Das Fest, diese drei Tage am Ende des Jahres, ist gleichermaßen viel gescholten und heiß geliebt. Gescholten für Konsumzwang und Konsumüberfluss, für Stress und Hektik und manche Heuchelei. Geliebt für das Beisammensein, für Geschenke und Kerzenduft, für die Erinnerung an die Kindheit, in der sich Liebe und Mühen der Eltern, ein schönes Fest zu bereiten, spiegeln.

Bei Familie Wohlhüter in Konstanz ist von allen diesen Dingen etwas dabei. Die drei Mädchen haben schon lang ihre Wunschzettel geschrieben oder mangels Schreibfähigkeit anders zu Papier gebracht. Der Weihnachtsbaum steht im Wohnzimmer, die Krippe darunter auch, so dass jedes der Kinder die Figuren nochmal umstellen kann.

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An Heiligabend selbst ist der Ablauf klar: „Wir gehen erst in die Kirche, alle drei Mädchen sind beim Krippenspiel dabei“, berichtet Iris Wohlhüter. Luise und Josefine, die beiden Jüngeren, treten als Schafe auf, Charlotte, die Älteste im Geschwistertrio, mimt den Engel.

Heiligabend bedeutet Familienzeit mit Krippenspiel und Bescherung

Nach der Kirche geht‘s nach Hause, wo Papa den Kindern in einem der Kinderzimmer vorliest, um die Ungeduld ein wenig auszugleichen. „Wenn die Kinder nach unten ins Wohnzimmer kommen, wird gebetet und gesungen.“

Und dann, ja dann, kann das Christkind kommen, denn mehr können Kinder an diesem heiligen Abend wirklich nicht tun. Für die siebenjährige Charlotte ist das der schönste Moment: „Wenn die Kerzen alle brennen und hier alles ganz anders ist als sonst, das mag ich am liebsten an Weihnachten.“

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Iris Wohlhüter ist es wichtig, ihren Kindern etwas von diesem Gefühl zu vermitteln, dem weihnachtlichen Sinn für Zusammenhalt. Sie selbst kennt das aus Pfullendorf, wo sie aufwuchs. „Damals waren noch alle Kinder beim Krippenspiel dabei – und die paar Evangelischen hat der Pfarrer auch noch integriert.“

Im größeren Konstanz und der beliebigeren Gegenwart wird diese Weihnachtsbotschaft vielleicht manchmal weniger deutlich. Außerdem sind die Festtage ein Zeitpunkt, an dem die Familie zusammen kommt. Das sei im Alltag, wenn ihr Mann arbeite, nicht immer selbstverständlich.

Syrische Mitbürger wollen das deutsche Weihnachtsfest kennenlernen

Nicht alle Konstanzer feiern Weihnachten. Mohammed und Areej Alabdullah leben erst seit zwei Monaten in Konstanz, sind aber, wie sie betonen, sehr gern hier. „Die Deutschen wissen gar nicht zu schätzen, wie gut es hier ist“, sagt Mohammed Alabdullah. Die Flucht der beiden Geschwister aus Syrien dauerte Jahre, jetzt sind sie nur noch erleichtert, angekommen zu sein.

Die Geschwister Mohammed und Areej Alabdullah sind froh, in Konstanz zu sein. Die weihnachtliche Stimmung gefällt ihnen. Auch wenn sie ...
Die Geschwister Mohammed und Areej Alabdullah sind froh, in Konstanz zu sein. Die weihnachtliche Stimmung gefällt ihnen. Auch wenn sie als Muslime kein Weihnachten feiern, möchten sie das Fest und die Bräuche kennenlernen. | Bild: Wagner, Claudia

Und wie fühlt sich Ankommen in der Adventszeit an? Die beiden Syrer sind Muslime und werden Heiligabend und die folgenden Feiertage wohl nichts Besonderes unternehmen. Aber Weihnachten mitzufeiern, das kennen sie durchaus: „In Syrien waren unsere Nachbarn Christen. Mit ihnen haben wir immer Weihnachten gefeiert und auf der Straße getanzt. Wir wissen aber schon, dass die Deutschen das Fest leiser feiern.“

Genau das gefällt den beiden aber ziemlich gut. Sie sind gern an der Marktstätte und beobachten die Menschen, die sich auf dem Weihnachtsmarkt vor dem geschmückten Christbaum fotografieren lassen. „Sie wirken alle glücklich“, sagt Mohammad Alabdullah. „Kürzlich waren wir in einer Kirche zum Konzert einer Band. Das hat unser Herz berührt.“

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Für beide ist klar: Am deutschen Weihnachtsfest möchten sie auch teilhaben, zumindest ein bisschen. Sie wollen sich noch informieren, bei welcher Veranstaltung an den Weihnachtstagen sie dabei sein können.

Ukrainerinnen gefallen die Weihnachtsbräuche der Deutschen sehr gut

Auch Olha Atlasyuk und Tatyana Kraviets sind noch nicht lang in Deutschland, seit Mitte 2022 erst. Weihnachten aber ist für die beiden Ukrainerinnen schon beinahe Routine. In der Ukraine feierte man früher das orthodoxe Weihnachtsfest am 7. Januar nach dem julianischen Kalender – wie in Russland. Vergangenes Jahr aber stellte die ukrainische Kirche auf den gregorianischen Kalender um. Inzwischen feiern katholische und ukrainisch-orthodoxe Christen also zeitgleich Weihnachten.

Tatjana Kraviets und Olha Atlasyuk sorgen beim Treffen „All Nati­ons Come Together“ mit Geflüchteten in Konstanz mit ihren ...
Tatjana Kraviets und Olha Atlasyuk sorgen beim Treffen „All Nati­ons Come Together“ mit Geflüchteten in Konstanz mit ihren Kostümen für Stimmung. Die Ukrainerinnen feiern Weihnachten inzwischen so, wie es in Deutschland gefeiert wird. | Bild: Wagner, Claudia

Seit sie in Konstanz wohnen, haben sie sich an hiesige Bräuche angepasst, bestätigt Tatjana Kraviets. „Wir feiern nach deutschen Regeln, mit Tannenbaum und Geschenken“, sagt sie. Für die Jüngsten ein Gewinn: Die Kinder bekämen jetzt sogar zweimal Geschenke, erst an Weihnachten, dann erneut an Silvester, wie es in der Ukraine üblich war.

Gleichgültig welcher Herkunft ein Mensch ist, das Weihnachtsfest ist groß genug, dass es an kaum jemanden ganz vorbei geht. Andersgläubige verzichten auf die religiösen Inhalte und nehmen dennoch an den Bräuchen teil, wenn sie hier leben. Das wirkt verbindend und stiftet vielleicht die ein oder andere Freundschaft, die über das Fest hinaus Bestand hat.