Die großen Konstanzer Gesellschaften und Zünfte sind sich einig: Die Straßen-Fasnacht wird in diesem Jahr wegen der Pandemie nicht stattfinden können. Ein paar Online-Konzerte, hier und da Balkonkonzerte – mehr ist nicht drin. „Wir werden komplett darauf verzichten. So traurig das auch ist“, sagt Andreas Kaltenbach, Präsident der Blätzlebuebe.

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Fasnachts-Disco-Demo der Freidenker am Samstag

Die Gruppe „Freidenken Konstanz" hat offenbar eine andere Sichtweise: Am Samstag wollen deren Mitglieder eine Fasnachts-Disco-Demo in der Stadt durchführen. Mit dem Titel „d‘Fasnet ghört uf d‘Gass“ soll der Zug zwischen 15 und 19 Uhr vom Münster Platz über die Katzgasse, Laube, Rheinsteig, Konzilstraße, Bahnhofsplatz, Laube und Katzgasse zurück zum Münsterplatz ziehen. Die Versammlung ist bei der Stadt angemeldet.

Bild 1: Mit diesem Gegenwind durch die Konstanzer Narrenzünfte hatte der Organisator nicht gerechnet: Sagt er die Freidenker-Demo am Samstag nun ab?
Bild: Schuler, Andreas

Unterschrieben mit „Freidenken Konstanz"

Das Motto: „Gemeinsam für Wahrheit, Freiheit, Liebe und Traditionen“, jeder könne einen Redebeitrag für die Kundgebung oder für den Umzug anmelden, heißt es auf dem Poster, das mehrfach in Konstanz verteilt und aufgehängt wurde, unterschrieben ist das bunte Papier mit „Freidenken Konstanz".

Das ruft die Zünfte auf den Plan. „Wir wollen mit denen nichts zu tun haben“, sagt Niederburg-Präsident Mario Böhler mit Nachdruck. „Das ist ein Missbrauch des Brauchtums. Das geht gar nicht. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen.“ Die großen Narrengesellschaften und Zünfte der Stadt haben eine gemeinsamen Stellungnahme verfasst, um sich abzugrenzen von den Freidenkern.

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In der Stellungnahme heißt es: „Wir Konstanzer Narren stehen geschlossen hinter den notwendigen Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie. Wir Konstanzer Narren sind uns unserer Verantwortung für die Gesundheit unserer Mitbürger und Mitglieder bewusst. Wir Konstanzer Narren distanzieren uns deutlich von dem „Fasnachtsumzug“ der Konstanzer Freidenker und verurteilen ihn in aller Form. Wir Konstanzer Narren feiern unsere Fasnacht 2021 – auch am Fasnachtssamstag – unter dem Motto #HoNarroDehom! Wir Konstanzer Narren sind stolz auf unser Brauchtum und wehren uns gegen dessen missbräuchliche Vereinnahmung durch Gruppierungen mit heimtückischen Absichten. Die reguläre Fasnacht gehört auch für uns Konstanzer Narren uf‘d Gass, aber in diesem Jahr gehen Menschenleben vor.“

Frank Hinkelmann (links) mit Schirmträgerin.
Frank Hinkelmann (links) mit Schirmträgerin. | Bild: Wagner, Claudia

Organisator Frank Hinkelmann hatte offenbar nicht mit so viel Gegenwind gerechnet. „Dieses Feedback habe ich nicht erwartet“, sagt er im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Wir werden nun intern diskutieren, ob wir das in unseren Planungen berücksichtigen werden.“

Organisator gibt zu, kein Fan der Fasnacht zu sein

Also findet die Demo womöglich nicht statt? „Ich hatte moderatere Töne von Seiten der Fasnachter und positive Resonanz erwartet. Vielleicht lassen wir die Versammlung nun ausfallen.“ Grundsätzlich ging es ihm darum, die Fasnacht als Ereignis der Gleichheit und des freien Wortes wieder in den Vordergrund zu stellen. „Heute ist das ja nur noch ein Unterhaltungsfest.“ Er gibt jedoch aus zu, mit der ursprünglichen Fasnacht nicht so viel am Hut zu haben. „Ich bin kein Fan davon.“

Andreas Kaltenbach (links) und Mario Böhler.
Andreas Kaltenbach (links) und Mario Böhler. | Bild: Brumm, Benjamin

Die Narrenzünfte würden eine Absage der Demo begrüßen. „Das klingt doch gut“, sagt Mario Böhler. „Wir sind stolz auf unser Brauchtum. Da brauchen wir weder Frei- noch Querdenker.“ Andreas Kaltenbach: „Jeder hat die Freiheit, das zu sagen und zu denken, was er möchte. Doch die Fasnacht als Grundstock für dieses Ansinnen hier zu nehmen, ist sehr fragwürdig.“ Eine Absage würde er begrüßen, „vielleicht kommen die Veranstalter grundsätzlich zur Vernunft. Doch das wage ich zu bezweifeln.“

Gerry Mayr.
Gerry Mayr. | Bild: Andreas Schuler

Gerry Mayr, der Kopf der Konstanzer Querdenker-Bewegung, versichert auf Nachfrage, dass er mit der Demo nichts zu tun hat. „Ich bin nicht immer und überall dabei“, sagt er. „Ich finde die Idee aber gut. Brauchtum ist mir als gebürtiger Konstanzer sehr wichtig, vor allem in der Fasnacht.“ Er werde voraussichtlich nicht bei der Demo dabei sein, da er zu einer anderen Veranstaltung der Querdenker in Norddeutschland reisen möchte.

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Die Stadt Konstanz muss die Versammlungen im Sinne des Versammlungsrechts nicht genehmigen, wie Rathaussprecher Walter Rügert bestätigt: „Es gibt ja die grundgesetzlich geschützte Versammlungsfreiheit. Man muss nur anmelden.“ Laut Rügert sind ein dekorierter Kastenwagen mit Anhänger angemeldet, dazu eine mobile Lautsprecheranlage inklusive Mikrofonen, Banner, Schilder und Plakate, Trommeln und Blasinstrumente sowie Fasnachtskostüme.

Polizei beobachtet die Demonstranten genau

Polizeisprecherin Tatjana Deggelmann schreibt auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Hinsichtlich der Auflagen werden sowohl die Behörde als auch die Polizei ein Augenmerk auf die Demonstrationsteilnehmer richten.“ Die Polizei möchte aus taktischen Gründen nicht bekannt geben, wie viele Beamte bei der Demo zum Einsatz kommen sollen. „Wäre es eine Fasnachts-Veranstaltung, wären gar keine nötig“, so Andreas Kaltenbach.