In kleinen Gruppen stehen sie auf dem regennassen Rasen des Herosé-Parks. Eine Familie mit kleinen Kindern. Fünf sehr schwarz gekleidete Jugendliche mit linkspolitischer Einstellung. Ein Mann, der gleich zwei Plakate in die Höhe hält.
Es ist Klimastreik an diesem 2. Mai in Konstanz. Der Ablauf routiniert, die Fridays-for-Future-Bewegung ist reifer als vor vier Jahren, als Schülerdemos begannen, die Welt aufzurütteln.
Noch eine kurze Rede von Eileen Blum, die sich darauf bezieht, dass es möglich wäre, in Konstanz die Energiewende zu schaffen – wenn sich die Verwaltung schneller an die Umsetzung machen würde. Sollte der vor vier Jahren ausgerufene Klimanotstand nicht Konsequenzen nach sich ziehen, fragt die junge Frau, die auch bei der Letzten Generation aktiv ist. Dann setzt sich der Protestzug in Bewegung Richtung Innenstadt.


Was treibt die Teilnehmer an, die zum Teil seit Beginn der Fridays-for-Future-Bewegung dabei sind? Frustriert es sie, dass andere wie die Mitglieder der Letzten Generation mehr mediale Aufmerksamkeit erhalten? Und wer sind sie?
„Es wird eine innere Flamme sein“
Carsten Trost, 62 Jahre, ist überzeugt davon, dass dem Klima weiterhin zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird – nicht von der Gesellschaft, aber von der Politik. Er hat zwei Töchter, die in Berlin und London leben und sich ebenfalls punktuell für den Klimaschutz engagieren. Er glaubt, dass die Katastrophe schneller da sein wird als die meisten sich ausmalen.

„Die Angst wird aber erst kommen, wenn den Menschen das Wasser im Keller steht und sie Sorge um ihre Existenz haben“, glaubt Trost. Eigentlich sei es zu spät, auch davon ist er überzeugt. „Warum ich immer noch demonstriere, weiß ich gar nicht. Es wird eine innere Flamme sein“, sagt er und lächelt.
Bruni Mangold ist mit ihrem Mann Jörg im Herosé-Park. „Nerds for Future“ steht auf ihren T-Shirts. Die Nerds, das sei ihre ganze Familie: also sie beide und die drei jugendlichen Kinder. Die waren auch der Auslöser für das Engagement der Familie Mangold. „Jetzt haben sie mit der Schule viel zu tun, und wir sind eher dabei.“

Bruni Mangold und ihr Mann stehen klar hinter den Zielen der Fridays-Bewegung. Sie wünsche sich, dass die Gesellschaft lerne, mit einem geringeren Ressourcenverbrauch auszukommen, sagt sie. Dass die mediale Aufmerksamkeit inzwischen für andere Formen des Protests größer ist, stört die 46-Jährige wenig. „Die Letzte Generation sollte so weiter machen und gern noch eine Schippe drauflegen. Sonst tut sich nichts. Es ist schlimm, dass deren Mitglieder ständig so kriminalisiert werden.“
Nina Klengel absolviert ein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim BUND und ist unter anderem deshalb für das Thema Klimaschutz sensibilisiert. „Noch kenne ich mich zu wenig mit den Konstanzer Themen aus. Aber es ist klar, dass es immer noch zu viele Autos in der Stadt gibt und der Flächenverbrauch groß ist.“

Über die Aktionen der Letzten Generation hat sich die 19-Jährige noch kein abschließendes Urteil gebildet. „Ihre Aktionen bringen in jedem Fall große Aufmerksamkeit. Ob das nun gut ist, weiß ich nicht so genau. Sie machen die Menschen ja auch wütend damit“, sagt sie.
Nina Klengel ist hin- und hergerissen, ob es sinnvoll ist, den Autoverkehr lahmzulegen. Die Bewunderung für die radikaleren Klimaaktivisten ist da, persönlich wäre eine solche Aktion jedoch eher nichts für sie.
„Wenig Konkretes in der Stadt passiert“
Lisa Kreitmeier gehört zu den routinierten Fridays-Demonstranten. Nach längerer Pause hat sie sich wieder unter die Demonstrierenden gemischt. „Ich bin heute hier, weil seit Ausrufung des Klimanotstands in der Stadt wenig Konkretes passiert ist“, sagt die 24-Jährige. Der Fokus der Gesellschaft habe sich seit der Pandemie verschoben, nun gehe es auch darum, den Klimaschutz wieder ins Zentrum zu rücken.

„Es ist schade, dass die Demos weniger Aufmerksamkeit bekommen. Aber wie abgestumpft ist eine Gesellschaft, wenn nur noch die Methoden der Letzten Generation Interesse hervorrufen? Wenn einfaches Demonstrieren nicht mehr ausreicht?“ fragt sie.
Persönlich hält sie die Methoden der Letzten Generation für legitim. „Es geht darum aufzuschrecken, nicht, den Einzelnen zu ärgern. Mir fällt auch nichts anderes mehr ein, um auf die Dringlichkeit des Themas aufmerksam zu machen.“ Schade sei es, dass die Aktionen regelmäßig in ein schlechtes Licht gerückt würden.

Als die Demonstration die Spanierstraße erreicht, wirkt es, als seien es mehr als etwa 200 Demonstranten, die die inzwischen bekannten Slogans skandieren. „Ich sag Kohle, ihr sagt Stopp!“ ist ein Beispiel dafür. Ein Megafon brauchen sie schon, wenn sie mit Themen wie Krieg und Wirtschaftskrise und mit ihren Klimaschutz-Kollegen aus den radikaleren Reihen mithalten wollen.
Wer hier – und vier Jahre nach Ausrufung des Klimanotstands – an Protestmarsch und Kundgebung teilnimmt, hat verstanden, dass aus dem geforderten schnellen Wandel nichts wird. Dass sie bei Teilen der Stadtgesellschaft trotz der Megafone nicht genügend Gehör finden.
Die meisten, ob Schüler, Mütter oder Väter, werden trotzdem weiter protestieren. Und zwar „bis ihr handelt“ – dieses Versprechen haben die Fridays den Politikern schließlich bereits 2019 zugerufen.