Auf die Spuren der Geschichte einer jüdischen Familie in Konstanz hat sich Uwe Brügmann für die Initiative „Stolpersteine „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“ gemacht und berichtet beispielhaft anhand der Vita von Alice Maier, geborene Levinger. Für sie und ihren Sohn Kurt werden am Freitag, 25. September, jeweils ein Stolperstein in Konstanz verlegt.
Alice wurde 1899 in Konstanz geboren. Ihr Vater Simon Levinger hatte ein Jahr zuvor am Bodanplatz 10 in Konstanz eine koschere Metzgerei eröffnet und baute 1902 ein eigenes Haus am Bodanplatz, über dessen Türstock noch heute die Initialen S.L. stehen.
Alice Levinger machte im Bankhaus Macaire, das einem wohlhabenden jüdischen Konstanzer Bürger gehörte, eine Banklehre. Am 2. Juni 1921 heiratete Alice Levinger Emil Maier, Mitinhaber einer Guillocheur-Firma in Pforzheim. Im Geschäft ihres Mannes erledigte Alice Maier die Büroarbeiten und brachte 1926 Sohn Kurt zur Welt.
Die erste Rückkehr in die Heimat
Ende der 1920er Jahre ließ sich Alice Maier scheiden, kehrte 1931 mit Sohn Kurt zurück nach Konstanz und arbeitete in der elterlichen Metzgerei. Aufgrund des Schächtverbots durch die Nazis im April 1933 verlor Simon Levinger viele Kunden, schildert Uwe Brügmann. Aber auch gesundheitliche Gründe veranlassten Levinger zum Verkauf seines Geschäfts.
1937 verkaufte er es zum tatsächlichen Wert. Einen beträchtlichen Teil des Verkaufserlöses musste er allerdings als „Reichsfluchtsteuer“ und „Judenvermögensabgabe“ an den Staat abführen, so Brügmann. Bereits 1937 war Erna, die jüngere Tochter des Ehepaares Levinger, mit ihrem Mann nach Montevideo (Uruquay) emigriert. Sie beschaffte Auswanderungspapiere für ihre Eltern, ihre Schwester Alice und deren Sohn Kurt, die ihr 1939 gemeinsam nachfolgten.
Alice Maier arbeitete in Montevideo als Hauswirtschaftsgehilfin und als Verkäuferin in einer Markthalle. Ihr Sohn Kurt wurde Konditor. Nach dem Krieg machte Alice Maier von Montevideo aus über ihren Anwalt in Konstanz eine Rente für ihre Mitarbeit in der elterlichen Metzgerei und Schadensersatzansprüche für die Zeit von 1937 bis 1957 geltend, hat Brügmann herausgefunden.
Die zweite Rückkehr in die Heimat
Diese Klage wurde 1958 zunächst abgewiesen. 1959 erhielt sie eine einmalige Entschädigung. 1960 kehrte Alice Maier nach Konstanz zurück. Nach jahrelangem Prozessieren gegen das Land Baden-Württemberg erhielt sie ab 1970 eine kleine Rente, so Uwe Brügmann.
Von 1970 bis zu ihrem Tod wohnte Alice Maier im Altenwohnheim Talgarten. Ihr Sohn Kurt Maier kehrte 1977 nach Konstanz zurück. Alice Maier starb am 15. Januar 1981, ihr Sohn Kurt am 7. Juni 1982. Mutter und Sohn haben ein gemeinsames Grab auf dem Jüdischen Friedhof in Konstanz.