Er ist wütend, dabei sollte er lustig sein, denn das wird von einem Narrenpräsidenten erwartet. Nach Lachen ist Arthur Bruderhofer, Präsident des Narrenvereins Schneckenburg, aber gar nicht zumute. Er ist stocksauer auf das „Amt für Verhinderung“ und den immer weiter zunehmenden Bürokratismus – und zwar aus aktuellem Anlass.

Für Bruderhofer ist das Fass jetzt voll. Er hat genug. Mit den sich ständig verschärfenden Verordnungen sei es Vereinen kaum mehr möglich, Veranstaltungen zu machen. „Das ist das Todesurteil für Brauchtum und Vereinsleben“, so Bruderhofer.

Was ist passiert?

Die kleine Narrenwelt war am Mittwoch, 8. November, zwei Tage vor dem ersten bunten Abend für die Schneckenbürgler in Ordnung. Nachmittags gab es einen Vorort-Termin mit der Feuerwehr; auch ein Mitarbeiter des Baurechtsamtes sei dabei gewesen. „Die Feuerwehr hat sich alles angeschaut und den Fokus auf den Brandschutz gelegt. Es war tippitoppi“, schildert Arthur Bruderhofer.

Auch das Gespräch mit dem Baurechtsamts-Mitarbeiter sei locker gewesen. Es ging auch um die Notausgänge aus der Halle, die der Verein bereits zum zweiten Mal von der Waldorfschule für die vier Programmabende zur Verfügung gestellt bekommt. An den Tischen gebe es Platz für 200 Personen. Da würde ein Notausgang genügen, habe es seitens der Feuerwehr geheißen.

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Das Baurechtsamt hakt ein – 26 Stunden vor der Premiere

Das böse Erwachen folgte mit einer Mail am Donnerstag, 9. November, um 16.44 Uhr – gut 26 Stunden vor Einlassbeginn der Narrenveranstaltung. Das Bürgeramt der Stadt Konstanz teilte mit, dass das Bauchrechtsamt weitere Auflagen verhängt hat.

Zusätzlich müsse die etwa vier Meter große Falttüre der Halle als Rettungsweg zur Verfügung stehen. Die Fluchtwegbeschilderung sei entsprechend zu installieren. Das Baurechtsamt legte 300 Quadratmeter Gastraumfläche zugrunde und berief sich auf die Veranstaltungsstättenverordnung, wonach mit 600 Personen gerechnet werden müsse.

Die Waldorfschule stellte dem Narrenverein Schneckenburg zum zweiten Mal diese Halle auf dem ehemaligen Straub-Areal zur Verfügung. Das ...
Die Waldorfschule stellte dem Narrenverein Schneckenburg zum zweiten Mal diese Halle auf dem ehemaligen Straub-Areal zur Verfügung. Das Baurechtsamt hat jetzt das Falttor (links) als zusätzlichen Notausgang gefordert. | Bild: Hanser, Oliver

Das sorgte für Aufruhr bei den Schneckenbürglern, denn sie steckten mitten in den Vorbereitungen und hatten die Nachricht nicht sofort gelesen, was den bestehenden Zeitdruck noch erhöhte. Arthur Bruderhofer reichte am nächsten Tag – dem Veranstaltungstag – Widerspruch ein, da von falschen Annahmen ausgegangen werde. „Bei vier Abenden und weniger muss die Halle nicht als Veranstaltungsstätte zugelassen werden“, so Bruderhofer, der bezweifelt, dass in diesem Fall die Veranstaltungsstättenverordnung anzuwenden sei.

Narren stehen unter Strom

Kurz vor Premierenbeginn stand Bruderhofer deutlich unter Strom. „Wut ist, wenn du drei Leute fragst und fünf Antworten bekommst“, erklärte er. Er konnte nur noch den Kopf schütteln. Der Mail lag noch ein Merkblatt der Feuerwehr bei.

„Wir sind gar nicht mehr dazu gekommen, alles durchzulesen und haben vorsorglich den Parkplatz im Hof gesperrt, was bei den Gästen nicht gut angekommen ist“, berichtet er. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass dies nicht nötig gewesen wäre, aber die Schneckenbürgler wollten lieber auf Nummer sicher gehen. Dementsprechend fiel auch seine Rede beim bunten Abend aus.

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Arthur Bruderhofer reicht es jetzt mit der Stadtverwaltung und er redet Tacheles. „Sie verstecken sich hinter Verordnungen. Es wird all bleeder. Sicherheitskonzept, Datenschutzgrundverordnung, Brandschutzkonzept und noch vieles mehr: Wir sind Laien und keine Eventagentur“, so Bruderhofer. „Da hat doch kein Ehrenamtlicher mehr Bock, sich den Schuh anzuziehen“, sagt er über die Fülle an Auflagen, welche die Ausrichtungen von Veranstaltungen extrem erschwerten. Von einer Unterstützung des Ehrenamts seitens der Stadt merke er nichts.

Aber wenn es um Veranstaltungen am Schmotzige Dunschtig in der Stadt gehe, da seien die Vereine dann plötzlich gefragt, die Plätze zu bespielen, um damit Eskalationen zu vermeiden. „Denen ist wohl nicht klar, dass sie uns brauchen“, so Arthur Bruderhofer, dem der Spaß jetzt endgültig vergangen ist, denn er ist einfach nur noch „zornig und fassungslos“.

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Was sagt die Stadtverwaltung?

Im Verlauf der folgenden Tage gab es weiteren Schriftwechsel zwischen dem Narrenverein und der Stadtverwaltung. Auf SÜDKURIER-Nachfrage schreibt Anja Fuchs, Pressesprecherin der Stadt Konstanz, zu diesem Verwaltungsakt: Es gehe in diesem Fall um eine baulich bereits vorhandene Falttür. „Diese ist aktuell nicht funktional, da sie von einem sechs auf acht Zentimeter großen Kantholz blockiert wird“, so Fuchs. Das Baurechts- und Denkmalamt (BDA) habe den Hinweis gegeben, dass durch die Entfernung des Holzstückes eine bessere Rettungswegsituation bestünde.

„Die Feuerwehr hat grünes Licht für eine Personenzahl bis 200 gegeben. Der Saal fasst aber 600 Personen, sodass die Falttür eine einfache und gute Lösung wäre“, schreibt Anja Fuchs weiter. „Die Alternative entsprechend der Versammlungsstättenverordnung (diese orientiert sich an der Größe des Raumes und nicht der jeweils eventuell anwesenden Personenzahl) ist eine bauliche beziehungsweise deutlich wahrnehmbare Unterteilung zur Verkleinerung des Raumes“, führt sie weiter aus.

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Anja Fuchs hat am Donnerstag, 16. November, aber auch eine positive Nachricht: „Für die nun zeitnah noch anstehenden zwei Vorstellungen der Schneckenburg hat das Bürgeramt die Auflagen mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit aufgehoben.“

Was heißt das für das Jahr 2024? „Die finale Klärung der Notwendigkeit dieser Auflage steht aus“, so Fuchs gegenüber dem SÜDKURIER. „Für nächstes Jahr wird es frühzeitig einen Termin mit allen Beteiligten geben – falls es sich bis dahin nicht auf anderen Wegen schon klären ließ.“