Um 20.40 Uhr sendete Uli Burchardt noch eine Botschaft an alle Beteiligten: „Super, was für eine tolle Leistung! Hoffentlich geht es jetzt ins verdiente Wochenende“, schrieb der Oberbürgermeister an Martin Schröpel, den Beauftragten für Bürgerbeteiligung und bürgerschaftliches Engagement bei der Stadt Konstanz.

Vom St.-Stephans-Platz bis in die Münzgasse hinein standen die Menschen schon lange vor dem Impfbeginn.
Vom St.-Stephans-Platz bis in die Münzgasse hinein standen die Menschen schon lange vor dem Impfbeginn. | Bild: Schuler, Andreas

Der hatte mit Schließung des Bürgersaals kurz zuvor verkündet: „Heute wurden mit drei Impfteams im Bürgersaal insgesamt 597 Impfungen durchgeführt, neuer Rekord für die mobilen Impfteams. Davon waren 145 Erstimpfungen.“

Der Tag begann für die 20 Mitarbeiter gegen 8 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits eine kleine Schlange gebildet im Innenhof des Bürgersaals, der von der Laube aus zu erreichen ist. „Manche stehen sogar seit sieben Uhr hier“, sagte Gundula Hadjiani, die mit ihrem Mann Sirus auf ihre Booster-Impfung wartete. Sie fügte lächelnd hinzu. „Wir waren also nicht die Ersten.“

Gundula Fladjiani zeigte viel Geduld und war dankbar für die Möglichkeit, zusammen mit ihrem Mann die Booster-Impfung in Empfang nehmen ...
Gundula Fladjiani zeigte viel Geduld und war dankbar für die Möglichkeit, zusammen mit ihrem Mann die Booster-Impfung in Empfang nehmen zu dürfen. | Bild: Schuler, Andreas

Um 10 Uhr wurden die Pforten geöffnet, kleinere Gruppen mit bis zu zehn Personen wurden in zeitlichem Abstand von wenigen Minuten hineingelassen. „Wir wollen ja nicht, dass zu viele gleichzeitig im Innenraum sind und sich dort womöglich infizieren“, so Martin Schröpel, der gemeinsam mit Stefanie Matzner vom Landratsamt die Organisation verantwortete.

Stefanie Matzner vor dem Bürgersaal.
Stefanie Matzner vor dem Bürgersaal. | Bild: Schuler, Andreas

Sarah Kent und Milo Meixer hatten sich sogar Campingstühle und Kannen mit Kaffee und Tee mitgebracht. „Als ich heute morgen Brötchen holen war, habe ich die Schlange gesehen“, erzählte Lehrerin Sarah Kent. „Da haben wir dann beschlossen, nicht bis zehn Uhr zu warten.“

Sarah Kent und Milo Meixner machten es sich auf ihren Campingstühlen mit Decken und heißem Tee gemütlich.
Sarah Kent und Milo Meixner machten es sich auf ihren Campingstühlen mit Decken und heißem Tee gemütlich. | Bild: Schuler, Andreas

Noch vor Impfstart standen die Impfwilligen entlang des Bürgersaals, einmal rund um den Stephansplatz bis tief hinein in die Münzgasse. Schnell war klar, dass die geplanten 400 Dosen kaum ausreichen würden – also wurden Karten mit Nummern an die Wartenden verteilt und mit den Hinweisen, wann sie an der Reihe wären.

Sarah Kent erhielt gegen 10 Uhr die Karte mit der Nummer 66. Zu diesem Zeitpunkt wartet sie bereits knapp zwei Stunden. Gegen 12 Uhr war ...
Sarah Kent erhielt gegen 10 Uhr die Karte mit der Nummer 66. Zu diesem Zeitpunkt wartet sie bereits knapp zwei Stunden. Gegen 12 Uhr war sie an der Reihe. | Bild: Schuler, Andreas

Wer keine Karte mehr erhielt, musste sich mit der Ankündigung weiterer Impfaktionen begnügen. „Wir wollen verhindern, dass jemand stundenlang ansteht und dann doch nicht mehr geimpft werden kann“, so Martin Schröpel.

Warteschlange durch die Altstadt Video: Schuler, Andreas

Immerhin konnten die Verantwortlichen im Laufe des Tages rund 200 weitere Dosen organisieren.

Stefanie Matzner: „Wir haben uns entschlossen, nachdem alle 400 Personen mit Kärtchen geimpft wurden, noch andere wartende Bürger zu impfen. Gegen 19.30 Uhr waren wir dann fertig mit allem. Ein langer Arbeitstag für mein Team. Da noch alles abgebaut und gepackt werden musste für den nächsten Tag. Die Laune aber war ungebrochen gut, die Stadt Konstanz hat uns super unterstützt, die Zusammenarbeit war toll.“

Die medizinischen Fachangestellten (von links) Beate Herbst, Eva Boxheimer und Corinna Scholter gehören dem mobilen Impfteam des ...
Die medizinischen Fachangestellten (von links) Beate Herbst, Eva Boxheimer und Corinna Scholter gehören dem mobilen Impfteam des Gesundheitsverbundes an, sie zogen eine Dose nach der anderen auf – insgesamt knapp 600. „Zur Zeit haben wir Arbeitstage von zehn bis vierzehn Stunden“, sagen sie. | Bild: Schuler, Andreas

Aber auch Kritik am Zeitpunkt der Aktion

Es gab allerdings auch kritische Stimmen. Georg Weiner und seine Lebensgefährtin Regine Fulde stellten bei aller Impfeuphorie die Frage: „Wieso gibt es so eine große Aktion in Konstanz erst jetzt? In meinen Augen ist das viel zu spät und es stehen zu wenige Dosen zur Verfügung“, so Georg Weiner. „Aber immerhin scheinen es jetzt viele verstanden zu haben, wie wichtig die Impfungen sind.“

Für Regine Fulde und Georg Weiner hätte die Aktion früher stattfinden müssen. Trotzdem war sie glücklich über die Möglichkeit, ihre ...
Für Regine Fulde und Georg Weiner hätte die Aktion früher stattfinden müssen. Trotzdem war sie glücklich über die Möglichkeit, ihre dritte Impfung durchführen zu können. | Bild: Schuler, Andreas

Er bekomme „so einen Hals, wenn ich an die Verweigerer denke, die offenbar kein Gefühl für soziale Verantwortung in einer Gesellschaft haben. Diese Menschen sollen die Beurteilung eines Impfstoffes denen überlassen, die das studiert haben, nicht gescheit daherreden und so machen, als gehörten sie zu den Weisen“.

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Lars Wöckel hat im SÜDKURIER von der Aktion erfahren und sich dann auf den Weg in die Stadt gemacht. „Es ist absolut richtig und lobenswert, dass das stattfindet. Da die Impfzentren geschlossen sind, hätte ich es mir aber früher gewünscht. Die Schließung ist für mich nicht nachvollziehbar. Wichtig ist nun, dass man weiterhin Möglichkeiten zur Impfung anbietet.“

Bild 8: Die Schlange zog sich durch die halbe Altstadt: Knapp 600 Corona-Impfungen in Konstanz. Weitere Aktionen geplant
Bild: Schuler, Andreas

Der Psychiater hat im Kreis seiner Patienten und Mitarbeiter ebenfalls positive Fälle zu verzeichnen. „Es ist wichtig, dass wir uns und die anderen mit der Impfung schützen.“

Grundsätzliche Impfverweigerer sieht er sehr kritisch. „Offenbar ist diesen Menschen das eigene Wohl wichtiger als das der Allgemeinheit. Dabei hat diese Impfung nur ein sehr geringes Risiko, das ist in Studien ja längst bewiesen. Impfungen gegen Röteln oder Masern werden problemlos angenommen.

Beate Herbst vom mobilen Impfteam.
Beate Herbst vom mobilen Impfteam. | Bild: Schuler, Andreas

Aber nun gibt es ein Phänomen, dass ein Teil der Gesellschaft nachweislichen Fakenews Glauben schenkt und dadurch die eigene Meinung bestätigt sieht.“ Dieser Trend sei sehr gefährlich, „und daher kommt den seriösen Medien eine immer größere Bedeutung zu“.

Thomas Hauter stand mit seiner 82-jährigen Mutter drei Stunden in der Schlange. „Grundsätzlich ist es ja gut, dass diese Aktion stattfindet“, sagte er. „Doch man muss sich schon fragen, warum Menschen über 80 hier in der Kälte stehen müssen und warum sie nicht von der Verwaltung angeschrieben werden und ihnen feste Termine angeboten werden.“

Im Eingangsbereich wurden die Impfiwilligen registriert.
Im Eingangsbereich wurden die Impfiwilligen registriert. | Bild: Schuler, Andreas

Er habe sogar den Verdacht, dass solche Aktionen mit langen Schlangen wegen ihrer Publikumswirksamkeit durchgeführt werden. „Die Menschen sollen denken: Seht her, wir machen etwas.“

Die Schlange führte auch rund um den Stephansplatz.
Die Schlange führte auch rund um den Stephansplatz. | Bild: Oliver Hanser

Unterm Strich ist er jedoch glücklich, die dritte Impfung für sich und seine Mutter erhalten zu haben. „Auch wenn ich mich erkältet habe“, sagt er schmunzelnd. Über die 145 Erstimpfungen freut er sich besonders: „Offenbar denken jetzt dann doch einige um. Gut so.“

Hin und wieder waren Impfverweigerer zu beobachten, die die Wartenden provozierten. „Die haben eine festgemauerte Meinung und lassen nicht mit sich reden. Solchen Leute muss man mit Missachtung begegnen und darf ihnen keine Aufmerksamkeit schenken. Sehr gut, dass das nach meinen Beobachtungen so auch geschehen ist am Samstag.“

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