Es ist nur ein kleiner Fußmarsch vom Konstanzer Hafen zum Hafen Kreuzlingen. Und doch mutet die Szenerie in Parks, Gaststätten oder Bädern auf der anderen Seite der Grenze an diesem sonnigen Wochenende an wie der Blick in eine andere Welt.
Die Menschen strömen ins Freie in Konstanz wie in Kreuzlingen und wollen das wunderbare Wetter genießen. Während die Terrassen in Konstanz jedoch zubleiben müssen, sitzt man in Kreuzlingen am Seeburgpark und Hafen schon beim kühlen Bier beisammen.
Und so bietet sich am Wochenende dieses Bild in der Konzilstadt:
Und dieses im Nachbarland in den Restaurants am Seeburgpark und am Hafen:
Auch in Gottlieben:
Kontrastprogramm dazu am Constanzer Wirtshaus:
In der Schweiz dürfen sich bis zu 15 Personen gemeinsam im Freien treffen, in Deutschland ist es weiterhin nur ein Haushalt mit maximal einer weiteren Person aus einem anderen Haushalt. Kinder bis einschließlich 13 Jahren werden nicht mitgezählt. Daran erinnerte die Stadt Konstanz auch im Vorhinein des Super-Wetter-Wochenendes und mahnte auf ihrer Webseite und in den sozialen Medien zur Einhaltung der Corona-Regeln. Auch auf die Ausgangsbeschränkung ab 22 Uhr und das Alkoholverbot wurde noch einmal verwiesen.
Haben sich die Konstanzer daran gehalten – oder trägt das schöne Wetter zum Corona-Koller bei? Und ist der ein oder andere nach Kreuzlingen, Tägerwilen oder Gottlieben ausgewichen, obwohl dies verboten ist?
Am Hafen und vor dem Konzilplatz sieht es schon einmal vorbildlich aus:
Auch am Herosé liegen die Konzilstädter regelkonform:
Nun zeigt sich, wie praktisch das lange Uferareal am Konstanzer Bodenseeufer ist. Es ist genug Platz für alle:
Am Hörnle ist es so voll, dass manch Autofahrer mehrere Runden drehen muss, bis er in der Nähe einen Parkplatz ergattert. Belohnt wird er mit Sommer-Gefühlen. Auch hier halten die Konstanzer vorbildlich die Corona-Regeln ein:
Während die Badegäste am Hörnle liegen und sich sonnen, ist die Wiese beim Freibad an der Bodenseetherme leer. Im Gegensatz zu den Schweizer Nachbarn dürfen die Frei- und Hallenbäder in Deutschland noch nicht öffnen.
An der Tägerwiler Badi, der Badestelle der Konstanzer Nachbargemeinde, war von Corona-Einschränkungen nichts zu spüren:
Am Ende des Wochenendes wird das Polizeipräsidium Konstanz sagen, dass es nur vereinzelt zu Verstößen kam. Dass sich die Konstanzer in der Mehrheit an die Regeln gehalten haben.
Die Stadt wird vermelden, dass der Kommunale Ordnungsdienst eine Hochzeit mit 15 Personen auflösen musste, dass es Stand Sonntagabend über 50 Verwarnungen wegen Verstoßes gegen das Alkoholverbot und 20 Verwarnungen wegen Verstoßes gegen das Ansammlungsverbot gab. Zu illegalem Grillen sei es gekommen, außerdem hätten einige Radfahrer mit Musikanlagen auf der Fahrradbrücke gestört, vereinzelt hätten sich Menschen noch nach 22 Uhr im Freien aufgehalten.
Sind die Konstanzer einfach nach Kreuzlingen oder Tägerwilen?
Sind einige Konzilstädter möglicherweise die paar Schritte ins Nachbarland gegangen, um in Restaurants sitzen und sich mit mehr Freunden treffen zu können – obwohl dies nicht erlaubt ist?
In Kreuzlingen am Hafen wendet Christina Zürcher noch eine Wurst. Sie verkauft hier, seitdem das Schiff nicht mehr auslaufen darf. „Es kommen schon viele Deutsche her, seitdem die Regeln in der Schweiz so gelockert sind“, sagt sie. „Die finden ihre Schlupflöcher, aber es ist nicht die Masse.“ Und gegen 21 Uhr, fügt sie hinzu, müssten sie dann los. Sie lacht: „Wegen der Ausgangssperre“. Die gibt es in der Schweiz nicht.
Und deswegen kann die Party im Seeburgpark, wo sich vor allem Jugendliche in Großgruppen treffen, bis in die Nacht hinein gehen:
Ein Bild, das in Deutschland jeden inneren Blockwart in Alarm-Stimmung versetzen würde:
Spricht man die Jugendlichen an, erhält man eine Antwort in Schwitzerdeutsch. Einige wenige Deutsche sind darunter. Wie die junge Frau, die ihren Namen natürlich nicht nennen will, schließlich ist das ja illegal. Sie zuckt mit den Schultern: „Wir sind doch hier im Freien, außerdem teste ich mich regelmäßig“, sagt sie.
„Noch ein bisschen durchhalten“
Anders sehen das zum Beispiel die beiden Konstanzer Studentinnen Sara Schlachter (im Bild links) und Liliane Mrazeka. Auf dem Weg zum Strandbad Hörnle sagt die 22-jährige Sara Schlachter: „Ich finde es etwas riskant, was die Schweizer machen. Wir müssen noch ein bisschen durchhalten, es wird hoffentlich nicht mehr lange dauern.“ In ihrem Freundeskreis hielten das die meisten ähnlich. „Der ein oder andere ist schon mal nach Kreuzlingen rüber – vielleicht einmal. Es ist nicht so, dass alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen jetzt in die Schweiz drängen.“
Ein paar Meter weiter fasst es Angelika Bohlander, die mit ihrer Familie auch auf dem Weg zum Hörnle ist, so zusammen: „Ich finde, es macht uns das Durchhalten schwerer, wenn die Nachbarn in der Grenzregion sich so anders verhalten.“ Auch sie will sich weiter an die Regeln halten, in der Hoffnung, dass die Inzidenz im Landkreis weiter sinkt.
Der Konstanzer Markus Finkler, 55, sieht das ein wenig anders: „Ich finde es gut, wie die Schweiz das handhabt.“ Doch auch er glaubt, dass Deutschland bald nachzieht. „Immerhin sind bald Wahlen“, sagt er mit einem Zwinkern.