„Ich bin total überzeugt!“ Maria Kaufhold ist Carsharerin. Ein eigenes Auto hat sie nicht. Sie bucht sich eines, wenn sie es braucht. Zum Beispiel für Wochenendausflüge. Die Konstanzerin sieht darin nur Vorteile – und damit ist sie nicht allein.
Auch die Stadtverwaltung will das Angebot im Sinne einer klimafreundlichen Politik weiter ausbauen. Das zeigt sich auch durch den Bau einer Mobilitätsdrehscheibe am Brückenkopf Nord oder die geplante Bebauung des Döbeles samt Mobilitätshaus mit Stellplätzen für Carsharing. Doch dabei handelt es sich noch um Zukunftsmusik. Hier kommen es die wichtigsten Infos zum Status Quo.
Welche Anbieter gibt es in Konstanz?
In Konstanz gibt es derzeit drei Anbieter für Carsharing: Stadtmobil Südbaden, der Verein Ökostadt Konstanz und Car-ship. Alle drei betreiben stationsbasiertes Carsharing – das heißt, dass jedes Auto einen festen Stellplatz hat, an dem Nutzer es abholen und wieder zurückgeben.
Das sogenannte free-floating – Modell, also Fahrzeuge, die überall im Stadtgebiet abgestellt werden können, käme für Konstanz wegen des Parkplatzmangels nicht infrage. Das erklärte die Stadt in einer Pressemitteilung bereits 2019.
Stadtmobil Südbaden hat in Konstanz derzeit 32 Fahrzeuge in Betrieb. Weil die Nachfrage stetig steigt, soll die Flotte in diesem Jahr laut Pressesprecher Fabian Kern um neun Autos ergänzt werden. Acht davon werden elektrisch betrieben. In Konstanz ist Stadtmobil Südbaden der größte Anbieter.
Wie steht es um den Ausbau des Angebots?
Von Car-ship fahren aktuell 15 Elektrofahrzeuge in Konstanz, wie Geschäftsführerin Gisela Gloger mitteilt. Die Zahl ihrer Autos ändere sich aber fast jeden Tag, fügt sie an. Der Grund: Car-ship soll ab Herbst zur Genossenschaft werden. Dafür würden momentan einige Autos verkauft, die Firma solle zunächst einmal „gesundschrumpfen“, sagt Gloger.
Kleiner Rückblick: Ein Jahr nach dem Start von Car-ship im Jahr 2018 hatte Gisela Gloger in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER über ihr Ziel gesprochen: Jedem in einem Umkreis von 1000 Metern eine Carsharing-Möglichkeit anzubieten.

Wie steht es heute um dieses Ziel? „Es fehlen immer noch viele“, bedauert sie. „Das ist mein großer Kummer, dass wir viel zu langsam wachsen. Wir brauchen mehr Autos und stärkere Partner.“ Nicht zuletzt deshalb hat sich Gloger für die Gründung der Genossenschaft entschieden. Da sie ohne Gewinnerzielungsabsicht sei, entspreche sie dem Carsharing-Gedanken am besten.
Gisela Gloger bleibt optimistisch – denn sie ist davon überzeugt, dass die Nachfrage künftig weiter steigen wird. „Im Durchschnitt bekommen wir einen neuen Car-shipper oder eine neue Car-shipperin pro Tag dazu“, sagt sie. Aktuell nutzen etwa 800 Menschen ihr Angebot in Konstanz, sagt die Geschäftsführerin.
Wo stehen die Carsharing-Fahrzeuge eigentlich?
Zusammen mit den drei Autos des Vereins Ökostadt stehen in Konstanz aktuell 50 Carsharing-Fahrzeuge bereit. Die Parkplätze sind hierbei quer durch Konstanz verteilt. Nutzer von Stadtmobil Südbaden können die Autos beispielsweise in Wollmatingen, Petershausen, Fürstenberg, Staad sowie im Paradies und in der Altstadt abholen. Eine interaktive Karte auf der Internetseite zeigt die jeweilige Verfügbarkeit.
Car-ship hat Stellplätze in Fürstenberg, Königsbau, Petershausen, in Wollmatingen sowie im Industriegebiet und Ökostadt in Petershausen, Paradies und Altstadt.
Mangel an E-Ladestationen und Stellplätzen: immer noch ein Problem?
Parkplätze sind in Konstanz Mangelware. Das beklagten die Anbieter bereits vor vier Jahren. Damals durften Carsharing-Fahrzeuge nämlich lediglich auf Privatgrundstücken oder nicht-öffentlichen Flächen der Stadt abgestellt werden. Unter diesen Bedingungen sei es schwierig gewesen, das Angebot auszuweiten.
Was hat sich seitdem getan? Gloger: „Wir haben von der Stadt weitere Plätze zugewiesen bekommen, das ist ganz toll.“ Das Problem dabei ist aber, dass manche ohne Lademöglichkeiten sind.“ Das soll sich laut der Gründerin in Zukunft aber ändern, denn sie möchte an jedem Stellplatz eine eigene Ladestation anbringen.
Ermöglicht wurden die neuen Stellplätze durch eine Änderung des Landesstraßengesetzes Baden-Württemberg. Im Jahr 2019 erhielt dieses einen neuen Paragrafen, der es erlaubt, Carsharing-Anbietern öffentliche Flächen zur alleinigen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Das war zuvor rechtlich nicht zulässig gewesen. Auch Stadtmobil Südbaden erhielt dadurch neue Parkplätze, berichtet Fabian Kern.
Verkehrsplaner will Autonutzung halbieren
Weniger private Autos, mehr geteilte? Carsharing soll dazu beitragen, die Stadt bis 2035 klimaneutral zu machen. Um das zu erreichen, hat sich die Verwaltung mit ihrer Klimaschutzstrategie ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Die Autonutzung in Konstanz soll halbiert werden.
Was das konkret bedeutet, erläutert Verkehrsplaner Stephan Fischer. Wenn man zugleich von einer Halbierung des Pkw-Bestands ausgehe, müssten – von etwa 37.000 gemeldeten Autos (Stand 2022) – rund 18.000 durch Carsharing ersetzt werden. Fischer dazu: „Geht man davon aus, dass 2035 für 20 Haushalte ein Carsharing-Fahrzeug zur Verfügung steht, sind das circa 900.“ Nur ein umfassendes Angebot werde Menschen dazu bewegen, das eigene Auto abzuschaffen, so Fischer.
Maria Kaufhold: „Ich finde das richtig super!“
Zurück zu Maria Kaufhold. Seit etwa fünf Jahren nutze die 31-Jährige die Fahrzeuge des Anbieters Stadtmobil Südbaden, wie sie berichtet. „Ich finde das richtig super“, so Kaufhold. Weil sie ganzjährig fast alle Wege mit dem Rad zurücklege, lohne sich ein eigenes Auto für sie nicht. Gemeinsam mit ihrem Mann habe sich sich somit dazu entschlossen, bei dem Anbieter einen Account für zwei Personen anzulegen.

Alle vier bis sechs Wochen leihen sich die beiden ein Auto aus – für Wanderausflüge ins Allgäu, Tagestrips, oder Besuche von Freunden und Familie. Maria Kaufhold: „Eben dann, wenn man dort mit dem ÖPNV nicht so gut hinkommt.“
Die Vorteile von Carsharing sind für die 31-Jährige ganz klar: „Es ist billiger als ein eigenes Auto, wir brauchen keinen Parkplatz vor dem Haus, die Fahrzeuge sind sehr modern – sicherlich deutlich neuer, als wenn wir ein eigenes hätten.“ Außerdem finde sie es praktisch, sich nicht um die Wartung kümmern zu müssen.