Freispruch – für Angeklagte ist das in der Regel eine frohe Botschaft am Ende einer Gerichtsverhandlung. Vor dem Konstanzer Landgericht aber wurde vor Kurzem ein Fall verhandelt, bei dem das anders war.

Auf der Anklagebank saß ein 36-jähriger Mann, der auf dem Konstanzer Friedhof zahlreiche Grabsteine beschmiert hatte. Das konnte das Gericht zweifelsfrei feststellen – dennoch wurde der Mann freigesprochen.

Der Grund: Zum Zeitpunkt der Tat war er aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht schuldfähig, er habe im Wahn gehandelt. Grundlage ist der Paragraf 20 des Strafgesetzbuchs.

Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

So sagte auch der Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach zu dem Angeklagten: "Lassen Sie sich behandeln, sonst wird das mit einem normalen Leben nichts. Sie denken, Sie sind gesund, doch das sind Sie nicht." Ein psychiatrischer Gutacher attestierte, dass der 36-Jährige keine Gefahr für die Allgemeinheit sei. Deshalb blieb ihm auch die Zwangseinweisung in die geschlossene Station der Psychiatrie erspart.

Dennoch legte der Mann Beschwerde gegen den Freispruch ein.

"Weil er nicht schuldunfähig, sondern unschuldig sein wollte", wie Mirja Poenig, Richterin und Pressereferentin am Landgericht Konstanz, auf Anfrage erklärt. Sprich: Einen "Freispruch zweiter Klasse", wie es oft heißt, wollte der 36-Jährige nicht akzeptieren.

Dabei existiert dieser rechtlich gesehen nicht.

Ein Strafverfahren muss lediglich feststellen, ob ein Angeklagter schuldig ist. Sein Zweck ist es nicht, Menschen sozial oder medial zu rehabilitieren.

Das heißt in diesem konkreten Fall: Die Revision gegen einen Freispruch ist nicht zulässig. Mirja Poenig verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, der eben diese Frage in dem bundesweit bekannten Fall Gustl Mollath im Jahr 2015 entschied. Auch Mollath hatte durch seinen Anwalt Rechtsmittel gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg eingelegt.

Hinzu kommt, dass der 36-Jährige im Konstanzer Fall ohnehin zu spät dran war. Er hatte innerhalb der gesetzlichen Frist weder die Anträge noch die Begründung der Revision bei den möglichen Stellen eingereicht.

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