Bald beziehen 105 Bewohnerinnen und Bewohner ihre Zimmer im neuen Pflegeheim Haus Zoffingen. Neben dem Neubau verbergen sich in den schweren Steinmauern, den abgewetzten Treppenstufen und den hölzernen Türrahmen Geschichten aus über zwei Jahrhunderten der Mädchenschule Zoffingen.

Hier gingen einst Mädchen in Röcken und mit geflochtenen Zöpfen unter dem strengen Blick der Rektorin ein und aus. Selbstverständlich änderte sich dieses Bild im Laufe der Zeit. Die Mädchenschule, die 2018 ihre Tore endgültig schloss, war für viele eine prägende Institution.

Zwei Schwestern schwelgen in alten Zeiten

Die beiden Schwestern Helga Rüdiger und Christel Plischke haben gute Erinnerungen an ihre Zeit als Schülerinnen der Klosterschule. „Natürlich herrschte dort Disziplin und Ordnung, aber wir wurden von den Nonnen auch sehr warmherzig umsorgt“, erzählt die 75-jährige Helga Rüdiger. Ihr Vater starb, als die beiden Mädchen noch Kleinkinder waren. „Wir hatten nicht viel Geld. Unsere Mutter arbeitete am Herosé und bei Stromeyer als Näherin und hat uns beide in die Mädchenschule geschickt, auf die sie selbst gegangen war“, so Rüdiger.

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Für die beiden kleinen Mädchen aus Petershausen war es ein langer Schulweg bis zum Rheinsteig, die Fahrradbrücke gab es damals noch nicht. „Manchmal konnten wir die Fähre über den Seerhein nehmen, die Überfahrt kostete aber zehn Pfennig“, so die 74-jährige Christel Plischke. Um acht Uhr läutete die Schulglocke. Die Rektorin kontrollierte genau, wann die Schülerinnen eintrafen, und „wir durften weder zu früh noch zu spät sein“, erinnert sich Helga Rüdiger.

Ein Foto von 1962 zeigt die achte Klasse der Mädchenschule mit Helga Rüdiger und ihren Mitschülerinnen vor dem Internat des ...
Ein Foto von 1962 zeigt die achte Klasse der Mädchenschule mit Helga Rüdiger und ihren Mitschülerinnen vor dem Internat des Dominikanerinnenklosters Zoffingen. | Bild: privat, Helga Rüdiger

Die breite Steintreppe im Treppenhaus hat sich ihr besonders eingeprägt. „Als ich mal zu spät kam, bin ich gestolpert und habe mir einen Zahn ausgeschlagen“, erzählt sie. An den strengen Blick der Rektorin an der Schulpforte erinnert sich auch Ilse Zanada. „Ich gehörte zu den ersten Schülerinnen, die 1945 nach dem Krieg wieder unterrichtet wurden“, erzählt die 88-Jährige. Damals ging sie in die vierte Klasse der Mädchenschule und wurde neben dem Gebäude am Rheinsteig auch im alten Teil des Klosters in der Brückengasse unterrichtet.

Besonders präsent sind den drei Frauen die Handarbeitsräume im Keller, in denen genäht und gestrickt wurde, aber auch die Küche, wo sie das Kochen von Spätzle und Pfannkuchen lernten. „Übrigens war es streng verboten, auf dem Gelände zu rennen, vor allem im Kreuzgang“, so Plischke. Auf dem Weg zur Turnhalle war der Knicks vor dem Kreuz der Kapelle obligatorisch, „allerdings haben wir ihn meist sehr beiläufig und nicht gerade vorbildlich gemacht“, erzählt sie. „Am Morgen und zu Schulende haben wir in den Klassen gebetet, ansonsten wurde die katholische Kirche gar nicht so stark gelebt“.

Turnröcke im Sportunterricht

Die Erinnerungen an den Sportunterricht sind ebenfalls lebhaft. „Wir hatten eine Lehrerin, die sich dagegen wehrte, dass wir beim Barrenturnen Röcke tragen mussten“, sagt Helga Rüdiger. Sie habe den Kindern dann ein Zeichen gegeben, sobald die Rektorin die Treppen hinunterkam, damit sich alle rechtzeitig in einer Reihe mit ihren Turnröcken aufstellten.

Schwester Mechtild ist den ehemaligen Schülerinnen Helga Rüdiger und Christel Plischke als besonders fürsorgliche Lehrerin in Erinnerung.
Schwester Mechtild ist den ehemaligen Schülerinnen Helga Rüdiger und Christel Plischke als besonders fürsorgliche Lehrerin in Erinnerung. | Bild: privat, Helga Rüdiger

Gelegentlich erlaubten sich die Mädchen auch kleine Streiche. Besonders beliebt war es, die Mitschülerinnen mit einem kräftigen Hüftschwung ans Ende der glatten Schulbank zu befördern, wenn die Lehrerin nicht hinschaute. „Ich war die frechere von uns beiden Schwestern. Helga war immer vorbildlich, gut in der Schule und half der Mutter beim Teppichklopfen“, so Plischke. Dass ihre Schwester in Französisch sogar ein Buch für ihre herausragenden Leistungen erhielt, reibt Helga Rüdiger ihr noch heute gerne unter die Nase.

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In einer Sache sind sich die drei ehemaligen Schülerinnen einig: Sie erinnern sich gerne an ihre Zeit in der Mädchenschule Zoffingen zurück. „Nur das mit den Jungs war so eine Sache“, sagt Rüdiger. „Die gab es ja bei uns nicht. Da standen wir oben am Klassenzimmerfenster und schauten runter, wenn die Jungs vom Humboldt vorbeiliefen“.