Und plötzlich war sie da, die Diagnose. Corona. Covid 19. „Das war ein Schock“, sagt der Konstanzer Tarek Amin. „Es gab zwar die Vorahnung, aber wenn es dann bestätigt wird, ist das noch einmal etwas anderes.“

„Leute, Corona ist gefährlich“, sagt Tarek Amin. „Mit der Maske können wir uns und unseren Mitmenschen helfen und ...
„Leute, Corona ist gefährlich“, sagt Tarek Amin. „Mit der Maske können wir uns und unseren Mitmenschen helfen und Leben retten.“ | Bild: Schuler, Andreas

Tarek Amin saß Ende Oktober mit seiner Frau zusammen, als das Telefon klingelte. An der anderen Seite der Leitung meldete sich der Chefarzt einer Psychatrie, in der der Karate-Trainer und Mentaltrainer Tarek Amin derzeit ein Praktikum absolviert.

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„Er sagte mir, dass ein Patient, mit dem ich mich in einem Zimmer aufhielt, positiv auf Corona getestet wurde“, erzählt der 54-Jährige. Er ging zunächst davon aus, dass er sich nicht angesteckt habe. „Ich war rund zwei Meter von ihm entfernt, habe also den Mindestabstand eingehalten. Und der Patient hatte einen Mundschutz und das Zimmer war gut gelüftet.“

Im Garten gibt Tarek Amin das Zeichen: Er hat Corona besiegt.
Im Garten gibt Tarek Amin das Zeichen: Er hat Corona besiegt. | Bild: Schuler, Andreas

Ein paar Tage später jedoch ging es langsam los. Tarek Amin bekam Hals- und Kopfschmerzen, leichtes Fieber, ein trockener Husten machte ihm zu schaffen. Es ging ihm zunehmend schlechter. Als er dann auch noch Geruchs- und Geschmackssinn verlor, begab er sich umgehend ins Labor Brunner, um sich testen zu lassen.

Hinter dieser Haustür hielt sich Tarek Amin zwei Wochen auf.
Hinter dieser Haustür hielt sich Tarek Amin zwei Wochen auf. | Bild: Schuler, Andreas

48 Stunden später die schlimme Gewissheit – das Gesundheitsamt übermittelte die schlechte Nachricht fernmündlich. Corona. Covid 19. „Die Mitarbeiterin war super nett und sehr freundlich“, erinnert sich Tarek Amin. „Sie forderte mich auf, daheim zu bleiben und meine gesundheitliche Entwicklung täglich zu dokumentieren.“

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Er musste sämtliche Kontakte der vergangenen Tage angeben. Immerhin: Seine Ehefrau steckte er nicht an. Bereits am Abend, als der Anruf aus der Psychiatrie erfolgte, nahmen die beiden Abstand zueinander und lebten fortan in getrennten Zimmern.

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Tarek Amin stand nun im ständigen Kontakt mit dem Hausarzt. Akribisch notierte er jeden Tag seine Symptome. „Ich schlief bis zu 20 Stunden am Tag, trank viel Wasser und war völlig erschöpft“, sagt er. „Und auch heute noch bin ich schlapp und habe keine Kraft.“ Sechs Kilogramm hat er verloren. „Ich kann zwar sagen: Das Virus ist weg, das hat der Arzt bestätigt. Aber die zwei Wochen waren die Hölle.“

„Leute, Corona ist gefährlich“, sagt Tarek Amin. „Mit der Maske können wir uns und unseren Mitmenschen helfen und ...
„Leute, Corona ist gefährlich“, sagt Tarek Amin. „Mit der Maske können wir uns und unseren Mitmenschen helfen und Leben retten.“ | Bild: Schuler, Andreas

Wenn er von Corona-Leugnern hört, wird seine Stimme ernster. „Diese Menschen haben ganz offenbar Corona nicht erlebt“, sagt er dann. „Wenn doch, würden sie das nicht leugnen. Sie behaupten, Corona sei nur eine Grippe. Nur eine Grippe? Es gibt Menschen mit schwachen Körpern und die können daran sterben.“

Die eigene Cousine und der Vater des besten Freundes sind an Corona gestorben

Jeder Patient, so seine Erfahrung, mache andere Erfahrungen mit der Krankheit. „Die Medizin lernt doch jetzt erst darüber. Am Anfang ist jeder neue Virus gefährlich.“ Seine Cousine sei an Covid 19 gestorben, ebenso der Vater seines besten Freundes.

Heute kann Tarek Amin wieder lachen. Die Erfahrung hat ihn seiner Aussage nach stärker gemacht.
Heute kann Tarek Amin wieder lachen. Die Erfahrung hat ihn seiner Aussage nach stärker gemacht. | Bild: Schuler, Andreas

„Ich bin ein zutiefst positiver Mensch, für mich ist das Glas immer halb voll“, erzählt der Mann, der andere Menschen beruflich anleitet, mit positiven Gedanken das Leben positiv zu beeinflussen. „Aber ich bin an meine Grenzen gestoßen.“ Im Fieberwahn, so sagt er es heute, hätte er sich Gedanken gemacht um seine zwei Jungs, seine Ehefrau, das Karate-Dojo, das Leben nach ihm. „Ich fragte mich: Geht es allen gut, wenn ich nicht mehr da sein würde?“

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Im Traum begegnete er seinen Eltern, die schon vor einigen Jahren gestorben sind. „Sie lächelten mich an und zeigten mir, dass sie auf mich warteten“, schildert er und gewährt damit einen tiefen Einblick in sein Innenleben – und er schämt sich nicht dafür. Im Gegenteil. „Ich bin dankbar für diese Erfahrung und möchte anderen Patienten Mut geben.“ Seine Söhne, seine Frau und die Trainer seines Dojo unterstützten ihn und sorgten dafür, dass das Geschäft weiter lief. Zumindest bis zum Teil-Lockdown ab dem 1. November.

Tarek Amin steht an der Gartentür seines Hauses in Konstanz. Hier wohnt er mit seiner Frau, der er sehr dankbar ist für die ...
Tarek Amin steht an der Gartentür seines Hauses in Konstanz. Hier wohnt er mit seiner Frau, der er sehr dankbar ist für die Unterstützung – genau wie seinen Söhnen. | Bild: Schuler, Andreas

Die zwei Wochen vergingen im Zeitlupentempo. „In dieser Zeit habe ich viel gelernt. Ich muss ehrlich sagen, ich hatte keine Angst zu sterben“, berichtet er. „Ich habe mich sogar auf das nächste Leben gefreut und mich darauf vorbereitet. Ich war auch sicher, dass ich nichts werde mitnehmen dürfen. Kein Geld, keine Macht, kein Kind, keine Frau, kein Freund würde mitkommen – ich würde alleine gehen.“

„Leute, Corona ist gefährlich“

Nun, da er die Erkrankung überstanden hat, aber noch an den Nachwirkungen leidet, möchte er sich an die Öffentlichkeit wenden. „Leute, Corona ist gefährlich“, sagt Tarek Amin. „Mit der Maske können wir uns und unseren Mitmenschen helfen und Leben retten.“