Axel Zunker ist sauer. Er wohnt in der Petershauser Straße und braucht sein Auto aus geschäftlichen Gründen, denn „ich bekomme nachts Material in den Wagen geliefert“. Aber der Parkdruck in dem Gebiet sei so groß, dass er lange einen freien Parkplatz suchen und letztlich „sonstwo“ parken müsse.

Das berichtet er der CDU-Fraktion, die die Bürger zu einem Ortstermin eingeladen hatte. Der Grund: Es geht um die Einführung des Anwohnerparkens und die Auswirkungen des von vielen Konstanzern kritisch gesehenen Handlungsprogramms Fußverkehrs.
Zunker hofft, dass sich mit der Einführung des Anwohnerparkens die Situation zum Positiven entwickeln werde. „Die 150 Euro würde ich sofort zahlen“, bekräftigt er, denn er hat mittlerweile die Nase voll. Er meint: „Wenn du hier in Konstanz wohnst, bist du der Depp. Ich fühle mich in meiner Stadt nicht mehr wohl. Das fängt bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum an.“ Und höre auch bei der leidigen Parkplatzsuche nicht auf.
Das Vorhaben der Stadtverwaltung
„Es scheint noch nicht so bekannt, was die Stadt vorhat“, mutmaßt CDU-Fraktionschef Roger Tscheulin auch mit Blick auf die nur vereinzelt anwesenden Bürger. In zwei Teilbereichen des größten Stadtteils – Petershausen – soll das Anwohnerparken eingeführt werden. Allerdings: „Das Handlungsprogramm (Hapro) Fußverkehr muss darübergelegt werden, denn auch das hat Einfluss auf die Situation vor Ort“, so Tscheulin.
Dies sei aber noch nicht erfolgt, aber wichtig: „Im Prinzip hat jeder ein Auto, das er nutzt.“ Klar sei aber auch: Mit dem Hapro Fuß würden letztlich viele Parkplätze entfallen oder verlagert, wie er am „Musterbeispiel Paradies“, erläutert. In der Schottenstraße seien etwa 80 Parkplätze in Gefahr.

Löst Anwohnerparken alle Probleme? Das bezweifelt die Bürgergemeinschaft (BG) Petershausen, die bereits das Amt für Stadtplanung und Umwelt (ASU) angeschrieben hat ebenso wie Gastronom Stefan Müller. Sein Restaurant „Die Metzgerei“ befindet sich direkt am Ebertplatz.
Die Ecksituation am dortigen Teil der Sankt-Gebhard-Straße sei prekär. „Radfahrer und Autos – das ist Kamikaze“, schildert er die Verkehrssituation. Autofahrer würden zum Teil falsch parken. Und doch kann Müller sie ein Stück weit verstehen: „Die Leute sind verzweifelt, weil sie keinen Parkplatz kriegen.“

Ein Problem sieht Stefan Müller durch das Parkraumkonzept, das weite Teile der genannten Straße sowie der kompletten Petershauser Straße für ausschließliches Anwohnerparken ausweisen will: Gerade in diesem Bereich gebe es unter anderem Bäckerei, Döner- und Pizzaladen. „Da gibt es viele Leute, die schnell hinfahren und ihr Essen abholen wollen“, meint er. Das wäre dann künftig noch weniger möglich.
Planung basiert auf alten Zahlen
Christian Millauer, Vorsitzender der BG Petershausen, bezweifelt die Grundlage des Parkraumkonzepts: „Die Erhebung fand im Oktober 2019 statt, wurde aber offenbar erst im Jahr 2022 ausgewertet. Inzwischen wurden mehr als 1000 Autos mehr zugelassen.“ In Petershausen gebe es somit 250 Fahrzeuge zusätzlich, rechnet er. Das entspreche einer zehnprozentigen Steigerung, die eben nicht berücksichtigt worden sei.
Zusätzlich führt er die Nachverdichtung und den niedrigen Stellplatzschlüssel bei Neubauten an, welche zu einer Verschärfung der Parksituation führe. „Die Nachverdichtung seit 2019 ist überschaubar“, entgegnet Markus Tittelbach, Mitglied des Kreisvorstands Bündnis 90/Die Grünen.
Willauer hält entgegen und führt das Wohnbauprojekt Petersglück (ehemaliges Telekomhochhaus) mitsamt Neubauten an, welche mehr Bürger und damit mehr Autos für den öffentlichen Raum bringe, da dort auch nur ein Stellplatzschlüssel von 0,5 angesetzt sei.
Angst vor Parkdruck und Verdrängungswettbewerb
„Das wird einen Riesenparkdruck geben“, befürchtet Christian Willauer. „Das wäre ein gutes Argument für gute Bepreisung“, so Tittelbach. Die Leute sollten dann entsprechend für die Parkplätze bezahlen. „Wenn man das über den Preis regelt, dann fallen die runter, die wenig Geld haben“, stellt Roger Tscheulin fest und Fabio Crivellari (CDU-Kreisvorstand) meint: „Sozialer Verdrängungswettbewerb.“
Verdrängung werde auf jeden Fall stattfinden, meint Christian Millauer, denn nur auf einem kleinen Teil von Petershausen werde das Anwohnerparken eingeführt. „Der Parkdruck wird auf andere Gebiete verlagert. Das ist doch idiotisch“, so Millauer.
Er findet es ungerecht, dass ein Teil Gebühren bezahlen müsse, andere hingegen nicht. Warum werde das Parkraumkonzept nicht auf die Gesamtstadt ausgelegt? Flächen könnten nur bewirtschaftet werden, wenn der entsprechende Druck vorhanden ist, „sonst ist es rechtlich nicht möglich“, erläutert CDU-Stadtrat Daniel Groß.
Das ist kein Klimaschutz
Doch nicht nur das. „Das erklärte Ziel, Parkplätze zu streichen, um Autos zu reduzieren, erhöht den Parksuchverkehr. Das ist doch ein Zielkonflikt und ist kontraproduktiv für den Klimaschutz“, hält Fabio Crivellari fest. Seiner Ansicht nach sollten erst Alternativen, wie beispielsweise Quartiersgaragen, geschaffen werden, und dann sollte man sehen, wie sich dies auswirke.
Crivellari kommt zu dem Schluss: „Es fehlt eine Ausgewogenheit in der Gesamtplanung.“ Er sei keineswegs gegen die Mobilitätswende, „aber sie muss sinnvoll sein“. Er plädiert zu einer Verbundlösung, unter anderem auch Carsharing auszubauen, und auch die Infrastruktur, beispielsweise für E-Autos, auszubauen. „Das gehört zu einem ausgewogenen Mobilitätskonzept. Es gehört zusammengedacht.“