Was ist das für eine dreckige Bescherung? Diesen Gedanken haben viele Konstanzer, die das neue System für Mehrweggeschirr auf dem Konstanzer Weihnachtsmarkt kritisieren. Die Veranstalter des Marktes, die Weihnachtsmarkt am See GbR, wird als einer der ersten deutschen Weihnachtsmärkte auf ein einheitliches System für Mehrweggeschirr umstellen.
Damit nimmt Konstanz eine Vorreiterrolle ein. Zumindest auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick fällt ein Haken auf: Gegessen wird in Konstanz, das dreckige Geschirr wird 280 Kilometer weiter weg gespült – nämlich in Bad Mergentheim. Die Stadt befindet sich nördlich von Heilbronn.
In den sozialen Netzwerken wird heiß über das Konzept und den ersten Artikel des SÜDKURIER zu diesem Thema diskutiert, in dem noch die Rede ist, dass das Geschirr in Stuttgart gewaschen wird. „Soll das ein Witz sein?“, fragt etwa einer ungläubig. „In Konstanz benutzt, in Stuttgart gespült – das klingt echt ökologisch!“, stellt ein anderer User ironisch fest. Andere kommen mit Gegenvorschlägen, die sie für nachhaltiger halten: „Kann doch jeder Stand selbst oder irgendwo im Konzil spülen!“
So handhaben es andere Städte auf Weihnachtmärkten
Tommy Spörrer und Levin Strake halten dagegen. Sie sind die Organisatoren des Weihnachtsmarktes bei der Weihnachtsmarkt am See GbR und die Geschäftsführer von Event Promotions, zu der die GbR gehört. Seit Februar haben Spörrer und sein Team sich Gedanken darüber gemacht, wie man den Weihnachtsmarkt nachhaltiger gestalten könnte. Beim Geschirr haben sie einen effektiven Ansatzpunkt gefunden. Gelingen soll ihnen das mit der Kölner Firma Vytal, die Kunststoffteller, Schlüsseln und Besteck zur Verfügung stellen wird. Die Glühweintassen kommen nicht aus Köln.
Wann Mehrweggeschirr nachhaltig ist
Doch warum hat sich der Veranstalter für das Geschirr des Anbieters Vytal entschieden? Wurde dabei bedacht, dass der Reinigungsvorgang nicht vor Ort passieren würde. „In einem und langen und durchaus komplexen Auswahlverfahren hat sich der Anbieter Vytal als die für den Weihnachtsmarkt Konstanz praktikabelste und umweltfreundlichste Lösung für ein zukunftsorientiertes Mehrwegsystem durchgesetzt“, sagt Spörrer auf SÜDKURIER-Nachfrage.
Er erklärt weiter, wodurch sich Nachhaltigkeit bei Mehrweggeschirr auszeichnen würde. „Die Entfernungen zwischen der Veranstaltung und dem Reinigungszentrum sind von geringerer Bedeutung, da der Schwerpunkt auf der schnellen und wiederholten Nutzung des Produkts liegt, um seine positive Umweltwirkung zu maximieren“, erklärt er und meint damit: An einem Tag wird das Geschirr in Konstanz benutzt, dann zum Waschen nach Bad Mergentheim gefahren und kann am nächsten Tag auf einer Veranstaltung in Raum Ulm zum Einsatz kommen.

Eigene Spülmobile im Stadtgarten aufzustellen, sei auch keine Lösung, sagen die Organisatoren: „Eine dezentrale Spüllösung in den jeweiligen Gastrohütten auf dem Weihnachtsmarkt ist unter anderem aufgrund der unzureichenden Stromversorgung im Stadtgarten nicht praktikabel.“ Dazu müssten die Stadtwerke Konstanz und die Stadt als Eigentümerin des Stadtgartens aktiv werden. Laut der Stadt laufen dazu bereits Abstimmungen. Konkrete Pläne dazu gebe es aber nicht. Die Weihnachtsmarkt am See GbR würde sich auch finanziell an Kosten für eine Trafostation beteiligen, gibt Spörrer zu Protokoll.
Generell sei es von Seiten der Stadt möglich, auf dem Gelände des Weihnachtmarktes Spülmobile aufzustellen, bestätigt Elena Oliveira aus der städtischen Pressestelle. Eine Anfrage von Seiten des Veranstalters dazu gebe es aber nicht.
Ein Spülzentrum in Schaffhausen?
Ganz so glücklich sind Tommy Spörrer und Levin Strake mit der weit entfernten Spül-Lösung auch nicht. „Uns ist bewusst, dass es optimaler wäre, auch noch auf diese Fahrten zu verzichten“, sagt Spörrer. Das könnte sich ändern. Laut Spörrer überlege Vytal ein industrielles Spülzentrum im Raum Schaffhausen/Konstanz zu errichten. Allerdings setze das voraus, dass das Geschirr das ganze Jahr über genutzt werde.
Aber gibt es keine Möglichkeit, das Geschirr in der Umgebung zu spülen? Diese Frage geht direkt an das Unternehmen Vytal. Diese antworten, dass in Bezug auf Strom- und Wasserverbrauch große Spülanlagen deutlich vorteilhafter abschneiden würden als Spülmobile oder die normalen Spülmaschinen professioneller Gastrobetriebe. Jennifer Ziegert, Leiterin der Marketingabteilung von Vytal, erklärt: „Insbesondere darf nicht vergessen werden, dass die Reinigung von Kunststoff-Mehrwegartikeln andere Anforderungen hat als zum Beispiel das Spülen von Glas oder Porzellan.“

Wie sieht es mit essbarem Geschirr aus? Ist das keine nachhaltige Alternative? Aus Sicht von Spörrer nicht: „Das essbare Geschirr ist in den meisten Fällen nicht genießbar und wandert in den Restmüll.“ Zudem werde das essbare Geschirr vorrangig in Asien produziert.