Einwegverpackungen unterschiedlicher Art türmen sich auf dem Konzertflügel in der Villa Rheinburg. Jeder kennt sie, denn sie sind allgegenwärtig – außerdem sorgen sie bei der Straßenreinigung für Mehrarbeit und kosten die Steuerzahler Geld. Dabei gibt es Mehrwegalternativen.

Darauf weisen Franziska Schramm vom Klimaschutzamt, Helge Kropat von der Kämmerei und Max Schönberger von den Technischen Betrieben Konstanz (TBK) bei einem Pressegespräch hin. Sie wollen Hintergründe und Ziele der Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild erklären, die am 1. Januar 2025 in Konstanz eingeführt wird.

Vielleicht müsste es aber besser heißen, eingeführt werden soll, denn FDP, CDU und Freie Wähler wollen einen Gemeinschaftsantrag stellen, um die Einführung der Steuer zu kippen. Das Thema ist weiterhin strittig: Betriebe, respektive die Verbraucher, die ohnehin Müllgebühren bezahlten, würden zusätzlich zur Kasse gebeten, gibt FDP-Stadtrat Achim Schächtle gegenüber dem SÜDKURIER zu bedenken.

Für viel Müll sorgen Einwegverpackungen und -geschirr, stellen Max Schönberger von den Technischen Betrieben Konstanz (links) und Helge ...
Für viel Müll sorgen Einwegverpackungen und -geschirr, stellen Max Schönberger von den Technischen Betrieben Konstanz (links) und Helge Kropat von der Kämmerei fest und finden, das müsse nicht sein, denn es gebe Alternativen. | Bild: Scherrer, Aurelia

„Von Jahr zu Jahr gibt es mehr Müll“, berichtet Max Schönberger. 500 Tonnen pro Jahr sei das Gesamtvolumen, das im öffentlichen Raum anfalle. Helge Kropat von der Kämmerei nennt Zahlen. 4000 Pizzakartons und ebenso viele Asia-Boxen pro Betrieb im Jahr, gibt er Beispiele und fügt an: „Die Summe ist erschreckend.“

Welche Betriebe sind betroffen?

Wie viele Betriebe in Konstanz – von der Eisdiele über Imbiss bis hin zum Supermarkt – müssen künftig Steuern zahlen oder ihren Betrieb auf Mehrweggeschirr umstellen? „650 Betriebe haben wir angeschrieben, etwa 400 werden wohl im kommenden Jahr Verpackungssteuer zahlen und etwa ein Dutzend will komplett auf Mehrweg umsteigen“, berichtet Helge Kropat.

Die Stadt rechne mit etwa 600.000 Euro Steuereinnahmen im Jahr, erklärt Kropat. Wurden für die Abwicklung neue Stellen in der Verwaltung geschaffen? Eine 40-Prozent-Stelle im Klimaschutzamt, die befristet sei sowie eine 60-Prozent-Stelle in der Kämmerei, allerdings in Kombination mit der Grundsteuerreform.

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Seit Januar 2023 sei es Pflicht, dass die Betriebe auch Mehrweg anbieten müssten, stellt Franziska Schramm fest und kommt auf die Verpackungssteuer zu sprechen. „Veränderungen bedeutet Stress. Wir können verstehen, dass die Gastro nicht schreit: Yeah!“

Und doch gebe es welche, die die Umstellung als Chance erachteten. So habe sich eine Arbeitsgruppe gebildet. Wie viele Menschen engagieren sich in der AG? „Sieben bis acht arbeiten daran, auf Mehrweg umzustellen und keine Steuer zahlen zu müssen“, so Elena Oliveira von der Pressestelle der Stadt Konstanz.

Werben für Mehrweg (von links): Franziska Schramm vom Klimaamt und Elena Oliveira vom Presseamt präsentieren Alternativen. Ein Anbieter ...
Werben für Mehrweg (von links): Franziska Schramm vom Klimaamt und Elena Oliveira vom Presseamt präsentieren Alternativen. Ein Anbieter wirbt auf seinen Bechern mit dem Spruch „Use me baby one more time“ (Benützte mich ein weiteres Mal, Baby). | Bild: Scherrer, Aurelia

Für eigentlich jede Speise und jedes Getränk gebe es eine Mehrweg-Alternative, so Franziska Schramm, die Beispiele unterschiedlicher Anbieter vorstellt, wie Recup oder Vytal. Als positives Beispiel für die Umstellung auf Mehrweggeschirr hebt sie den Konstanzer Weihnachtsmarkt hervor, denn die Organisatoren werden in diesem Jahr mit Vytal kooperieren, welche das Mehrweggeschirr zur Verfügung stelle und spüle.

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Was wird besteuert?

Steuern fallen auf Einweg-Verpackungen an, die Speisen und Getränke zum Sofortverzehr beinhalten. Eis im Pappbecher, wobei der Löffel als Einheit dazugezählt werde, das Papier beim Döner, Salat und Sushi in der Box aus dem Supermarkt, wenn das Besteck dabei ist, gibt Helge Kropat Beispiele. Sei das Besteck beim Supermarkteinkauf nicht dabei, dann gehe man davon aus, dass die Speisen nicht sofort verzehrt würden. Auch die Fast-Food-Ketten mitsamt Drive-in würden künftig Verpackungssteuer zahlen müssen.

Das Konzept ist nicht ganz unkompliziert. Gerade die Papiertüten-Besteuerung klingt für viele nicht ganz logisch. Schnitzelbrötchen und Fleischkäsebrötchen in der Tüte werden künftig besteuert, die Tüte mit belegten Brötchen hingegen nicht. Helge Kropat versucht es auf den Punkt zu bringen: Die Steuer werde dann erhoben, wenn das Produkt schnell die Konsistenz verändere. Pizza-Lieferdienste müssten keine Verpackungssteuer zahlen, da davon auszugehen sei, dass diese nach Hause liefern würden.

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Steuer hat Unzulänglichkeiten

„Lieferservice wird zunehmen“, sagt Manfred Hölzl, CDU-Stadtrat und zweiter Vorsitzender der Dehoga-Kreisstelle Konstanz, gegenüber dem SÜDKURIER. Ebenso überzeugt ist er, dass die Adressen Herosépark und Stadtgarten auch künftig beliefert würden. „Da wird sich nicht viel ändern“, so Hölzl, wobei er an die überquellenden Mülleimer denkt.

Hölzl ist nicht von der Verpackungssteuer überzeugt. „Auch die Dehoga versucht den Nachhaltigkeitsgedanken nach vorne zu bringen, versteht aber auch die Arbeitsweise der Betriebe.“ Gerade die kleinen Betriebe treffe die Steuer, da manche keine Möglichkeit hätten, auf Mehrweg umzustellen.

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Er spricht von Anschaffungskosten und zusätzlichem Platz für Lagerung. Dazu „separate Spülmaschine, Kosten für Strom und Wasser und die Hygieneanforderungen“; manch kleiner Betrieb stünde vor ungelösten Aufgaben, so Hölzl, der noch viele Punkte nennt, die er kritisch sieht und zusammenfasst: „In Summe hat die Steuer viele Unzulänglichkeiten.“

Zu Lasten der Betriebe und Bürger

Das finden auch die FDP-Stadträte Achim Schächtle und Manfred Hensler. Es könne nicht angehen, „dass die Bürger weiter geschröpft werden“, so Schächtle, denn die Betriebe würden wohl die Steuer auf ihre Produkte draufschlagen müssen. „Mancher Betrieb wird weniger Umsatz machen, das trifft dann gerade die kleinen“, sagt Hensler.

Ihnen würde zudem ein „Mehraufwand an Bürokratie aufgesattelt“. Er kommt auf die desolate Haushaltslage zu sprechen und sagt: „Die Stadt braucht eine florierende Wirtschaft, sonst gehen die Lampen aus.“ Gegenüber dem SÜDKURIER kündigen die beiden Stadträte an, dass die FDP gemeinsam mit CDU und Freien Wählern im Gemeinderat den Antrag stellen werden, die Einführung der Verpackungssteuer zu stoppen.

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