Das Bauchgefühl habe ihnen gesagt: Da stimme etwas nicht. Im Prozess um einen 29-Jährigen aus Konstanz, der vier verschiedene Frauen vergewaltigt haben soll, sagten unter anderem zwei Notfallsanitäter am Landgericht Konstanz aus.
Der Angeklagte bestreitet die Tatvorwürfe weiterhin
Sie berichteten, wie sie im Mai 2019 zu einer hilflos auf der Straße liegenden Person gerufen wurden, eines der mutmaßlichen Opfer. An diesem soll sich der Angeklagte kurz zuvor in deren Wohnung vergangen haben. Er streitet alle Tatvorwürfe ab.
Sex habe in gegenseitigem Einvernehmen stattgefunden
Er habe mit allen vier Frauen, die sich gegenseitig kennen würden, einmal oder mehrmals einvernehmlich Sex gehabt. Der Mann soll sich, wie zwei der mutmaßlichen Opfer, gern mit deutlich jüngeren Frauen umgeben haben. Er hat Vorstrafen wegen des Besitzes von Marihuana.
Was wurde an den beiden zurückliegenden Verhandlungstagen besprochen?
In den beiden Verhandlungstagen nach Prozessauftakt stand der vierte Fall vom Mai 2019 im Fokus. Damals soll eine junge Frau, nachdem sie ein Konzert besucht und einigen Alkohol getrunken hatte, mit dem Angeklagten fortgegangen sein, um bei diesem zu übernachten. Er soll ihr eine bewusstseinstrübende Substanz verabreicht und sich an ihr vergangen haben.
Gutachter: Keine „expliziten Hinweise“ auf K.O.-Tropfen
Ob K.O.-Tropfen oder ähnliches zum Einsatz kamen, ließ sich nach Aussagen von Experten chemisch nicht mehr nachweisen. Dies wäre nur sofort nach der Tat möglich gewesen, erklärte eine Polizeibeamtin. Der toxikologische Gutachter sagte, er habe keine „expliziten Hinweise“ auf K.O.-Mittel.
Alle Symptome ließen sich auch durch Alkoholkonsum erklären und einen möglichen psychischen Ausnahmezustand wegen der mutmaßlichen Tat. An dem Morgen, an dem die Tat begangen worden sein soll, wurde die Frau im Gras liegend von Nachbarn gefunden.
Welche Erkenntnisse bringen die Aussagen der Sanitäter?
Er habe die Frau angesprochen, doch keine Antwort bekommen, berichtete ein 72-Jähriger Rentner als Zeuge vor Gericht. Daraufhin habe er einen Krankenwagen alarmiert. Nach Ankunft des Notfallteams soll die Frau wieder ansprechbar gewesen sein. Sie sei zwar deutlich alkoholisiert gewesen, habe sich aber orientieren und artikulieren können, sagte einer der Notfallsanitäter.
Er habe die Frau als auffällig eingeschüchtert erlebt, berichtete dieser weiter. Sie sei in sich gekehrt gewesen. Sie habe sich nicht weiter untersuchen lassen wollen. Auf die Frage, woher sie denn komme, habe sie gesagt, sie sei auf einer Feier gewesen und nun auf dem Heimweg. Das sei ihm nicht schlüssig erschienen.
Fehlende Kleidung macht Sanitäter stutzig
Die Frau habe trotz der Morgenkälte an den Beinen nur eine Strumpfhose getragen. Auch dem zweiten Rettungssanitäter ist die Strumpfhose in Erinnerung geblieben. Sie sei zerrissen gewesen. Die Überhose habe die Frau im Jutebeutel bei sich getragen. An den Knien habe sie Schürfwunden gehabt. Die Frau habe gegen den Rat einen Besuch im Krankenhaus abgelehnt. Ihr Freund habe sie dann im Auto mitgenommen.
In einem Chat-Protokoll, das während der Verhandlung verlesen wurde, hatte sich das mutmaßliche Opfer beim Angeklagten erkundigt, warum dieser ihren Gürtel habe und was er gemacht habe. Der Angeklagte teilte laut Protokoll daraufhin mit: „Ich habe, ich schwöre, nichts gemacht.“ Und gleich darauf: „Ich habe nichts gemacht, was du nicht wolltest.“ Man habe „herumgemacht“, vieles sei dann „von allein passiert“. Er bedauere, dass sie „nun plötzlich“ verschwunden sei.
Prozess findet ohne Zuschauer statt
Im Prozess bleibt für den Beobachter vieles im Dunklen. Alle Opfer sagten zum Schutz ihrer Persönlichkeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Selbst die Plädoyers werden nicht öffentlich gehalten.
So lässt sich nicht nachvollziehen, wie Staatsanwalt, Nebenkläger-Vertreter und Verteidiger die vielen Details bewerten, die durch die Befragung von 24 Zeugen und zwei Sachverständigen zusammengetragen wurden.
Wann soll das Urteil fallen?
Einige der Zeugen sagten vor Gericht aus, sie seien gut bekannt mit dem Angeklagten und könnten sich gewaltsame Übergriffe bei ihm nicht vorstellen.
Eine Zeugin berichtete, wie sie vor vier Jahren sehr energisch habe werden müssen, um einen Annäherungsversuch des Angeklagten abzuwehren. Diesem gefielen laut psychiatrischem Gutachter Machtspiele. Er fessele gern und werde gern gefesselt. Es liege aber keine Persönlichkeitsstörung vor oder eine krankhafte seelische Störung. Das Urteil wird für Donnerstag erwartet.