleben zu lassen. „Die Suche läuft über die Stadtwerke Konstanz„, sagt Adler, doch es scheint, als wolle niemand die Probleme auf dem Parkplatz so richtig angehen. Ralf Metzger, der Wohnmobilbesitzer aus Radolfzell, hat einen Vorschlag: „Die Lkw-Fahrer wären bereit, etwas für die Duschen zu bezahlen.“
Ein sauberer Parkplatz könnte die Innenstadt entlasten
Marco Hangartner aus der Schweiz stimmt zu: „Gerne zahle ich eine Gebühr von beispielsweise 70 Cent für saubere Toiletten“. Funktionierende Anlagen, die eine geringe Nutzungsgebühr kosten, hätten laut Metzger zusätzlich den Vorteil, dass Wohnmobilbesitzer in Zukunft ihre Fahrzeuge außerhalb der Stadt auf dem Parkplatz abstellen könnten und die verstopften Straßen und Parkplätze in der Innenstadt entlasten würden. In naher Zukunft wird diese Idee jedoch kaum umzusetzen sein.
Untersuchungen für die Baustelle am Sternenplatz
Die aktuelle Baustelle am Sternenplatz erschwert die Situation auf dem Lkw-Parkplatz im Industriegebiet. Vor den Bauarbeiten am zentralen Knotenpunkt der Stadt wurde in den unteren Asphaltschichten teerhaltiges Material und PAK, ein Schadstoff aus Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen, gefunden.
Die krebserregenden Baustoffe dürfen nicht wie normaler Asphalt gleich weiterverwendet werden, sondern müssen erst untersucht und bei Bedarf gesondert entsorgt werden. „Für die Untersuchungen musste im Vorfeld eine geeignete Fläche im Stadtgebiet gefunden werden“, erklärt Valentin Wind vom Regierungspräsidium Freiburg.
Der Projektleiter der Bauarbeiten am Sternenplatz klärt weiter auf: „Für die Zwischenlager, aus denen Proben genommen werden, muss die Fläche komplett versiegelt, sprich asphaltiert sein, damit nichts in den Boden versickern kann“. Der Vorstauraum im Industriegebiet erwies sich als passend, ein Großteil des Parkplatzes ist für die Untersuchungen der zuständigen Baufirma Schleith über den Zeitraum der Baustelle gesperrt.
„Wir sind uns bewusst, dass hier viele Parkplätze für drei bis vier Monate wegfallen“, räumt Wind ein. Ein alternativer Parkplatz konnte trotzdem nicht gefunden werden. Wind hofft, dass die Lastwagen auf das umliegende Industriegebiet ausweichen können.