Irgendwann kann sich der Oberbürgermeister dieses eine Wort nicht mehr verkneifen, das so vieles aussagt: Der Gemeinderat könne jetzt nicht „das Projekt zerfleddern“, wirft er, sichtlich angefasst, den Kommunalpolitkern an den Kopf. Da ist schon klar, dass die Unterstützung für Smart Green City weiter bröckelt.
Einen Mehrwert für die Stadt sieht die Mehrheit an diesem Tag nur bedingt. Doch Uli Burchardt kündigt an: Für das Programm, von dem er auch persönlich so sehr überzeugt ist, wird er weiter kämpfen, bis zur entscheidenden Gemeinderatssitzung später im Dezember.
Burchardts Bild vom „Zerfleddern“ kommt nicht von ungefähr. Mit einem Programm von 23 Projekten war die Stadt Konstanz beim Bund einst angetreten. Da sollte Konstanz noch mit rund fünf Millionen einstiegen. Nun sind es noch 19 Projekte – die vier Initiativen Vorhabenkarte, Reduzierung Pendlerverkehr, Leihautomaten und Youtopia sind nach scharfem Gegenwind aus dem Gemeinderat schon gekippt. Oder, wie es bei den Smart Green-City-Machern heißt, in den „Projektspeicher“ verschoben.
Aus 23 Projekten werden 19 und dann nur noch 17
Nun sind aus den 19 Projekten noch 16 und ein halbes geworden. Denn der Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss hat das Programm mehrheitlich weiter zusammengestrichen. Ein Wasser-Monitoring mit „schlauen Badestellen“, wo Sensoren Daten sammeln, leuchtet der Politik kaum ein.
Und das System, das der Bodenseeschifffahrt beim Anliegen Energie sparen hilft, wird ebenfalls skeptisch gesehen. Überdies muss so genannte Reallabor in der Hussenstaße billiger werden – gemeint ist hier der Projektraum, der sich so maximal vom Bild einer Amtsstube unterscheidet.
Was ist Smart Green City und was ist konkret geplant?
Pikanterweise kommt der Gegenwind vor allem aus Burchardts eigener Fraktion, der CDU. Sie hatte zunächst zusammen mit den Freien Wählen gefordert, dass die Stadt nicht weitere 3,6 Millionen Euro in das Vorhaben stecken darf, sondern nur noch höchstens zwei Millionen. Dies hätte, wie die Vertreter von Smart Green City jüngst im Bodenseeforum betonten, wohl das vollständige Aus bedeutet. Als Kompromiss kam es zur Streichung von Einzelvorhaben.
Der Bund, der für jeden Euro der Stadt zwei Euro Förderung dazugibt, weiß übrigens noch nichts davon, dass Smart City in Konstanz nicht wie verabredet umgesetzt wird: Auch die vier bereits erfolgten Streichungen habe man noch nicht kommuniziert, so Verwaltungsdezernent Thomas Traber. Er befürchtet nun sogar, dass der Bund das Zögern aus Konstanz zum Anlass nehmen könnte, ebenfalls zu sparen und auszusteigen.
Der neue Spardruck lässt Stadträte umdenken
Für den politischen Richtungswechsel sorgt neben der CDU und den Freien Wählern unterdessen auch die Freie Grüne Liste. Das seien „sinnvolle Projekte, aber nicht prioritär“, sagt dazu Stadtrat Till Seiler, und besonders grün sei Smart Green City auch nicht.
Vorwürfen, der Gemeinderat hätte sich das alles früher überlegen können und müssen, entgegnet Roger Tscheulin (CDU), die Bedenken hätten eben zum Schluss nicht ausgeräumt werden können. Und Jürgen Faden (Freie Wähler) beruft sich darauf, der Gemeinderat habe nie eine Art Blankoscheck ausgestellt, sondern es sei immer vereinbart gewesen, dass die einzelnen Bausteine nochmals diskutiert würden.
Und genau hier wird dann Verena Vögt vom Jungen Forum griffig: Smart Green City fördere Wirtschaft und Wissenschaft in der Stadt. Es habe wahrlich genügend Möglichkeiten geben, sich zu informieren, kritisiert sie die Mehrheit ihrer Stadtratskollegen – was wiederum Simon Pschorr von der Linken Liste auf die Palme bringt, der gegen immer mehr Zusatztermine kämpft. Wie das Junge Forum für das Programm und damit auf der Seite des OB ist weiterhin die SPD. Stadtrat Jan Welsch findet, dass die Stadt auch gegenüber dem Bund mit ihrer wankelmütigen Haltung einen „Flurschaden“ anrichte.
Oberbürgermeister Burchardt will nun dafür kämpfen, dass Smart Green City zumindest mit den 19 zuletzt noch vorgeschlagenen Projekten doch noch umgesetzt wird, denn für ihn überwiegt der Nutzen: Den 3,6 Millionen Euro der Stadt stünden 1,8 Millionen von Kooperationspartnern und 10,1 Millionen vom Bund gegenüber. So erhalte die Stadt einen großen Mehrwert auf dem Weg zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung für vergleichsweise wenig Geld.