Ist der Konstanzer faul oder eher bewegungsfreudig? Dieser Frage will die Technische Universität (TU) Dresden auf den Grund gehen. Ok, nicht um den Bürgern ein schlechtes Gewissen einzureden, sondern um generell mehr Informationen über Mobilitätsverhalten der Bevölkerung herauszufinden.
Wahrscheinlich ist einigen Bürgern schon ein Schreiben im Briefkasten aufgefallen. Sie sollen an einer Befragung zu „Mobilität in Städten“ teilnehmen. Rund 1200 Konstanzer werden im Lauf der kommenden Monate dazu befragt. „Die Umfrage wird für das gesamte Gebiet der Stadt Konstanz inklusive der Ortsteile auf dem Bodanrück durchgeführt“, sagt Benedikt Brüne, Pressesprecher der Stadt Konstanz.
Was wird abgefragt?
„Im Zentrum der Untersuchung steht die Erfassung der einzelnen Wege aller Haushaltsmitglieder ab 0 Jahren an einem zufällig ausgewählten Stichtag“, so steht es im Schreiben der TU Dresden. Wirft man einen Blick in den Fragenkatalog, fällt auf: Viele Fragen drehen sich um die Anzahl und Nutzung von privaten Autos und Fahrrädern, aber auch, ob alternative Angebote wie Carsharing oder Bus bei den Bürgern gefragt sind.
Welche Ergebnisse werden erwartet?
Alle fünf Jahre befragt die TU Dresden Bürger in ganz Deutschland. In Konstanz gab es zuletzt 2018 diese Umfrage, die deutliche Veränderungen im Mobilitätsverhalten aufgezeigt hat. Dass es wieder Veränderungen geben wird, davon ist Brüne überzeugt: „Die Stadt geht davon aus, dass die Stärkung des Umweltverbundes (Fuß-, Rad-, öffentlicher Verkehr), die in der letzten Erhebung 2018 zu beobachten war, weiter vorangeschritten ist.“

In welchen Bereichen hat sich das Verhalten geändert?
Im Vergleich zu den letzten beiden Umfragen hat sich gezeigt, dass die Konstanzer immer häufiger das Auto stehen lassen und aufs Fahrrad umsteigen. „Seit 2007 hat der motorisierte Individualverkehr der Konstanzer Bevölkerung innerhalb der Stadt (Binnenverkehr) um 31 Prozent abgenommen“, heißt es in der Zusammenfassung der Ergebnisse von 2018.
Motorisierter Individualverkehr steht im Beamtendeutsch für die Nutzung des privaten Autos oder des Motorrads. Das Fahrrad nutzen mittlerweile 30 Prozent der Befragten. 2007 waren es noch 22 Prozent.
Haben die Ergebnisse Auswirkungen?
Ja, haben sie. „Die erhobenen Daten dienen als Grundlage für das Monitoring der bestehenden Mobilitätskonzepte (zum Beispiel Masterplan Mobilität) sowie als Grundlagen für weitere Verkehrsuntersuchungen“, schreibt Brüne. Im Masterplan Mobilität hat die Stadt Ziele definiert, wie sich der Verkehr nachhaltiger organisieren lässt.
Welche Konsequenzen hat die Stadtverwaltung daraus gezogen?
Besonders viel getan hat sich im Bereich des Radverkehrs. So wurde zum Beispiel der Ausbau der Radinfrastruktur vorangetrieben. Die Stadt hat in den vergangenen Jahren neue Fahrradstraßen geschaffen. Seit 2018 wurden beispielsweise die Petershauser Straße, die Jahn- und die Seestraße in Fahrradstraßen umgewandelt. 2022 und 2023 folgten die Schotten-, Eichhorn- und Jakobsstraße.
Doch nicht nur auf den Straßen geht es voran, sondern auch beim Thema Stellplätze. Für die Drahtesel gibt es mittlerweile viele Fahrradbügel. Sie sind über das ganze Stadtgebiet verteilt. Ein Parkhaus für Räder am Bahnhof ist geplant.
Wo sieht die Stadt beim Bus Optimierungsbedarf?
„Die Auslastung der Busse ist als hoch bis sehr hoch einzuschätzen“, schreibt Benedikt Brüne. Dennoch bestehe noch Optimierungspotenzial. Und wie sehen die Ansätze aus? Weniger Umstiege, bessere Erreichbarkeiten von Haltestellen in einem Umkreis von 300 Metern und extra Busspuren. Im Gegenzug soll der motorisierte Individualverkehr weniger attraktiv erscheinen.
Wie soll der Autoverkehr verringert werden?
Regelmäßig ist die Konstanzer Innenstadt verstopft. Das ist schon lange ein Dorn im Auge der Stadtverwaltung. Der Autoverkehr soll daher reduziert werden. Zum Beispiel durch die Erhöhung von Parkgebühren. Seit 2022 kostet die erste halbe Stunde auf einen der linksrheinischen Parkplätze 2 Euro, jede weitere angefangene halbe Stunde einen Euro.
Eine weitere Maßnahme: der Wegfall von Parkplätzen – insbesondere beim Anwohnerparken. Diesen Beschluss hat der Gemeinderat 2022 gefasst. Auch das ist bereits umgesetzt. Immer mehr Parkplätze verschwinden, zum Beispiel im Paradies. Zudem wurde die Gebühr für Anwohnerparkausweise angehoben: auf 150 Euro pro Jahr. Doch die Anhebung war nicht rechtens und musste überarbeitet werden.
Auch die Reduzierung der Geschwindigkeit in vielen Straßen ist ein Ansatz, um Autofahrer zum Umstieg auf das Rad, den Bus oder die eigenen Füße zu bewegen. Bereits seit 2020 gilt auf der Oberen und Unteren Laube Tempo 30. Nun sollen noch mehr Straßen in Konstanz zu verkehrsberuhigten Zonen umgewandelt werden, darunter die Marienhausgasse und der Friedrich-Pecht-Weg (Paradies), Kapellenweg und Oberstegle (Allmannsdorf) sowie der Höriblick (Wollmatingen).