Bräuteln? Da muss auch manch Konstanzer Fasnachtskenner kurz nachdenken. Kein Wunder, denn es ist zwar einer der ältesten Bräuche in der schwäbisch-alemannischen Fasnacht, aber er ist nur in einem ganz kleinen Gebiet verbreitet, in den einstigen Hohenzollerischen Landen rund um Sigmaringen.
Dort gibt es dieses besondere närrische Ritual mit durchaus ernstem Hintergrund seit über 300 Jahren. Am Rosenmontag 2023 ist es erstmals in Konstanz zu sehen – eine Gelegenheit, die vermutlich nie wieder kommt.
Narrenzunft Vetter Guser zu Gegenbesuch in Konstanz
Am Rosenmontag, 20. Februar, ab 14 Uhr kommt die Zunft Vetter Guser aus Sigmaringen nach Konstanz und führt am Kaiserbrunnen das historische Bräuteln auf. 150 Gäste werden erwartet – und die revanchieren sich bei den Blätzlebuebe (die beiden Zünfte sind eng befreundet) für eine außergewöhnliche Überlandhilfe.
Nachdem den Sigmaringern 2022 ihr Fanfarenzug coronabedingt nicht spielen konnte, berichtet Blätzlebuebe-Zunftmeister Roland Scherer, sprangen die Konstanzer am Fasnachtsdienstag in Sigmaringen beim dortigen Bräuteln ein. Ein Jahr später nun also der Gegenbesuch.
Wer auf der Stange getragen wird, muss Leckeres spendieren
Und was gibt es nun zu sehen? Das Bräuteln ist ein Fasnachts- wie auch ein Hochzeitsbrauch, denn die närrischen Tage waren einst ein beliebter Termin zum Heiraten – vor der Zeit der Enthaltsamkeit eben.
Junge Bräutigame, die in der Notzeit nach dem Dreißigjährigen Krieg den Mut aufbrachten, zu heiraten und die Verantwortung für eine Familie zu übernehmen, wurden vor Freude auf einer Stange sitzend herumgetragen. Und zwar vorzugsweise um einen Brunnen. Gebräutelte, die anständig mit Brezeln oder Süßigkeiten werfen, können sich davon freikaufen, ins Wasser befördert zu werden.

Heute bewahren die Narrenzünfte in Sigmaringen, aber auch in Scheer oder Laiz, dieses Stück Kulturerbe und führen das Bräuteln zumeist am Rosenmontag oder Fasnachtsdienstag auf. In Konstanz war der besondere Brauch nach allem, was Roland Scherer weiß, noch nie zu sehen.
Nicht nur denen, die zum vorgeschalteten Kinderumzug (ab 13.30 Uhr) kommen, empfiehlt er einen Besuch auf der Markstätte. Denn die Gäste aus Sigmaringen, findet er, haben ein großes und begeistertes Publikum mehr als verdient, wenn sie schon ihre älteste Tradition mit den Konstanzern teilen.