Zwei Konstanzer Zünfte machen gemeinsame Sache und haben im Januar 2023 etwas vor. Sie richten die Hauptversammlung der Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) in Konstanz aus, wie die treibenden Fasnachtskräfte Roland Scherer, Zunftmeister der Konstanzer Blätzlebuebe-Zunft, und Thorsten Heer, Zunftmeister der Alt-Konstanzer Hansele-Zunft, sagen. Dazu erwarten sie am 13. und 14. Januar 2023 etwa 750 bunt gewandete Teilnehmer. „Es wird bunt und laut“, kündigt Scherer an.
Wenn Narren tagen …
Bereits im Jahr 2009 war Konstanz Austragungsort der VSAN-Hauptversammlung. Die Konstanzer bekamen allerdings nicht wirklich viel von diesem närrischen Auflauf mit, denn seinerzeit fand die Tagung etwas ab vom Schuss in der Wollmatinger Halle statt. Dieses Mal geht es mitten in die Konstanzer Altstadt und in die nahegelegene rechtsrheinische Peripherie, sodass auch die Bürger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Zeuge des närrischen Treibens werden.
Narrenfunktionäre von 68 Zünften und Partnerzünften aus dem gesamten VSAN-Gebiet werden erwartet. „Es reicht von Sachsenheim bei Stuttgart im Norden, Offenburg im Westen und Wangen im Osten bis nach Willisau hinter Luzern im Süden“, beschreibt Scherer. Sie alle kommen selbstredend im närrischen Ornat zu den Sitzungen.
Bereits am 13. Januar 2023 findet bei der Volksbank Konstanz eine höchst unnärrisch tönende Präsidiumssitzung statt, und im Schnetztor tagt der Kulturelle Beirat. Das heißt: Es wird gearbeitet, und zwar am Brauchtum, an der Brauchtumspflege und wie das immaterielle Kulturerbe in die Zukunft geführt werden kann. Vergnüglicher wird es dann für die Altvorderen, wenn zum Ehrenpräsidentenhock ins Schnetztor geladen wird.

Als eine logistische Herausforderung stellen sich aber insbesondere die Unterbringung der Delegationen, die große Hauptversammlung und das Abendprogramm dar. 750 Personen – das ist eine Ansage. „Die Marketing und Tourismus Konstanz GmbH war uns bei der Buchung von etwa 500 Hotelbetten behilflich“, berichtet Roland Scherer und weist nonchalant auf die Wirtschaftsförderung hin, welche die Narren in der touristischen Nebensaison betreiben.
Das könne nicht jede Mitgliedszunft der VSAN leisten. „Wenige Städte haben diese Logistik. Das größte Problem stellen in der Regel die Übernachtungsmöglichkeiten dar, gerade in kleinen Orten“, schildert Thorsten Heer. Da müssten Hotels im Umkreis genutzt werden, so Blätzle-Pressesprecherin Anja Fuchs, die anfügt: „Das ist dann immer eine Hin- und Her-Fahrerei.“
Konstanzer sind gute Gastgeber
Nicht so in Konstanz: „Bei uns befinden sich die Hotels im Umkreis von zwei Kilometern“, so Scherer. Locker zu Fuß machbar, wenngleich die Ausrichter einen Shuttle-Service zu den Hotels bieten. „Wir sind halt gute Gastgeber“, meint Scherer. Vielleicht könnte aber auch das hochprozentige Blätzlebrunnenwasser eine Rolle spielen, das möglicherweise Auswirkungen auf den Orientierungssinn der hartgesottenen Fasnachter hat, merkt Anja Fuchs lächelnd an. Deshalb gehen die Veranstalter lieber auf Nummer Sicher.
Natürlich wollen Alt-Konstanzer Hansele und Blätzlebuebe den Narrentouristen die Konstanzer Fasnacht ganz authentisch nahebringen. Das fängt bereits bei den Veranstaltungsorten an. Der Zunftmeisterempfang wird im Sankt Johann stattfinden – dem einstigen heiß geliebten Fasnachtsdomizil trauern viele Konstanzer heute noch nach. Die Tagung selbst findet im Konzil statt.
Gibt es dort dann einen bunten Abend? Roland Scherer winkt ab: „Das können wir nicht.“ Echt jetzt? „Weil wir Straßenfasnachter sind“, fügt Thorsten Heer erklärend an, um auf den kleinen, aber dennoch sehr feinen Unterschied zwischen schwäbisch-alemannischer Fasnacht und den Vereinen karnevalistischer Prägung hinzuweisen, die in Konstanz ganz selbstverständlich in guter Freundschaft nebeneinander und miteinander existieren.

Das ist eben das Besondere an Konstanz: „Das Miteinander“, stellen Heer und Scherer unisono fest. Konstanz ist Fasnachts-Hochburg. Wo sonst gibt es in einer Stadt rund 100 verschiedene Fasnachtsvereine und -zünfte und freie maskentragende Gruppen?
Lumpenkapellen im Wirtshaus
Und was machen sie statt eines bunten Abends? „Wir machen das, was zu uns passt: eine Wirtshausfasnacht mit Lumpenkapellen und Schnurrgruppen“, so Roland Scherer, wobei vor allem VSAN-Zünfte ihre Musik-Combos mitbringen werden, um das Programm zu komplettieren. „Für die Musiker wird es einen eigenen Musikerhock geben“, schließlich haben nicht alle Platz im Wirtshaus. Der Rheintorturm wird dann zum Nest aller Narrenmusiker.
Das wird sicherlich nicht nur in der Niederburg unüberhörbar sein, zumal die Fanfarenzüge und Lumpenkapellen vom Rheintorturm zum Wirtshaus und zurücklaufen müssen. Nach zwei Jahren Pandemie werden sie garantiert nicht leise schlendern, sondern den Weg als Mini-Umzugsstrecke nutzen. Und wer weiß, wie gut das Blätzlebrunnenwasser wirkt? Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Narrenmusikanten doch noch einen Umweg durch die Altstadt laufen.
Ein „ordentlicher Umzug“, wie Roland Scherer formuliert, sei nicht geplant. Aber hat es in Konstanz je einen ordentlichen Umzug gegeben? Leben sie nicht eben von einer gewissen Unordnung und dem ungestümen Tollen? Im Gleichschritt einen Umzug zu absolvieren, das tut man in anderen VSAN-Gebieten, nicht aber in der Fasnachtshochburg Konstanz.

Mit „Umzug“ meint Roland Scherer, dass die Delegierten zum Sankt Johann laufen. Außerdem gibt es für die etwa 170 närrischen Begleitungen der Zunftmeister ein Begleitprogramm mit Stadtführungen. „Es wird bunt in der Stadt“, ist sich Roland Scherer sicher und spricht von „seltsamen Sachen, die man eher selten in Konstanz sieht“. Dabei meint er natürlich die Gewänder. Oder auf gut Alemannisch: Häser.