Sylva Heinzler ist enttäuscht: „Das ist nicht das, was wir uns gewünscht haben.“ Drei Räume der Stadtverwaltung im Erdgeschoss der Villa Rheinburg können gemeinnützige Vereine und gemeinwohlorientierte Initiativen unter bestimmten Voraussetzungen mieten.

Klar, das sei besser als nichts, sagt Sylva Heinzler. Dennoch sei das Angebot weit entfernt von dem, was Vereine wollten. Sie ist die Ansprechpartnerin für das Netzwerk Bürgerschaftliches Engagement, in dem nach eigenen Angaben rund 120 Vereine vertreten sind.

„Wir wollten eine Art Zentrum. Ein Haus des Engagements.“ Angesichts der Raumnot in Konstanz hätte es auch eine Etage sein können. In jedem Fall sollten die Räume nur Vereinen zur Verfügung stehen, diese auch am besten die Organisation in der Hand halten und unbedingt die Möglichkeit haben, Vereinssachen zu lagern.

(Archivbild von 2021) Sylva Heinzler vertritt mit dem Netzwerk Bürgerschaftliches Engagement rund 120 Vereine in Konstanz.
(Archivbild von 2021) Sylva Heinzler vertritt mit dem Netzwerk Bürgerschaftliches Engagement rund 120 Vereine in Konstanz. | Bild: Lucht, Torsten | SK-Archiv

Kein Platz fürs Lagern von Vereinseigentum

All dies treffe auf die Räume in der Villa Rheinburg nicht zu. Sie werden von der Stadtverwaltung genutzt und nur zu bestimmten Zeiten Vereinen zur Verfügung gestellt. Die Stadt hält fest: „Das Auslegen von Informationsflyern oder das Lagern von Gegenständen jedweder Art ist in der gesamten Villa nicht erlaubt.“ Das Gleiche gilt für das Anbringen von Plakaten.

In ihren Nutzungsbestimmungen schreibt die Stadt: „Die Villa Rheinburg ist ein historisches Gebäude mit historischer Ausstattung.“ Deshalb gelte der sorgsame Umgang damit und viele Regeln. Unter anderem: „Die Stadt Konstanz entscheidet über die Nutzung der Räume. Sie kann ohne Angabe von Gründen eine Nutzung versagen oder eine Nutzungszusage zurückziehen.“

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Üblicherweise macht sie dies, wenn Verbände durch diskriminierende, gewaltverherrlichende, rassistische oder menschenfeindliche Aktionen oder Äußerungen auffallen. Aber auch darüber hinaus behält sie sich das Recht vor, Zusagen wieder zurückzuziehen oder gar nicht zu geben.

Wer Räume länger als 3,5 Stunden nutzen will, zahlt zwischen 20 Euro (bis zu sechs Stunden) und 60 Euro (ganztags). Öffentliche Veranstaltungen sind nur möglich, wenn die Stadt der Partner ist. Beratungen sind ebenso ausdrücklich ausgeschlossen wie Veranstaltungen mit Tieren, Musik, Vereinsfeiern, religiöse Riten und Gebräuche.

Sylva Heinzler: „Wir werden nicht hinzugezogen“

„Die Nutzung der Räume ist beschränkt auf den unmittelbaren Vereinszweck bzw. auf Veranstaltungen, die zur Erreichung des Vereinszwecks (z.B. Seminare zum Thema Führung und Organisation, Mitgliederversammlungen) dienen“, schreibt die Stadt im Konzept für die Räume. Um möglichst vielen Organisationen den Zugang zu ermöglichen, sind die Nutzungen beschränkt.

Ein Verein soll zum Beispiel nicht mehr als dreimal im Monat bis zu 3,5 Stunden präsent sein, alternativ gibt es andere Buchungsmöglichkeiten. Sylva Heinzler geht davon aus, dass Vereine anderes brauchen. Sie kann nicht verstehen, warum diese nicht gefragt wurden, was ihre Vorstellungen sind. „Das stößt uns sauer auf. Wir werden nicht hinzugezogen.“

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Ihr Bündnis habe nur gerüchteweise von den Plänen und Überlegungen gehört. Erst aus der Tageszeitung habe sie von den Räumen, die Vereinen zur Miete angeboten werden, erfahren. Unter dem Strich seien dann alle frustriert: Die Vereine, weil sie nicht bekommen, was sie wollen, und die Stadt, weil sie für ihre Aktivitäten nicht gelobt werde.

Heinzler weist darauf hin, dass die Forderungen der Vereine seit vielen Jahren auf dem Tisch liegen. Schon Horst Frank habe sich in seiner Amtszeit damit beschäftigt. Er war der Vorgänger von Oberbürgermeister Uli Burchardt. Vergangenes Jahr hatte dieser beim Jahrestreffen für die Vereinsvorstände Vereinsräume versprochen. Jetzt löst er die Zusage ein.

Gelten Vereinsinteressen als zweitrangig?

Sylva Heinzler macht es traurig, dass Vereinsinteressen offenbar als nur zweitrangig betrachtet werden. Erst komme die Stadtverwaltung. Das erlebe sie seit Jahren, und diese Strategie soll offenbar in der Villa Rheinburg weitergeführt werden. Heinzler fordert für Vereine: „Wir bräuchten Sicherheit.“ Das Netzwerk musste in der Vergangenheit ständig an anderen Stellen tagen. „Wir haben uns schon Nomaden genannt.“

Inzwischen bekämen sie wenigstens Räume im Rathaus, aber es sei immer so: „Wenn was dazwischen kommt, dann fliegen wir raus.“ Damit müssten Engagierte auch in den neuen Vereinsräumen rechnen. Ende des Jahres, so sagt die 77-Jährige, werde sie ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten abgeben und sich mehr den Enkeln widmen. Sie bedauert, dass das Haus der Vereine in Konstanz weiter eine Zukunftsvision ist.

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Sie wünscht sich unkomplizierte Möglichkeiten zum Treffen und Räume, die dauerhaft für Engagierte da sind. Sylva Heinzler engagiert sich auch im Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel. An mehreren Beispielen zeigt sie, wie schwer Ehrenamtlichen die Arbeit gemacht werde. So lagere sie zum Beispiel in ihren privaten Räumen Kisten voller Flyer. Sie habe einen Laptop, den sie auch für Vereinssachen nutze.

Beim Bündnis für gerechten Welthandel musste zuletzt jedes Mitglied pro Sitzung 5 Euro zahlen, um die Raumkosten für die Treffen zu decken. Ehrenamtliche in Konstanz sind schon seit einiger Zeit in Not. Weil immer mehr Wirtschaften ihre Hinterzimmer abschaffen, wissen sie nicht mehr, wo sie sich treffen sollen.