„Ich bin der Fränky„, sagt Frank Mahr zur Begrüßung. Der 54-Jährige sitzt inmitten seines Hab und Guts, rechter Hand eine Matratze mit Schlafsack, vor ihm Kisten mit allerhand Esswaren, Töpfen, Getränken, überall Taschen, linker Hand ein mit Gepäck beladenes Fahrrad.
Auch ein Heizstrahler steht neben den Kisten. „Er wurde mir Ende November geschenkt“, freut sich Fränky. Er hat es sich so gut wie möglich eingerichtet unter der Straßenbrücke, die zwischen Wollmatingen und dem Bahnhof Reichenau über den Bodenseeradweg und die Gleise führt.
Vor 14 Wochen sei er hierhergezogen, erzählt Fränky: „Nachdem ich aus dem ZfP entlassen wurde. Ich war dort zur Entgiftung. Ich bin Schwerstalkoholiker.“
Fränkys Umzug unter die Brücke hat in Konstanz für Aufsehen gesorgt. Leser haben sich an den SÜDKURIER gewandt und gefragt, ob man dem Obdachlosen beim Bodenseeradweg nicht irgendwie helfen könne.
„Ich will nicht ständig in einer Wohnung leben. Aber ein Rückzugsort wäre schön“
Es ist ein Nachmittag Mitte Dezember, als der SÜDKURIER Fränky besucht. Die Sonne scheint, die Tagesmitteltemperatur beträgt 3,7 Grad Celsius. Aber Fränky friert nicht, wie er sagt.
Und auch sonst gefalle es ihm grundsätzlich gut an seinem neuen Wohnort: „Ich grüße die Leute, die vorbeifahren oder hier spazieren, und sie grüßen zurück.“ Das ist auch an diesem Tag so. Die meisten Radfahrer werfen Fränky ein Lächeln und einen Gruß zu oder winken.
„Es halten auch immer wieder Leute an oder kommen auch so für ein Gespräch bei mir vorbei.“ Und in letzter Zeit habe er auch viele Geschenke erhalten, erzählt Fränky: „Dabei sage ich immer, dass ich nichts brauche und voll versorgt bin.“ Mit dem Arbeitslosengeld käme er über die Runden.
Doch etwas passt nicht zu Fränkys Beteuerungen, dass es ihm unter der Brücke soweit gut gehe. An den Kisten, die vor ihm stehen, hängen nämlich selbst gebastelte Schilder mit Aufschriften wie „Suche Dringend eine Wohnung!“ oder „Würde auch im Gartenhaus schlafen. Helfe in Haus und Garten.“
Ja, gibt Fränky zu, zumindest für den Winter hätte er schon gerne ein warmes Zuhause. „Ich will nicht ständig in einer Wohnung leben, weil ich ein freiheitsliebender Mensch bin. Aber ein Rückzugsort wäre schön, zum warm Duschen. Und mit WC, denn hier schäme ich mich oft.“
Bis vor rund zehn Jahren lebte Fränky noch in einer Sozialwohnung im Mühlenweg. „Aber da musste ich raus, weil ich zugeschlagen hatte. Ich war dann eineinhalb Jahre im Gefängnis.“ Danach lebte Fränky auf der Straße, an verschiedenen Orten in Konstanz, wie er erzählt, unterbrochen von Klinikaufenthalten: „Ich habe eine Leberzirrhose, die Ärzte geben mir nicht mehr lange.“

Die Abwärtsspirale in Fränkys Leben begann sich Ende der 1980er Jahre zu drehen, folgt man seinen Schilderungen: Nach der Ausbildung zum Maurer und Stuckateur sei er selbstständig gewesen, habe eine Eigentumswohnung besessen. Doch dann hätte ihn ein Geschäftspartner betrogen, so Fränky. 1987 sei er deshalb das erste Mal auf der Straße gelandet.
Fränky erzählt von einer überwundenen Heroinsucht, Drogenschmuggel, Reisen „um die halbe Welt“, der Arbeit auf dem Bau, dem Leben in Sozialwohnungen und in Wohngemeinschaften, der Obdachlosigkeit.
„In die Notunterkunft will ich nicht. Dort ist es menschenunwürdig“
Ein sogenannt „geregeltes Leben“ in vier Wänden kann sich Fränky nicht mehr vorstellen. Doch zumindest für den Winter hofft Fränky nun auf ein warmes Obdach. Das ist aber nicht so einfach. In die Notunterkunft am Haidelmoosweg 15 will Fränky nicht: „Dort ist es menschenunwürdig.“
Er sei auch schon dort gewesen, das letzte Mal vor einigen Jahren. „Ich habe mir mit einem Freund ein Zimmer geteilt und wir waren stellenweise arbeiten. Man hat dort keinen abschließbaren Spint oder Schrank. Uns wurden auch Sachen aus dem Kühlschrank gestohlen.“
Und von den neuen Wohnwagen in der Byk-Gulden-Straße, in denen Obdachlose während des Winters leben können, ist Fränky ebenfalls nicht begeistert: „Trotz Pandemie wird man dort zu zweit auf zehn Quadratmetern eingepfercht.“
Fränky hofft daher weiterhin, dass seine Schilder ihm dabei helfen, eine Unterkunft für den Winter zu finden. „Doch wenn ich nix bekomme, kann ich nix ändern. Ein Zelt darf ich hier nicht aufstellen.“ Immerhin habe er den Heizpilz. Das sei sein Glück, so Fränky.